30.08.2017

BGH-Urteil vom 09.05.2017 (1. Strafsenat) zur Bedeutung von Compliance bei der Bußgeldbemessung

Der BGH hat in seinem Urteil vom 09.05.2017 (1. Strafsenat, 1 StR 265/16) unter dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum wegweisende Feststellungen zur Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen getroffen.

In der Hauptsache ging es zwar um Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit Steuerhinterziehung. Bei der Geldbußenbemessung kommen jedoch Compliance-Gesichtspunkte zum Tragen, die über den strafrechtlichen Zusammenhang von Bedeutung sein könnten und insbesondere für die Bemessung von Kartellgeldbußen, die auf der Grundlage des Ordnungswidrigkeitenrechts und damit Strafrechts im weiteren Sinne erlassen werden, richtungsweisend sein könnten.

Entscheidend sind die Hinweise auf der letzten Seite. Dort heißt es:  

"Für die Bemessung der Geldbuße ist zudem von Bedeutung, inwieweit die Nebenbeteiligte ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss (vgl. Raum in Hastenrath, Compliance - Kommunikation, 2. Aufl., S. 31 f.). Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob die Nebenbeteiligte in der Folge dieses Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und ihre betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden."

Es scheint wahrscheinlich, dass künftig Bußgeldentscheidungen, bei denen die Bemühungen von Unternehmen, Compliance-Programme zu installieren, nicht hinreichend berücksichtigt werden, anfechtbar werden. Außerdem kann es für die Bußgeldbemessung auch eine Rolle spielen, ob Unternehmen (Rechtsverletzer) ihre Compliance-Systeme noch während eines laufenden Verfahrens optimieren. Es kann sein, dass künftig auch Kartellbehörden umdenken müssen. Bislang herrschte jedenfalls in Deutschland die Ansicht vor, dass es keine Honorierung für ein Compliance-Programm geben dürfe, das offensichtlich versagt habe, da es gleichwohl zu einem Rechtsverstoß gekommen sei. Nach Ansicht des Bundeskartellamts erschöpft sich der Vorteil eines Compliance-Programms darin, dass es das Risiko für einen Kartellverstoß von vorneherein reduziert und das Unternehmen ggf. in den Genuss des Kronzeugenprogramms kommt.