30.08.2022

Vorläufiger konsolidierter Text der Verordnung gegen verzerrende drittstaatliche Subventionen veröffentlicht

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Vorläufiger konsolidierter Verordnungstext: AG (europa.eu)

Das vorläufige Trilogergebnis zum Foreign Subsidies Instrument (Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen) vom 30. Juni 2022 (vgl. dazu auch FIW-Bericht vom 12.07.22) wurde am 13. Juli 2022 durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und am 14. Juli 2022 durch den federführenden Handelsausschuss im Europäischen Parlament (INTA) angenommen. Die Annahme durch das Plenum des Parlamentes und den Ministerrat steht noch aus. Nach Inkrafttreten beginnt eine Übergangsfrist von sechs Monaten, bevor die Regelungen Wirkung entfalten. Die Anmeldepflicht für Unternehmen beginnt neun Monate nach Inkrafttreten der Verordnung. Die EU-Kommission geht derzeit davon aus, dass die Verordnung ab Mitte 2023 angewandt werden könnte.

Schwellenwerte für die anmeldebasierten Instrumente: 

Die Institutionen hatten sich hinsichtlich der umstrittenen Schwellenwerte für die Anwendung der beiden meldebasierten Prüfinstrumente auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag geeinigt. Nach der Verordnung müssen Unternehmen demnach künftig von Drittstaaten erhaltene finanzielle Zuwendungen melden, wenn sie an einer Auftragsvergabe mit einem geschätzten Auftragswert von mindestens 250 Mio. EUR teilnehmen und das Angebot eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung von mindestens 4 Mio. EUR pro Drittland umfasst, oder im Falle von Zusammenschlussvorhaben, bei denen der Umsatz des erworbenen Unternehmens, eines erwerbenden Unternehmens oder des Gemeinschaftsunternehmens in der EU mindestens 500 Mio. EUR beträgt und das Rechtsgeschäft eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung von mindestens 50 Mio. EUR beinhaltet.

Für Vergabeverfahren, in denen die Aufträge in verschiedene Lose unterteilt werden, gilt ein zusätzlicher Schwellenwert von 125 Mio. EUR für den aggregierten Wert aller Lose, auf die sich das Unternehmen bewirbt.

Die Meldepflicht bei Vergabeverfahren gilt auch für die wichtigsten Unterauftragnehmer und Lieferanten. Im Sinne der Verordnung gilt ein Unterauftragnehmer oder Lieferant als wichtig, wenn seine Teilnahme „wesentliche Elemente der Auftragsausführung sicherstellt", bzw. immer dann, wenn der wirtschaftliche Anteil seines Beitrags 20 % (Kommissionsvorschlag: 30 %) des Wertes des eingereichten Angebots übersteigt. Für Vergabeverfahren, in denen die Aufträge in verschiedene Lose unterteilt werden, gilt ein zusätzlicher Schwellenwert von 125 Mio. EUR für den aggregierten Wert aller Lose, auf die sich das Unternehmen bewirbt.

Eine Wettbewerbsverzerrung wird ganz ausgeschlossen, sofern der Gesamtbetrag der Zuwendung unter dem Schwellenwert der beihilferechtlichen De-Minimis-Verordnung (aktuell: 200.000 EUR innerhalb von drei Jahren) liegt.

Anwendung des Ex-Officio-Instruments:

Nach dem Ergebnis des Trilogs müssen sich Prüfungen im Rahmen des Ex-Officio-Instruments im Bereich des öffentlichen Auftragswesens auf bereits vergebene Aufträge beschränken; sie dürfen nicht zur Aufhebung der Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession oder zur Kündigung eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession führen.

Begriff der finanziellen Zuwendung:

Es wurde ferner präzisiert, dass eine finanzielle Zuwendung nicht als Vorteil für ein Unternehmen angesehen wird und damit auch nicht den Wettbewerb verzerrt, wenn sie unter normalen Marktbedingungen gewährt wurde. Ferner wird dort klargestellt, dass bei der Bereitstellung oder dem Kauf von Waren oder Dienstleistungen, die im Rahmen eines wettbewerblichen, transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens erfolgen, angenommen wird, dass diese im Einklang mit normalen Marktbedingungen stehen.

Zuständigkeit:

Für die Umsetzung der Verordnung wird ausschließlich die EU-Kommission zuständig sein. Mitgliedstaaten sollen jedoch regelmäßig unterrichtet und im Wege eines Beratungsverfahrens in die im Rahmen der Verordnung gefassten Beschlüsse eingebunden werden. Mitgliedstaaten und Unternehmen können die Kommission über potenziell wettbewerbsschädigende Drittstaatssubventionen informieren. Unternehmen sollen auch die Möglichkeit erhalten, die Kommission dazu zu konsultieren, ob sie eine Subvention melden müssen oder nicht. Mit Drittstaaten soll ein „Drittstaatendialog" zu den in der Verordnung adressierten Themen eingerichtet werden.

Berichterstattung und Überprüfung:

Die EU-Kommission wird spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung und nach Konsultation der Mitgliedstaaten und Wirtschaftsteilnehmer ergänzende Leitlinien veröffentlichen. Außerdem wird sie bereits 12 Monate nach Anwendung der Bestimmungen, erste Klarstellungen veröffentlichen. Sie muss außerdem einen jährlichen Bericht zur Anwendung der Verordnung erstellen. Die Verordnung soll alle drei Jahre überprüft und ggf. überarbeitet werden.

Rückwirkung: 

Die EU-Kommission darf Subventionen zu prüfen, die bis zu fünf Jahre vor Inkrafttreten der Verordnung gewährt wurden und nach ihrem Inkrafttreten Verzerrungen im Binnenmarkt verursachen.