17.06.2014

Schweiz: Bundesversammlung plant Einführung von Gruppenklagen

Schweiz
Private Rechtsverfolgung
Gruppenklagen/Sammelklagem

https://www.parlament.ch/d/sessionen/sda-sessionen/Seiten/20140612_bsd086_Rechtsschutz.aspx

Am 12. Juni 2014 hat das Schweizer Parlament, die Bundesversammlung, bekannt gegeben, dass der National- und Ständerat in der Schweiz punktuell die Möglichkeit für Sammelklagen schaffen will. Der Nationalrat und der Ständerat sind zwei gleichberechtigte Kammern der Bundesversammlung. Während der Nationalrat die Vertretung des Schweizer Volks ist, ist der Ständerat die Vertretung der Schweizer Kantone.

Der Ständerat  hatte am 12. Juni 2012 eine Motion, einen parlamentarischen Vorstoß für eine Gesetzesinitiative oder einen Beschluss, an den Bundesrat überwiesen. Es handelte sich um eine Content und TabelleContent und TabelleMotion von Prisca Birrer-Heimo (SP/LU), die den Bundesrat beauftragt hat, Gesetzesänderungen auszuarbeiten, die es einer großen Anzahl gleichartig Geschädigter erleichtert, ihre Ansprüche gemeinsam vor Gericht geltend zu machen. Dabei soll den schweizerischen Gegebenheiten Rechnung getragen werden. Bereits im September 2011 hatte Prisca Birrer-Heimo als Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) eine Motion eingereicht, die vom Bundesrat Maßnahmen zur gemeinsamen Rechtsdurchsetzung im Falle von Massenschäden verlangte. Der Bundesrat hatte daraufhin am 3. Juli 2013 eine Bestandsaufnahme über das geltende Recht vorgelegt („ Kollektiver Rechtsschutz in der Schweiz - Bestandesaufnahme und Handlungsmöglichkeiten").

Abzurufen hier:

https://www.ejpd.admin.ch/content/dam/data/pressemitteilung/2013/2013-07-03/ber-br-d.pdf

Der Bundesrat hatte in dem Bericht einige Defizite, gerade bei der Geltendmachung von Streu- und Masseschäden, festgestellt, die eine Lücke im geltenden Rechtsschutzsystem darstellten: 

So stellen insbesondere die geltenden Regelungen der Prozesskosten und die ungenügend genutzte Möglichkeit der Prozessfinanzierung Hindernisse bei der Durchsetzung von Massenschäden dar, beispielsweise im Bereich der sogenannten Anlegerschäden, aber auch im Konsumentenrecht. Gleichzeitig erweist sich die Verbandsklage in ihrer heutigen Form angesichts des beschränkten sachlichen und funktionalen Anwendungsbereichs für die Durchsetzung von Massen- und Streuschäden als ungenügend, was sich gerade im Bereich des Konsumentenrechts oder auch des Gleichstellungsrechts zeigt.

Verbesserungen wären aus Sicht des Bundesrates im Rahmen der bestehenden Instrumente möglich. In Frage kämen aber auch neue Instrumente. Dazu gehörten ein Muster- oder Testverfahren (wie in Deutschland), bei welchem dem Ergebnis für gleichartige Verfahren eine verbindliche Wirkung zukäme. Auch die Gruppenklage oder das Gruppenvergleichsverfahren sollte geprüft werden, allerdings "unter ganz bestimmten Bedingungen". Geprüft werden könne auch eine Ausdehnung von Verbandsklagen auf Schadenersatzforderungen. In allen Fällen möglicher Gruppenklagen sei es jedoch wichtig, dass ein Anspruch auf Kostenersatz dem Erfolgsprinzip folge. Eine Übernahme eigentlicher „Opt out-Gruppenklagen" und damit insbesondere auch eine Übernahme der US-amerikanischen Sammelklage (class action) für die Schweiz hielt der Bundesrat weder für notwendig noch für sinnvoll.

Laut der aktuellen Presseerklärung der Bundesversammlung hat sich der Bundesrat mit dem Anliegen der erneuten Motion nun einverstanden erklärt und seine Absicht kundgetan, neue Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes in laufende Gesetzgebungsarbeiten einzubauen. Allerdings solle den schweizerischen Verhältnissen Rechnung getragen werden. Negative Folgen von Sammelklagen, wie in den USA, sollten auf alle Fälle vermieden werden. So sei darauf zu achten, dass die Vorschläge "weder einseitig klägerfreundlich noch wirtschaftsschädigend" seien.