27.11.2012

Gemeinsamer Bericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt über die Entwicklung der Elektrizitäts- und Gasmärkte in Deutschland im Jahr 2011.

D
Bundesnetzagentur
Bundeskartellamt
Strom- und Gasmärkte

Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt haben am 27. November 2012 erstmals einen gemeinsamen Bericht über die Entwicklung der Elektrizitäts- und Gasmärkte in Deutschland im Jahr 2011 vorgelegt. Der Bericht enthält insbesondere folgende zentrale Aussagen:

Die Versorgungsqualität der Stromversorgung befindet sich bei einer „leichten Erhöhung der durchschnittlichen Unterbrechungsdauer in der Mittel- und Niederspannung weiterhin auf relativ hohem Niveau". Im Berichtsjahr 2011 war im Vergleich zum Kalenderjahr 2010 eine erhebliche Zunahme der Zahl der angespannten Netzsituationen zu verzeichnen. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber waren 2011 in der Lage, die Situation mit vorhandenen Instrumenten nach § 13 Abs. 1 EnWG (Netzschaltungen, Redispatch und Countertrade) sowie § 13 Abs. 2 EnWG (Reduzierung von Stromeinspeisungen) zu beherrschen. Im Vergleich zu 2010 hat sich mit etwa 421 GW die Menge an Ausfallarbeit nach § 11 EnWG auf den verschiedenen Netzebenen (2010: etwa 127 GW) mehr als verdreifacht. Für den angenommenen Fall des gleichzeitigen Ausfalls von Netzbetriebsmitteln und eines Großkraftwerkes hat sich die potenzielle Überlastung einzelner Leitungstrassen und die Spannungshaltung (Vermeidung von Unterspannung) in Süddeutschland sowie im Raum Hamburg als besonders problematisch gezeigt.

Zu einem tatsächlichen Abruf der Reserveleistung durch einen Übertragungsnetzbetreiber zur Leitungsentlastung kam es am 8. und 9. Dezember 2011. Zu diesem Zeitpunkt stand das Kernkraftwerk Gundremmingen C nicht zur Einspeisung bereit, wodurch das Redispatchpotenzial in Süddeutschland wesentlich eingeschränkt war. Ein weiterer für die Versorgungssicherheit kritischer Zeitraum lag zwischen Weihnachten und Silvester 2011. Während dieser Zeit kam es teilweise zu erheblichen Überspeisungen der Bilanzkreise. Im Februar 2012 traten während einer Kältewelle zwei potenziell kritische Rahmenbedingungen gleichzeitig auf (Engpässe im Gasnetz sowie zeitweise eine erhebliche Unterspeisung der Bilanzkreise).

Insgesamt wurden im Jahr 2011 von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern ca. 847 Mio. Euro (2010: 807 Mio. Euro) für Investitionen und Aufwendungen in die Netzinfrastruktur ausgegeben. Im Bereich der Verteilnetzbetreiber betrugen Investitionen und Aufwendungen in die Netzinfrastruktur im Jahr 2011 insgesamt ca. 6.281 Mio. Euro (2010: 6.401 Mio. Euro). Die Erlösobergrenze, auf deren Grundlage die Entgelte der einzelnen Netzgebiete kalkuliert werden, erhöhte sich bei den Übertragungsnetzbetreibern von 2011 auf 2012 um rund 16,71 %. Bei den Verteilernetzbetreibern betrug die Steigerung 8,87 %. Die durchschnittlichen mengengewichteten Netzentgelte sind im Zeitraum vom 1. April 2011 bis zum 1. April 2012 sowohl bei Haushalts- und Gewerbekunden als auch bei Industriekunden deutlich angestiegen.

Von insgesamt 1 834 km Energieleitungsausbaugesetz-Leitungen sind erst 214 km (knapp 12 %) realisiert. Von 24 EnLAG-Leitungen sind derzeit erst zwei vollständig fertiggestellt und in Betrieb. 15 der 24 EnLAG-Vorhaben haben voraussichtlich einen Zeitverzug zwischen einem und fünf Jahren. Noch keines der Vorhaben mit Pilotstrecken für Erdkabel ist in Bau.

In 2011 haben über 3,8 Mio. Letztverbraucher den Stromlieferanten gewechselt (27 % mehr als im Jahr 2010). Bei den Haushaltskunden hält der Trend an, den Grundversorgungsvertrag zu verlassen. 43 % der Kunden haben mittlerweile einen Sondervertrag beim Grundversorger. 17 % haben einen Versorgungsvertrag mit einem anderen Unternehmen als dem Grundversorger. Dennoch haben knapp 40 % aller Haushaltskunden weiterhin denselben Grundversorgungsvertrag.

Über 1,2 Mio. Letztverbraucher hätten in 2011 ihren Gaslieferanten (rund 40 % mehr als im Jahr 2010). In über 41 % der Netzgebiete können die Letztverbraucher aus einer Vielzahl von 31 oder mehr Gaslieferanten auswählen. In über 31 % der Netzgebiete stehen sogar mehr als 50 Gaslieferanten zur Auswahl.

Das Handelsvolumen im Stromgroßhandel hat sich weiterhin positiv entwickelt. Die Möglichkeiten für den Endkunden, den Versorger zu wechseln, haben sich weiter verbessert. Das Bundeskartellamt weist darauf hin, dass die Verbraucher von dieser Wechselmöglichkeit insbesondere im Hinblick auf die anstehende Erhöhung der EEG-Umlage zum 1. Januar 2013 weiter Gebrauch machen sollten.

Der GasImport hat eine zentrale Bedeutung für die Versorgung des deutschen Marktes. Die Grenzübergangspreise auf dem deutschen Importmarkt sind seit 2010 kontinuierlich gestiegen, der Abstand zu den Spotmarktpreisen auf dem nachgelagerten Markt hat sich erhöht. Verhandlungen zwischen Abnehmern und Gasimporteuren bzw. Gasproduzenten nehmen zu. Dies habe auch bereits zu deutlichen Preissenkungen in langfristigen Verträgen geführt. Durch den verstärkten Wettbewerb wird immer häufiger auf eine Ölpreiskopplung in den Gaslieferungsverträgen verzichtet. Regionalversorger und Stadtwerke haben ihre Gasbeschaffung von langfristigen Verträgen auf kurzfristigere und flexiblere Verträge umgestellt.

Ausdrücklich wird betont, dass das derzeitige Förderregime der erneuerbaren Energien möglichst schnell mit dem Ziel geändert werden müsse, die Erneuerbaren an den Wettbewerb heranzuführen und die Strommärkte auch künftig marktwirtschaftlich zu organisieren. Beide Präsidenten wiesen darauf hin, dass staatliche Eingriffe in die Kraftwerkssteuerung und -organisation zur Sicherung der Stromversorgung für eine Übergangszeit gerechtfertigt sein können. Die Eingriffe müssten aber „perspektivisch" durch einen ordnungspolitischen Rahmen abgelöst werden, der sich auf Markt und Wettbewerb gründet. Die Erfolge der Liberalisierung der Strommärkte würden ansonsten zunehmend infrage gestellt. Effiziente und kostensparende Strukturen würden nur dann erreicht, wenn auch bei den mit der Energiewende verbundenen Maßnahmen sobald wie möglich so viel Markt wir möglich zugelassen würde.