11.01.2012

EU-Kommission nimmt neue Beihilferegelungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) und Qualitätsrahmen an

Nach einer umfangreichen Konsultation im Herbst 2011 hat die EU-Kommission am 20. Dezember 2011 ihr neues Maßnahmenpaket zur Anwendung der Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („Altmark-Paket“) angenommen. Das Paket ist im Vergleich zu den Konsultationsdokumenten noch einmal in einzelnen Punkten abgeändert worden.

 

In dem neuen Paket werden die wichtigsten Grundsätze für staatliche Beihilfen erläutert. Ferner wird ein diversifiziertes und auf eine strikte Verhältnismäßigkeit ausgerichtetes Konzept mit einfacheren Regeln für DAWI eingeführt, die von geringem bzw. lokalem Umfang sind oder mit denen ein soziales Ziel verfolgt wird. Bei größeren Beihilfen werden künftig Wettbewerbserwägungen stärker berücksichtigt.

 

Das Maßnahmepaket besteht aus den folgenden vier Dokumenten:

 

·         Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.

Inhalt: Es werden für DAWI relevante grundlegende Begriffe definiert, z.B. der Begriff der Beihilfe, DAWI, wirtschaftliche Tätigkeit, Kohärenz zwischen den öffentlichen Vergabeverfahren und Nichtvorliegen einer Beihilfe. Darüber hinaus enthält die Mitteilung nähere Angaben zur Bewertung der Höhe der Ausgleichsleistung in den Fällen, in denen die Übertragung der DAWI im Wege einer öffentlichen Ausschreibung erfolgt.

 

·         Kommissionsbeschluss über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 AEUV auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind.

Inhalt: Ausgleichsbeträge müssen künftig ab 15 Mio. EUR angemeldet werden (bislang 30 Mio. EUR). Darunter sind DAWI freigestellt. Neu ist, dass Sozialdienstleistungen unabhängig von der Höhe der erhaltenen Ausgleichsleistung von der Pflicht zur Anmeldung bei der Kommission ebenfalls freigestellt sind. Die Freistellung wird von Krankenhäusern und sozialem Wohnungsbau auf eine wesentlich größere Bandbreite an Sozialdienstleistungen ausgeweitet, und zwar auf Dienstleistungen, die den sozialen Bedarf im Hinblick auf Gesundheitsdienste und langfristige Betreuung, Kinderbetreuung, den Zugang zum und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, den sozialen Wohnungsbau sowie die Betreuung und soziale Einbindung schwächerer Bevölkerungsgruppen decken. Für den Verkehrsbereich gelten Sonderregeln.

 

·         EU-Rahmen für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen

Inhalt: Für die Prüfung höherer (anmeldepflichtiger) Beihilfeleistungen werden ausführlichere Angaben und Beispielen aufgeführt. Der Rahmen enthält zudem eine präzisere Methode für die Festsetzung der Höhe der Ausgleichsleistung, die für die Mitgliedstaaten geltende Vorschrift, in die Ausgleichsmechanismen Effizienzanreize einzubinden, die Vorschrift, dass die EU-Bestimmungen für das öffentliche Auftragswesen einzuhalten sind und die bei der Festsetzung der Ausgleichsleistung erfolgende Gleichbehandlung der Stellen, die die gleiche Dienstleistung erbringen. Ferner kann die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auffordern, Maßnahmen zu ergreifen, um die wettbewerbswidrigen Auswirkungen bestimmter Ausgleichsleistungen, bei denen die Gefahr einer Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt besonders groß ist, zu verringern. Auch die Berichtspflichten der Mitgliedstaaten werden erhöht.

 

·         Kommissionsverordnung (Entwurf) über die Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen

Inhalt: Die EU-Kommission schlägt vor, dass die De-Minimis-Verordnung Anwendung findet, wenn der Gesamtbetrag der einem Unternehmen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährten Beihilfen 500.000 EUR (bisher: 200.000 EUR) in drei Steuerjahren nicht überschreitet. Diese Verordnung soll im Frühjahr 2012 verabschiedet werden.

 

Qualitätsrahmen

Die EU-Kommission hat zugleich einen Qualitätsrahmen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse verabschiedet. Die Mitteilung soll Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die richtigen Rahmenbedingungen für die Gewährleistung von effizienten und kostengünstigen Dienstleistungen zu setzen. Der Qualitätsrahmen sieht drei sich ergänzende Handlungsfelder vor:

 

·          Verbesserung der Klarheit und Rechtssicherheit bei der Anwendung des EU-Rechts auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und gegebenenfalls Überprüfung der Vorschriften zwecks Berücksichtigung spezifischer Erfordernisse

·          Gewährleistung des Zugangs zu grundlegenden Dienstleistungen im Sinne einer bezahlbaren, hochwertigen Grundversorgung in bestimmten Bereichen

·          Qualitätsförderung, insbesondere im Bereich der sozialen Dienstleistungen. Sozialdienstleistungen aufgrund ihres Beitrags zur sozialen Sicherung und Integration in den europäischen Gesellschaften eine wichtige Rolle spielten und immer mehr benötigt würden.