17.07.2014

EU-Kommission veröffentlicht Weißbuch zur Überarbeitung der Fusionskontrollverordnung

Am 9. Juli 2014 hat die EU-Kommission ihr angekündigtes Weißbuch „Towards more effective EU merger control" veröffentlicht, um die Überarbeitung einzelner Regelungen der EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO) voranzutreiben. Im Kern geht es darum, die Fusionskontrollmechanismen auch im Hinblick auf nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen auszuweiten und die Kooperation zwischen EU-Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden insbesondere beim Verweisungssystem zu verbessern und zu vereinfachen. Die gleichzeitig eröffnete Konsultation geht bis zum 3. Oktober 2014.

Das Weißbuch wurde zusammen mit einem begleitenden Arbeitsdokument und einer Folgenabschätzung (Impact Assessment) veröffentlicht.

Hintergrund:

Bereits im letzten Jahr hatte die EU-Kommission ein Arbeitspapier „Towards more effective EU merger control" (vgl. FIW-Bericht vom 26.06.2013) dazu veröffentlicht und verschiedene Optionen zur Erfassung von Minderheitsbeteiligungen zur Diskussion gestellt. Die Optionen waren Folgende:

 

Wesentlicher Inhalt des Weißbuchs:

a)      Minderheitsbeteiligungen

Bei der Erfassung von nicht-kontrollierenden Minderheitsbeteiligungen votiert die Kommission nun für ein gezieltes Transparenzsystem ("targeted transparency system") aus. Demnach sollten die Transaktionen, die eine wettbewerblich erhebliche Verbindung aufweisen („competitively significant link"), mittels einer „information notice" der Kommission bekannt gemacht werden. Für den Wettbewerb erheblich seien dabei Vorhaben, die folgende Kriterien kumulativ erfüllen:

  1. Erwerb einer Minderheitenbeteiligung eines Wettbewerbers oder eines vertikal verbundenen Unternehmens; das betrifft beispielsweise Zulieferer oder Geschäftskunden.
  2. Der erworbene Anteil macht entweder ca. 20 % aus oder liegt zwischen 5 % und etwa 20 % und erfüllt zusätzliche Kriterien wie, dass der Erwerber durch den Erwerb der Minderheitenbeteiligung eine faktisch blockierende Minderheit, einen Vorstandssitz oder Zugang zu geschäftlich sensiblen Informationen erhält. 

Die Zusammenschlussparteien sollen selbst einschätzen, ob der Erwerb der Minderheitenbeteiligung erheblich für den Wettbewerb ist. In der Information Notice sollen der Kommission Informationen zu den Parteien, ihrem Umsatz, eine Beschreibung der Übernahme, Informationen zum Anteilsverhältnis vor und nach dem Erwerb, jegliche Rechte, die durch den Erwerb der Minderheitenbeteiligung betroffen sind sowie Informationen zum Marktanteil übermittelt werden. Danach will die Kommission entscheiden, ob sie weitere Ermittlungen für notwendig erachtet. Mitgliedsstaaten können entscheiden, ob sie eine Verweisung anfordern. Hierfür erwägt die Kommission, eine Stillhaltefrist von 15 Tagen einzuführen. Innerhalb dieser Frist könnten die Parteien den Erwerb nicht vollziehen. Auch nach Ablauf dieser 15-Tagesfrist könnte die Kommission noch Ermittlungen durchführen, ganz unabhängig davon, ob die Übernahme schon abgeschlossen ist oder nicht. Weiter schlägt die Kommission eine 4 bis 6- monatige Verjährungsfrist vor, nach deren Ablauf die Einleitung von Ermittlungen ausgeschlossen wäre. Unternehmen sollten zudem freiwillig eine Anmeldung vornehmen können.

b)     Verweisungssystem

Im Weißbuch schlägt die Kommission erneut eine Erleichterung von Verweisungen an die Kommission in der Pränotifizierungsphase nach Art. 4 Abs. 5 FKVO und zum anderen nach der Anmeldung gemäß Art. 22 FKVO vor. Bei Verweisungen in der Pränotifizierungsphase nach Art. 4 Abs. 5 FKVO soll eine direkte Anmeldung bei der Kommission möglich sein. Das Recht der betreffenden Mitgliedstaaten, Einspruch gegen die Zuständigkeit der Kommission zu erheben, bliebe erhalten. Die Prüfzeit der Mitgliedstaaten, innerhalb derer diese ein Veto einlegen können, soll weiterhin 15 Tagen betragen.

Bei Verweisungen an die Kommission nach Anmeldung (Art. 22 FKVO) soll nur die für die Prüfung eines Zusammenschlusses „zuständige" nationale Wettbewerbsbehörden (eine oder mehrere) innerhalb von 15 Tagen nach Notifizierung oder Anzeige eines Zusammenschlusses einen Verweisungsantrag an die Kommission stellen dürfen. Akzeptiert die Kommission die Verweisung will sie den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei der Prüfung des Zusammenschlusses berücksichtigen.