17.12.2012
Europäisches Parlament - Verbraucherpolitische Strategie
EU
|
Die Europäische Kommission hatte am 22. Mai 2012 als Folgemaßnahme zur Verbraucherpolitischen Strategie der EU 2007-2013 die Europäische Verbraucheragenda veröffentlicht (siehe Rundschreiben WÖV-VP 2012/068 vom 24. Mai 2012). Die Agenda sieht Verbraucherinitiativen der Europäischen Union für den Zeitraum zwischen 2014 und 2020 vor. Im Binnenmarkt- und Verbraucherschutzausschuss des Europäischen Parlamentes wird derzeit über einen Initiativbericht debattiert, der die Position des Parlamentes zur Europäischen Verbraucheragenda der Kommission wiedergibt. Der spanische Berichterstatter Vicente Miguel Garcés Ramón (S&D) hat kürzlich seinen Berichtsentwurf vorgestellt (Anlage). Eine erste Aussprache im IMCO-Ausschuss fand am 17. Dezember 2012 statt.
Der Berichterstatter begrüßt in seinem Bericht die Pläne der Europäischen Kommission und fordert sie auf, neben der Verbraucheragenda auch ein Grünbuch für europäische Verbraucher auszuarbeiten. In vielen Bereichen gehen seine Forderungen weit über die in der Europäischen Verbraucheragenda genannten Initiativen hinaus. So setzt er sich in der Begründung des Berichtsentwurfes deutlich für die baldige Vorlage eines Gesetzesentwurfes zu kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahren (Sammelklagen) ein. Bei öffentlichen Aufträgen sollten ein hohes Umweltschutzniveau sowie anspruchsvolle Arbeitsrechte und Tarifverträge vorgeschrieben werden. Neu ist auch der weitgehende Vorschlag, dass mindestens 20 % der Verwaltungsräte der großen Unternehmen durch Verbraucher besetzt werden sollten.
Garcés Ramón legt in seinem Bericht einen Schwerpunkt auf den elektronischen Handel und die Behandlung von Online-Streitigkeiten. Er betont insbesondere, dass die Fragmentierung des digitalen Binnenmarktes wegen fehlender gemeinsamer anwendbarer Vorschriften die Verbraucherrechte gefährde und dass die Mehrzahl der Websites nicht auf grenzüberschreitende Käufer und Verbraucher ausgelegt seien. Aus diesem Grund sei eine Gesetzesinitiative erforderlich, die unter Einbeziehung von Mechanismen wie der Alternativen Streitbeilegung oder dem Online Streitbeilegungssystem sowie anderer kollektiver Ressourcen eine umfassende Entschädigungsregelung für Verbraucher schaffe. Die Rolle der Verbraucherorganisationen solle darüber hinaus auf allen Ebenen gestärkt werden.
Ein anderer Aspekt seines Berichts betrifft die Wirtschafts- und Finanzkrise. Da die Wirtschaftskrise die Verbraucher massiv beeinträchtigt und zu einer Verschlechterung der Arbeits- und Lohnbedingungen der Bevölkerung geführt habe, müssten die Rechte der Verbraucher nun Vorrang vor einer weiteren Liberalisierung der Märkte haben. Die Unzufriedenheit der Verbraucher gegenüber den Finanzdienstleistern beruhe in erster Linie auf schlechter Beratung und fehlender Kenntnis der eigenen Rechte. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.
Der Berichtsentwurf beinhaltet unter anderem die folgenden Vorschläge:
- Garcés Ramón fordert, dass Verbraucher auf unbedenkliche Weise von den wissenschaftlichen und technischen Fortschritten profitieren können und Zugang zu Informationen, einer unparteiischen Beratung und den nötigen Mitteln für eine faire und effiziente Streitbeilegung haben.
- Er betont, dass die politischen Maßnahmen der EU die Zusammenarbeit der Verbraucherorganisationen mit den öffentlichen Institutionen auf allen Ebenen fördern und die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen müssen. Zu diesem Zweck solle ein europäisches Verbraucherorganisationsregister erstellt werden, dass die Schaffung von Kooperationen auf europäischer Ebene ermögliche.
- Es solle eine Herkunftskontrolle für Produkte aus Drittländern eingeführt werden.
- Er fordert die Anwendung des Vorsorgeprinzips auf die Konsumgütermärkte für Produkte, die mit Nanotechnologie oder aus genetisch veränderten Organismen hergestellt wurden.
- Er fordert, dass der Zugang zu einem Basisbankkonto für Verbraucher vereinfacht und komplexe und riskante Finanzprodukte für den Durchschnittsverbraucher verboten werden.
- Er betont, dass der beschleunigte Prozess der Unternehmenskonzentration sowohl die Produktion als auch den Absatz von Gütern und Dienstleistungen beeinträchtigt und ist der Auffassung, dass die Verbraucher eine demokratisch gewählte Vertretung von mindestens 20 % in den Verwaltungsräten der großen Unternehmen, einschließlich der Unternehmen aus dem Finanzsektor, haben sollten;
- Garcés Ramón hebt außerdem hervor, dass die Streitbeilegungsmechanismen, wie die Alternative Streitbeilegung, die Beilegung kollektiver Streitigkeiten sowie die Online-Beilegung schnell, zugänglich und effizient sein müssen und dass die Maßnahmen der Alternativen Streitbeilegung innerhalb von maximal 90 Tagen abgeschlossen sein sollten.
Über den Bericht wird voraussichtlich im Februar 2012 im Ausschuss abgestimmt werden, ein aktualisierter Zeitplan wird zurzeit im Parlament beraten.