12.12.2012

Vermittlungsausschuss vertagt GWB-Novelle ins Jahr 2013

D
Bundesrat
Vermittlungsausschuss
GWB-Novelle

https://www.bundesrat.de/DE/presse/pm/2012/193-2012.html

Nachdem sich der Bund und die Länder im Vermittlungsausschuss am 12. Dezember 2012 sich trotz intensiver Beratungen nicht auf Kompromisse zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verständigen konnten, wird die GWB-Novelle nicht mehr, wie geplant, am 1. Januar 2013 in Kraft treten können. Der Vermittlungsausschuss hat seine Beratungen auf den Januar 2013 vertagt. Die Vertagung betrifft noch zwei weitere Gesetze, zum einen das Meldegesetz und zum anderen die Umsetzung internationaler Gesundheitsvorschriften. Der Vermittlungsausschuss war in der Sitzung des Bundesrats vom 23. November 2012 von diesem anlässlich der Befassung mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (8. GWB-ÄndG) zu folgenden Themen einberufen worden (vgl. dazu FIW-Bericht vom 27.11.12): 

 

1.       Es soll klargestellt werden, dass im Rahmen der Missbrauchskontrolle keine Durchleitungsansprüche im Bereich der Wasserversorgung ermöglicht werden.

 

Anmerkung: Nach geltendem Recht ist es verboten, einem anderen Unternehmen den Zugang zum eigenen Netz zu verweigern. Auch im Bereich der Wasserwirtschaft sind Durchleitungsansprüche theoretisch denkbar. Allerdings dürfte eine Durchleitung meist aufgrund von betriebsbedingten oder sonstigen Gründen, z. B. technische und hygienische, unmöglich sein. In diesen Fällen ist dann von vorneherein kein Raum für einen Missbrauchsvorwurf.

 

2.       Es soll klargestellt werden, dass in Bezug auf öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge keine kartellrechtliche Missbrauchskontrolle stattfindet.

 

Anmerkung: Nach Ansicht des Bundesrats soll die organisationsrechtliche Form der Wasserbetriebe und die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zu den Kunden darüber entscheiden, ob die Missbrauchsaufsicht greifen kann oder nicht. Dagegen spricht jedoch die jüngste BGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Niederbarnimer Wasserverband.

 

3.       Es soll klargestellt werden, dass die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehende Zusammenlegung von öffentlichen Einrichtungen und Betrieben nicht der kartellrechtlichen Fusionskontrolle unterliegt.

 

Anmerkung: Es handelt sich um keine Klarstellung, sondern das Petitum würde auf eine Gesetzesänderung hinauslaufen. Soweit von den beteiligten Gebietskörperschaften die Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB erreicht werden, sind bei einer kommunalen Gebietsreform die formellen Anwendungsvoraussetzungen der Fusionskontrolle erfüllt. Es geht bei der Frage darum, ob sich auch Gebietskörperschaften – sowohl im Wettbewerb mit anderen Gebietskörperschaften als auch im Wettbewerb um den Markt mit Privaten – fragen lassen dürfen, ob ihr Zusammenschluss „wirksamen Wettbewerb wesentlich behindert“. 

 

4.       Die vorgesehenen Änderungen im Krankenkassenbereich sollen gestrichen werden.

In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass Krankenkassen keine Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne seien. Ihr Verhalten sei weiterhin nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben und allein durch die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden zu beurteilen. Auch wird die Verlagerung von Rechtsstreitigkeiten von den Sozialgerichten zu den Oberlandesgerichten kritisiert. Es bestehe die Gefahr, dass der EuGH in seiner zukünftigen Rechtsprechung die Unternehmenseigenschaft der deutschen gesetzlichen Krankenkassen bejahen würde. Die vom Bundestag übernommene Klarstellung, dass bei der Anwendung des GWB dem Versorgungsauftrag der Krankenkassen Rechnung getragen werden soll, sei nicht ausreichend, die Bedenken der Länder zu zerstreuen. Vielmehr seien Zielkonflikte zwischen Wettbewerbsrecht und Sozialrecht weiterhin unausweichlich.

Anmerkung: Die Begründung lässt außer Acht, dass das GWB auf gesetzliche Krankenkassen nur „entsprechend“ angewendet werden soll. Zum anderen entscheidet der EuGH autonom nach dem „funktionalen Unternehmensbegriff“ im Einzelfall, ob eine Krankenkasse als Unternehmen im Markt auftritt oder nicht.

 

Konsequenzen der Vertagung:

 

Ohne Inkrafttreten des 8. GWB-Änderungsgesetzes am 1. Januar 2013 treten zu diesem Stichtag verschiedene Regelungen des aktuell geltenden GWB außer Kraft. Diese Regelungen betreffen die befristete Verschärfung des Verbots des  Verkaufs unter Einstandspreis im Lebensmittelhandel (Verlängerung geplant), die befristete Erweiterung des Schutzes vor ungerechtfertigten Forderungen von Vorzugskonditionen auf Großunternehmen (unbefristete Verlängerung geplant), die befristete Verlängerung des Verbots der Preis-Kosten-Scheren (Verlängerung geplant) und die befristete verschärfte Preismissbrauchsaufsicht im Energiebereich (§ 29 GWB), die um weitere fünf Jahre verlängert werden soll.