11.01.2012
Bundeskartellamt veröffentlicht seine Stellungnahme zur 8. GWB-Novelle
D
|
https://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Stellungnahmen/2011-12-06_Stellungnahme_Bundeskartellamt_Referentenentwurf_8._GWB-Novelle.pdf |
Das Bundeskartellamt hat im Dezember seine Stellungnahme zum Referentenentwurf zur 8. GWB-Novelle (Text datiert vom 30.11.11) veröffentlicht.
Im Wesentlichen stimmt das Bundeskartellamt den Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministeriums zu, konstatiert jedoch bei einigen Punkten noch Änderungs- und Erweiterungsbedarf. Dieser beläuft sich im Wesentlichen auf Folgendes:
Fusionskontrolle
- Das Bundeskartellamt befürwortet den SIEC-Test im Prinzip, möchte jedoch die Festlegung einer abschließenden Auslegungskompetenz der deutschen Gerichtsbarkeit, damit die Verfahren nicht durch Vorlagen zum Europäischen Gerichtshof verlängert werden können.
- Bei der Pressefusionskontrolle sieht das Bundeskartellamt keinen Handlungsbedarf. Die derzeitige Pressefusionskontrolle diene der Pressevielfalt und belaste die betroffenen Unternehmen nicht übermäßig. Bei einer Änderung (im angedachten Sinn) warnt das Amt, dass sich die Zahl der Märkte, auf denen keine Fusionskontrolle mehr stattfindet, noch einmal deutlich erhöhen würde, mit nachteiligen Auswirkungen auf Wettbewerb und Pressevielfalt vor allem im Bereich der Lokal- und Regionalpresse.
- Allerdings müsse die Fusionskontrolle (wie auch die Missbrauchsaufsicht und das allgemeine Kartellrecht) dringend auf gesetzliche Krankenkassen ausgedehnt werden. Nach derzeitiger Rechtslage könnten die gesetzlichen Krankenkassen mittels Fusionen ein Monopol schaffen, ohne dass eine Strukturkontrolle stattfinde.
Kartellverfolgung
- Bundeskartellamt wünscht eigenes, vom Ordnungswidrigkeitsrecht losgelöstes Verfahrensrecht, um eine Sanktionierung von Kartellverstößen noch effektiver zu ermöglichen.
- Es bedarf nach Ansicht des Amtes noch der Einfügung von Regelungen zur Rechtsnachfolge bei der Bußgeldhaftung und zur Einführung einer kartellrechtlichen Konzernhaftung. Bei der Rechtsnachfolge gelte es, eine Lücke zu schließen, durch die sich eine kartellbeteiligte Gesellschaft einer Kartellbuße entziehen könne. Bei der Verantwortlichkeit innerhalb eines Konzerns sollte das nationale Recht europäischem Recht angenähert werden (laut Bundeskartellamt handelt es sich um eine bloße „Klarstellung"), wonach Konzernmütter für die Kartelltaten ihrer Töchter im Rahmen der „wirtschaftlichen Einheit" haften.
- Die im Referentenentwurf vorgeschlagenen Regelungen zur Akteneinsicht und zu Gerichtsverfahren sollten noch stärker den Bedürfnissen kartellrechtlicher Verfahren Rechnung tragen. So hält das Amt eine Regelung für erforderlich, mit der die Akteneinsicht Geschädigter regelmäßig auf den Bußgeldbescheid beschränkt wird. Auch sollte das gerichtliche Verfahren an die Besonderheiten kartellrechtlicher Verfahren angepasst werden, z.B. sollten der Mündlichkeitsgrundsatz einschränkbar sein, Zeugenvernehmungen gestrafft werden und elektronische Daten eingeführt werden können. Auch sollte die Vergütungshöchstgrenze für Sachverständige angepasst werden.
- Die Neuregelung der Auskunftspflicht geht dem Bundeskartellamt noch nicht weit genug: Es sollten noch weitergehende Auskunftspflichten der Unternehmen (z.B. zur Aufklärung von Zuständigkeitsverteilungen innerhalb des Unternehmens) vorgesehen werden.
Missbrauchsaufsicht
- § 29 GWB (Preishöhenmissbrauchskontrolle im Energiebereich) sollte auf den Bereich der Fernwärme ausgedehnt werden.
- Die Aufsicht über Gebührenerhöhungen öffentlich-rechtlicher Wasserversorger sollte ebenfalls dem Kartellrecht und dem Bundeskartellamt unterstehen. Auch sollte „klar gestellt" werden, dass eine Anordnung der Rückzahlung bei nachweislich überhöhten Entgelten der Wasserversorger möglich sei. Auch sollte für alle Missbrauchsverfügungen gegenüber Wasserversorgern im Grundsatz die sofortige Vollziehbarkeit gelten.
Private Kartellrechtsverfolgung
- Die Ausweitung der Berechtigung von Verbraucherverbänden, Unterlassungs- und Be-seitigungsansprüche zu erheben, befürwortet das Bundeskartellamt. Eine weitergehende Vorteilsabschöpfung von Verbraucherverbänden im Interesse ihrer eigenen Finanzierung lehnt das Amt hingegen ab. Die von den Verbraucherverbänden vertretenen Interessen stimmten nicht notwendigerweise mit den Interessen der tatsächlich Geschädigten überein. Auch seien Verbraucherverbände nicht dem allgemeinen öffentlichen Interesse verpflichtet.