26.06.2013

EU-Kommission konsultiert zu avisierten Neuregelungen der Fusionskontrollverordnung

Am 20. Juni 2013 hat die EU-Kommisson ein Arbeitspapier ( „Towords more effective EU merger control“) zur Überarbeitung der Fusionskontrollverordnung (FKVO). Sie hatte bereits zuvor angekündigt, verschiedene Regelungen, zum Beispiel das Verweisungssystem, überarbeiten zu wollen. Darüber hinaus will sie Optionen ausloten, ob und wie Minderheitsbeteiligungen künftig von der Kommission geprüft werden könnten, wenn sie wettbewerbsbeschränkender Natur sind.

 

Die Konsultation endet am 12. September 2013. Dem Arbeitspapier (Konsultationspapier) hängen zwei Anhängen an: Anhang I, der die ökonomische Literatur über nicht-kontrollierende Minderheitsbeteiligungen zusammenfasst und Anhang II zu Minderheitsbeteiligungen und EU-Fusionskontrolle, der die Bedeutung einer adäquaten Kontrolle von wettbewerbsbeschränkenden Minderheitsbeteiligungen illustiert.

 

Zu den Vorschlägen der Einbeziehung von Minderheitsbeteiligungen

 

Es werden mehrere Optionen für die Einbeziehung von Minderheitsbeteiligungen skizziert: 

 

1)      Erste Option: Die FKVO findet auch Anwendung auf Minderheitsbeteiligungen, von der Kommission als strukturelle Verbindungen („structural links“) bezeichnet, wenn diese wettbewerbsbeschränkender Natur sind.

 

2)      Zweite Option: Es stünde im Ermessen der Kommission, einzelne Fälle des Erwerbs von Minderheitsbeteiligungen ex post zu überprüfen.

 

a.      Hier komme entweder aa) ein reines Ermessenssystem („Self-assessment system“ ) in Betracht, bei der Kommission aus eigenem Antrieb oder aufgrund von Beschwerden tätig werden könnte, oder

b.       ein bb) Informationssystem („transparency system“), auf dessen Grundlage die Parteien die Kommission über die Transaktion informieren. Diese Information könne obligatorisch oder freiwillig ausgestaltet werden.

 

Darüber hinaus stellen sich weitere Fragen, z.B. welche Erwerbstatbestände von Minderheitsbeteiligungen sollen von einer Prüfung durch die Kommission erfasst werden? Kann der SIEC-Test Anwendung finden? Wie könnten safe harbours aussehen?  Wie wird das Verhältnis zu den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zuständigkeit der Kommission ausgestaltet? Können hier ein „One-stop-Prinzip“ und Verweisungen zur Anwendung gelangen?

 

Änderungen des Verweisungssystems

Die Kommission überlegt generell, Verweisungen an die Kommission zu erleichtern, und zwar im Hinblick auf Verweisungen in der Pränotifizierungsphase nach Art. 4 Abs. 5 FKVO und nach der Anmeldung gemäß Art. 22 FKVO. Bei Verweisungen in der Pränotifizierungsphase habe es nach Aussage der Kommission in den letzten Jahren immer mehr Verweisungen und nur wenige Vetos gegeben (seit 2004 gab es bei 254 Anträgen nur 6 Vetos, was weniger als 3 Prozent der beantragten Verweisungen entspricht). Die Kommission erwägt nun eine direkte Anmeldung bei der Kommission, wenn ein geplanter Zusammenschluss normalerweise von drei oder mehr nationalen Wettbewerbsbehörden geprüft werden müsste. Die Anmeldung (Formblatt CO) würde dann das Formblatt RS ersetzen, und das Verfahren würde um 15 Tage verkürzt. Die Mitgliedstaaten könnten trotzdem ein Veto einlegen. Zur Diskussion steht auch eine Verringerung der Prüfzeit der Mitgliedstaaten um 5 Tage.

 

Bei Verweisungen nach der Anmeldung (Art. 22 FKVO) will die Kommission untersuchen, ob sie einen an sie verwiesenen Zusammenschluss nicht nur im Gebiet des die Verweisung beantragenden Mitgliedstaats, sondern im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) prüfen kann. Dafür erwägt sie, die bislang notwendige Zustimmung der Mitgliedstaaten, sich dem Verweisungsantrag anzuschließen durch ein Vetorecht zu ersetzen.