17.08.2023
DOJ und FTC konsultieren zu neuem Entwurf der Merger Guidelines
USA
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2023-draft-merger-guidelines_0.pdf (justice.gov)
Sichtweise U.S.-amerikanischer Kanzleien (pars pro toto): DOJ and FTC Release Draft of New Merger Guidelines | Morrison Foerster (mofo.com)
Am 19. Juli haben das US-Justizministerium (DOJ) und die Federal Trade Commission (FTC) einen neuen Entwurf ihrer Fusionsleitlinien (Merger Guidelines) veröffentlicht, zu dem bis zum 18. September Stellung genommen werden kann. Diese sehen eine Reihe von Änderungen gegenüber den aktuellen Leitlinien von 2010 vor und sollen die aktuelle Praxis der Behörden bei der Fusionskontrolle widerspiegeln und die Transparenz für die beteiligten Unternehmen erhöhen. Der Entwurf lässt erkennen, dass der strengere Maßstab der Biden-Administration bei der Prüfung von Fusionen in den Leitlinien fortgeführt wird. Die wichtigsten Neuerungen sind Folgende:
- Die Rolle von Innovation und potenziellem Wettbewerb bei der Fusionskontrolle wird betont, insbesondere bei Märkten mit hohen Eintrittsbarrieren oder dynamischen Veränderungen.
- Der Anwendungsbereich wird auf vertikale und konglomerate Fusionen erweitert, die bisher nur in separaten Leitlinien behandelt wurden.
- Die Methoden zur Marktdefinition und zur Berechnung von Marktanteilen und Konzentration werden angepasst, um die Besonderheiten von digitalen Märkten und Plattformen besser zu erfassen. Der Entwurf betont die Flexibilität der Agenturen bei der Definition eines kartellrechtlich relevanten Marktes. Die Leitlinien enthalten zudem einen neue Markttest (SSNIPT-Test), der den Standard des Verbraucherwohls nicht mehr in den Mittelpunkt stellt, sondern auch andere schädliche Auswirkungen in den Blick nimmt, z. B. auf Arbeitnehmer oder Auftraggeber.
- Die Anmeldeschwellen des Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) werden auf die niedrigeren Schwellenwerte der Leitlinien von 1982 herabgesetzt. Ein neuer Marktanteilstest besagt, dass ein Zusammenschluss, bei dem das fusionierte Unternehmen einen Marktanteil von mehr als 30 % hat und die Veränderung des HHI über 100 liegt, den Wettbewerb erheblich einschränkt oder zur Schaffung eines Monopols führt. In der Praxis wird diese Anpassung dazu führen, dass die Behörden wesentlich mehr Fusionen verbieten werden.
- Die Kriterien für Effizienzgewinne und Abhilfemaßnahmen werden angepasst. In dem Leitlinienentwurf wird die Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen vernachlässigt, die Rolle von Effizienzbegründungen auf ein Minimus begrenzt und stattdessen der Schwerpunkt auf die Marktstruktur gelegt.
Im Einzelnen enthält der Entwurf die folgenden 13 Grundsätze:
- Fusionen sollten die Konzentration in hochkonzentrierten Märkten nicht wesentlich erhöhen.
- Fusionen sollten den wesentlichen Wettbewerb zwischen Unternehmen nicht ausschalten.
- Fusionen sollten nicht das Risiko einer Koordinierung erhöhen;
- Fusionen sollten nicht dazu führen, dass ein potenzieller Marktteilnehmer auf einem konzentrierten Markt ausgeschaltet wird.
- Fusionen sollten den Wettbewerb nicht wesentlich einschränken, indem sie ein Unternehmen schaffen, das Produkte oder Dienstleistungen kontrolliert, die seine Konkurrenten für den Wettbewerb nutzen können.
- Vertikale Fusionen sollten keine Marktstrukturen schaffen, die den Wettbewerb ausschließen: Bei einem Marktanteil von 50 % oder annähernd 50 % deutet allein die Marktstruktur darauf hin, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb erheblich einschränken. Unterhalb dieses Wertes prüfen die Agenturen, ob der Zusammenschluss zu einer "Wettbewerbsbehinderung" führen würde, "die Konkurrenten einer fairen Wettbewerbschance beraubt".
- Fusionen sollten eine marktbeherrschende Stellung nicht verstärken oder ausweiten.
- Fusionen sollten den Trend zur Konzentration nicht verstärken. Im neuen Leitlinienentwurf gibt es keinen "safe harbor" mehr für nicht konzentrierte Märkte.
- Wenn ein Zusammenschluss Teil einer Reihe von Mehrfachübernahmen ist, können die Behörden die gesamten Transaktionen. Bei Feststellung eines Musters oder einer Unternehmensstrategie können die Behörden die kumulative Wirkung der Transaktionen berücksichtigen.
- Wenn eine Fusion eine mehrseitige Plattform betrifft, prüfen die Behörden den Wettbewerb zwischen Plattformen, auf einer Plattform oder zur Verdrängung einer Plattform.
- Wenn an einem Zusammenschluss Wettbewerber beteiligt sind, prüfen die Agenturen, ob sie den Wettbewerb für Arbeitnehmer oder andere Verkäufer erheblich einschränken kann.
- Wenn ein Zusammenschluss Teileigentum oder Minderheitsbeteiligungen beinhaltet, untersuchen die Behörden die Auswirkungen auf den Wettbewerb.
- Fusionen sollten den Wettbewerb nicht anderweitig wesentlich einschränken oder zur Schaffung eines Monopols führen. Die Leitlinien sind nicht abschließender Natur.
Weitere Schritte:
Die endgültigen Leitlinien werden für Herbst 2023 oder Anfang 2024 erwartet.