12.09.2013

Monopolkommission legt Sondergutachten zu Wettbewerb auf Energiemärkten vor

Die Monopolkommission hat am 5. September 2013 ihr viertes Sondergutachten Nr. 65 "Energie 2013: Wettbewerb in Zeiten der Energiewende“ zur Wettbewerbssituation auf den Energiemärkten veröffentlicht und darin unter anderem Änderungsvorschläge zur Erneuerbaren-Förderung vorgestellt. Die Erstellung eines Sondergutachtens, das die Wettbewerbsentwicklung auf den Märkten der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas untersucht, zählt unter anderem zu den gesetzlich festgelegten Aufgaben der Monopolkommission. Im aktuellen Sondergutachten kritisiert die Monopolkommission die ineffiziente Ausgestaltung der Energiewende, die aktuell unter fehlender Wettbewerbsorientierung leide. Die Monopolkommission fordert eine deutlich wettbewerbskonformere Ausrichtung der staatlichen Energiepolitik. Im Bereich der erneuerbaren Energien empfiehlt sie insbesondere die Einführung eines Fördersystems nach schwedischem Vorbild.

 

Von den zahlreichen untersuchten Einzelfragen seien hier nur die folgenden kurz zusammengefasst:

 

    Förderung erneuerbare Energien:

 

Es wird eine Abkehr vom derzeitigen EEG und eine Umstellung auf ein wettbewerbliches und technologieneutrales Quotenmodell nach schwedischem Vorbild empfohlen. Weiter schlägt die Monopolkommission vor, die räumliche Ansiedlung von Erzeugungsanlagen durch eine Komponente in den Netzentgelten wirksam zu steuern sowie nicht voreilig durch die Einführung von Kapazitätsmärkten weitere Kostensteigerungen herbeizuführen.

 

Für den Fall, dass politische Gründe einer solch radikalen Wende wie der Umstellung auf ein Quotenmodell entgegenstehen sollten, werden aber auch Vorschläge für eine Weiterentwicklung des EEG gemacht (z. B. einheitlicher Fördersatz für alle EE-Technologien). Außerdem sollen Anlagen nicht gefördert werden, wenn der Börsenpreis negativ ist. Schließlich wird empfohlen, das nationale EE-Fördersystem und den europäischen Emissionsrechtehandel aufeinander abzustimmen, um so die Klimaschutzziele zu erreichen.

 

    Bundesenergieministerium:

 

Die Einrichtung eines solchen neuen Ministeriums wird nicht für vorteilhaft gehalten.

 

    Rabatte für stromintensive Unternehmen:

 

Es wird bedauert, dass die Debatte um die Ausnahmeregelungen den Gedanken einer Senkung der Kosten der Energiewende oftmals überlagert. Gleichwohl erscheine eine sachliche Überprüfung einzelner Ausnahmeregelungen durchaus erforderlich. Bei der EEG-Umlage sollte die Rabattstaffelung auf ihre wettbewerbsneutrale Ausgestaltung hin überprüft werden. Die Ausnahmen im Bereich der Netzentgelte müssten beihilferechtskonform ausgestaltet werden.

 

    Zoll auf chinesische Solaranlagen:

Ein Einfuhrzoll und ein Mindestpreis einschließlich einer Einfuhrbeschränkung bei Importen von Solaranlagen aus China werden abgelehnt.

 

    Binnenmarktentwicklung bei Strom und Gas:

 

Trotz aller Fortschritte bei der Verwirklichung eines europäischen Energiebinnenmarktes spricht sich die Monopolkommission dafür aus, kartellrechtlich weiterhin einen auf Deutschland und Österreich beschränkten Markt für den Erstabsatz von Strom anzunehmen. Allerdings zeigten sich beim länderübergreifenden Market Coupling beachtliche Erfolge. So stieg der Anteil der Stunden, in denen an den Strombörsen Preisgleichheit zu den Ländern Belgien, Niederlande und Frankreich bestand, im Jahr 2011 auf 70 – 80 %. Vor der Einführung des Market Coupling im November 2010 bestand nahezu keine Preisgleichheit an den entsprechenden Börsen.

 

    Versorgungssicherheit und Kapazitätsmärkte:

 

Die dazu derzeit diskutierten Modelle werden ausführlich dargestellt. Ein wesentlicher Nachteil der Kapazitätsmarktmodelle sei allerdings, dass sie kaum reversibel seien. Ausländische Erfahrungen zeigten zudem, dass eine ständige Nachsteuerung notwendig sei, was Handelsunsicherheit bei den Marktakteuren zur Folge habe. Im Ergebnis schlägt die Monopolkommission daher vor, das Vertrauen in den Energy-only-Markt nicht vorschnell aufzugeben. Sie regt an, diesen Markt laufend zu beobachten, um Anhaltspunkte dafür zu sammeln, wie sich die Kapazitätsfrage künftig weiterentwickelt. Da für eine solche Beobachtung voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, sollte der Energy-only-Markt kurzfristig um eine strategische Reserve aus Bestands- und Neubaukraftwerken ergänzt werden, die zunächst nur mit einem vergleichsweise geringen Umfang ausgestattet werden müsste.

 

          Marktmacht im Stromsektor:

 

Die Monopolkommission nimmt an, dass derzeit keine Marktbeherrschung der großen Energieversorger vorliegt, regt aber an, die Entwicklung auf diesem Markt durch die Berechnung von Konzentrationsmaßen weiter zu beobachten.

 

          Marktüberwachung:

 

Mit Blick auf die Aufgabenwahrnehmung der neu geschaffenen Markttransparenzstelle (MTS) befürchtet die Monopolkommission eine mögliche Verengung auf regulierungs- und kartellrechtliche Fragestellungen und regt eine Veröffentlichung von im Zeitablauf

nicht mehr vertraulichkeitsbedürftigen oder sensitiven Daten an.

 

          Kartellrechtliche Fallpraxis:

 

Die verschärfte Missbrauchsaufsicht nach § 29 GWB über die Energieerzeugungsebene bewertet die Monopolkommission nach wie vor kritisch und bedauert, dass die zunächst bis Ende 2012 begrenzte Vorschrift durch die 8. GWB-Novelle um fünf Jahre verlängert worden ist. Aspekte der derzeit auf der Basis von § 19 GWB anhängigen Preismissbrauchsverfahren im Energiesektor, die sich nicht auf die Strom- und Gasmärkte, sondern auf den Bereich der Fernwärme beziehen, wird die Monopolkommission voraussichtlich in ihrem 20. Hauptgutachten im Jahr 2014 näher untersuchen.