24.08.2012

Bundeskartellamt veröffentlicht Bericht zur Sektoruntersuchung im Fernwärmesektor

Das Bundeskartellamt hat am 23. August 2012  Bericht zur Sektoruntersuchung im Fernwärmesektor vorgelegt. Die Untersuchung wurde bereits im September 2009 eingeleitet und weist auf klare wettbewerbliche Defizite auf den Fernwärmemärkten nach. Nach Angaben des Bundeskartellamts werden 14 % des Wohnungsbestands in Deutschland mit Fernwärme beheizt.

Befund des Bundeskartellamts:

Das Bundeskartellamt kommt zu der Feststellung, dass es an einem funktionierenden Wettbewerb zu den etablierten Versorgern in ihrem jeweiligen Versorgungsgebiet fehle. Das Bundeskartellamt hat allerdings keine Hinweise auf ein flächendeckendes überhöhtes Preisniveau gefunden. Es sei jedoch auffallend, dass die Unterschiede zwischen den Preisen in den einzelnen Netzgebieten erheblich seien und in einigen Fällen über 100% betrügen.

Das Bundeskartellamt sieht nach der Untersuchung Anhaltspunkte für mögliche missbräuchliche Verhaltensweisen. Da der Fernwärmeversorger beim Vertrieb ebenso wie im Netzbetrieb jeweils eine marktbeherrschende Stellung einnehme, sei ein Missbrauch auf mehreren Ebenen denkbar, etwa durch Verweigerung oder Behinderung des Zugangs zum Fernwärmenetz für durchleitungswillige Wärmeerzeuger oder durch das Verlangen überhöhter Preise gegenüber Wärmeabnehmern. Gerade in dieser letzten Fallkonstellation sieht das Bundeskartellamt bei denjenigen Unternehmen, die im Rahmen des durchgeführten Vergleichs stark überdurchschnittliche Erlöse in einem oder mehreren Netzgebieten aufwiesen, einen hinreichenden Anfangsverdacht für das Vorliegen missbräuchlich überhöhter Preise für gegeben an.

Bei der Ermöglichung von Netzzugangsbegehren sieht das Amt derzeit angesichts einer einzigen Beschwerde keinen Tätigkeitsschwerpunkt. Auch stellt die Verweigerung des Ankaufs erzeugter Wärme in der Regel keinen Missbrauch dar. 

Handlungsempfehlungen:

Das Bundeskartellamt hält an seiner schon zuvor - im Rahmen der 8. GWB-Novelle formulierten - Forderung nach einer Ausdehnung der Sonderregeln für eine schärfere Missbrauchsaufsicht fest. Da die Fernwärmeversorger innerhalb ihres Versorgungsnetzgebietes in aller Regel Monopolisten seien, verspricht sich das Bundeskartellamt von einer verschärften Missbrauchsaufsicht Möglichkeiten, bestehende Verhaltensspielräume der Versorger zugunsten der Verbraucher besser zu begrenzen und Missbräuchen vorzubeugen. Das Amt spricht sich daher dafür aus, die Fernwärmemärkte im Einzelfall einer wirksamen kartellrechtlichen Preiskontrolle zu unterziehen, weshalb es für eine Aufnahme der Fernwärme in den Tatbestand des § 29 GWB plädiert (Preismissbrauchskontrolle im Energiesektor).

Dem Bundeskartellamt ist zudem aufgefallen, dass die Preise in Gebieten, in denen eine durch die Kommune auferlegte Verpflichtung zum Anschluss an das Fernwärmenetz besteht, tendenziell höher sind. Das Bundeskartellamt empfiehlt daher, auf die Einräumung solcher rechtlichen Monopolstellungen zu verzichten.

Weitere Schritte:

Das Bundeskartellamt beabsichtigt nun, zunächst diejenigen Netzgebiete mit den höchsten Erlösen in den Jahren 2007 und 2008 genauer zu untersuchen. Dazu wird es im ersten Schritt erforderlich sein, die vorhandenen Daten für die Jahre 2009 bis 2011 zu aktualisieren. In der Folge wird zu klären sein, inwieweit sich die teils erheblichen Preisunterschiede auf strukturelle Unterschiede zwischen den Versorgungsgebieten zurückführen lassen.

Außerdem wird das Amt gegen diejenigen Unternehmen Verfahren wegen des Verdachts missbräuchlich überhöhter Erlöse einleiten, deren Netzgebiete die im Vergleich höchsten Erlöse aufweisen.