12.06.2012

Bundeskartellamt richtet Plattform für anonyme Hinweisgeber bei Kartellverstößen ein

Das Bundeskartellamt hat am 1. Juni 2012 ein elektronisches System zur Entgegennahme von anonymen Hinweisen auf Kartellverstöße eingerichtet. Es soll die Anonymität von Informanten garantieren und eine fortlaufende wechselseitige Kommunikation mit Ermittlern des Bundeskartellamts über einen geschützten elektronischen Briefkasten ermöglichen. Ein ähnliches Hinweissystem scheint auf der Ebene der Landeskriminalbehörden bereits seit Jahren erfolgreich im Einsatz zu sein. Ein entsprechender Hinweis lässt sich über folgenden Pfad im Internet eingeben:

https://www.bkms-system.net/bkwebanon/report/clientInfo?cin=2bkarta151&language=ger

Hintergrund:

Da Kartelle oft im Verborgenen stattfinden, kommt dem Insider-Wissen bei der Aufdeckung und Zerschlagung der Kartelle eine entscheidende Bedeutung zu. Ob das System auch zu einer Lösung der „Ross- und Reiter-Problematik" beiträgt, d.h. dass sichergestellt würde, dass der Beschwerdeführer für den Kartellbeteiligten zu keinem Zeitpunkt in Erscheinung tritt, ist jedoch nicht wahrscheinlich, da der Informationsgehalt einer anonymen Eingabe im Verhältnis zu der Beschwerde eines erkennbaren Beschwerdeführers notwendigerweise eingeschränkt bleiben wird, wenn der Informant sich nicht zu erkennen geben will. Allerdings gibt das System für das Anfangsstadium der Ermittlungen Unternehmensmitarbeitern und anderen Beschwerdeführern, die sich aus Furcht vor Repressalien bislang beim Kartellamt nicht gemeldet haben, eine Möglichkeit, dem Bundeskartellamt einen Sachverhalt zu schildern und dadurch die Kartellverfolgung zu unterstützen. Hinweisgeber können somit Kartellbetroffene, Eingeweihte oder mitwissende Unternehmensmitarbeiter sein. Kartellbeteiligte werden sicherlich nicht selbst  als Hinweisgeber fungieren, sondern - wegen der Möglichkeit eines Bußgelderlasses oder - ermäßigung bei Inanspruchnahme des Bonusprogramms - weiterhin den Weg als Kronzeuge einschlagen. Das Hinweisgebersystem dürfte für Kartellbeteiligte jedoch ein gesteigertes Risiko mit sich bringen, da nur das erste Unternehmen, das sich im Rahmen des Bonusprogramms beim Kartellamt meldet, einen Bußgelderlass erreichen kann. Dafür muss es jedoch das Kartell aufdecken. Kommen nun einschlägige Hinweise zuerst von dritter Seite, dürften sich dadurch die Anreize für die Kartellbeteiligten weiter erhöhen, das Bonusprogramm des Amtes in Anspruch zu nehmen und Kartelle selbst als Kronzeuge offenzulegen.

Funktionsweise des Hinweisgebersystems:

Als Informationen kommen alle Kenntnisse, insbesondere Insider-Wissen, in Betracht, die dabei helfen können, wettbewerbsbeschränkende Absprachen zwischen Unternehmen aufzudecken und nachzuweisen. Die Informationen werden auf der angegebenen Internetseite in ein standardisiertes Hinweisgebersystem eingetragen. Das Bundeskartellamt sichert den Hinweisgebern absolute Anonymität zu, wobei die Gewährleistung der Anonymität durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zertifiziert worden ist. Solange der Informant keine Daten eingibt, die Rückschlüsse auf seine Person zulassen, ist eine technische Rückverfolgung zu der Person des Informanten nicht möglich.