29.03.2012

BMWI legt Referentenentwurf zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle vor

Am 27. März 2012 hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas (Markttransparenzstellen-Gesetz) an die Länder und Verbände versandt. Der Entwurf ist Bestandteil des 10-Punkte-Sofortprogramms der Bundesregierung zur Energiewende. Es soll eine Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt eingerichtet werden, die eine transparente und wettbewerbskonforme Preisbildung bei der Vermarktung und beim Handel mit Elektrizität und Gas auf der Großhandelsstufe sicherstellen soll. Durch die Einrichtung einer Markttransparenzstelle sollen die wettbewerblichen Strukturen auf den Energiemärkten weiter verbessert werden. Die Markttransparenzstelle soll  insbesondere die Preisbildungsprozesse, speziell im Stromgroßhandel, laufend beobachten und missbräuchliche Kapazitätszurückhaltungen oder sonstige missbräuchliche Verhaltensweisen frühzeitig identifizieren. Sie soll dabei über alle Informationen verfügen, um zeitnah eine transparente Preisbildung im Stromgroßhandel sicherzustellen. Auch soll sie, durch eine zeitnahe und kontinuierliche Beobachtung der Energiemärkte ein eventuelles künstliches Zurückhalten von Erzeugungskapazitäten erkennen und missbräuchlichen Verhaltensweisen frühzeitig entgegen wirken. Dies soll dadurch bewerkstelligt werden, dass die Markttransparenzstelle sämtliche relevanten Daten und Informationen aus dem Börsenhandel und Außerbörsen-Handel mit Elektrizität und Gas, einschließlich der Daten aus dem Erzeugungsbereich zentral, kontinuierlich und umfassend sammelt und auswertet. Dadurch sollen bestehende Informationsdefizite beseitigt und eine Basis geschaffen werden, um mögliche Rechtsverstöße leichter zu erkennen. Von der kontinuierlichen Überwachung des Marktgeschehens sollen zudem Abschreckungseffekte ausgehen, die Preismanipulationen präventiv entgegenwirken.

Für die Erfüllung ihrer Aufgaben soll die Markttransparenzstelle mit der Bundesnetzagentur eng zusammenarbeiten. Darüber hinaus soll mit dem Gesetzentwurf die EU-Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (REMIT-Verordnung) umgesetzt werden. Nach der REMIT-Verordnung sind Marktmanipulationen oder Insiderhandel beim Energiegroßhandel unzulässig und werden mit Sanktionen belegt.

Hintergrund:

Bereits im Koalitionsvertrag vom Oktober 2009 hatte die Bundesregierung festgeschrieben, eine zentrale Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt einzurichten, um eine ordnungsgemäße Preisbildung auf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas sicherzustellen. Bei den Großhandelsmärkten für Strom und Gas handelt es sich um Wettbewerbsmärkte, deren Marktteilnehmer dem allgemeinen Kartellrecht und in Teilbereichen der Finanzmarktregulierung unterliegen. Es bestehen Zweifel in das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Großhandelsmärkte, wie unlängst eine Sektoruntersuchung Stromgroßhandel für den Stromsektor festgestellt hat. Die Einrichtung einer nationalen Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt - als Pendant zur geplanten Schaffung einer europäischen Marktüberwachung innerhalb der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) auf europäischer Ebene - war im Rahmen des Energiekonzeptes der Bundesregierung beschlossen worden.

Konkrete Umsetzung:

Der Gesetzentwurf sieht Änderungen des GWB und des Energiewirtschaftsgesetzes vor.

Änderungen des GWB: Die Einrichtung der Markttransparenzstelle soll in § 47 GWB verankert werden. Gemäß § 47 a GWB-E nimmt das Bundeskartellamt die Aufgaben der Markttransparenzstelle wahr. In § 47 a Abs. 2 GWB-E wird zudem festgelegt, dass das Bundeskartellamt eng mit der Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Tätigkeit nach Maßgabe des Energiewirtschaftsgesetzes zusammenarbeitet (§ 47 a Abs. 3 GWB-E). Die Aufgaben der Markttransparenzstelle werden in § 47 b GWB-E normiert. Aufgaben der Markttransparenzstelle bestehen demnach in der laufenden  Beobachtung des gesamten börslichen und außerbörslichen Großhandels mit Elektrizität und Erdgas sowie in der Beobachtung der Vermarktung von Elektrizität und Erdgas als Regelenergie (Abs. 1). Die Markttransparenzstelle fungiert zudem als nationale Marktüberwachungsstelle gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und die Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts, REMIT-Verordnung (Abs. 2). Weiter erhebt und sammelt die Markttransparenzstelle die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten und Informationen und wertet dieses kontinuierlich aus (Abs. 3, 4). Die Markttransparenzstelle stellt die gesammelten Daten ferner dem Bundeskartellamt und der Bundesnetzagentur für die Erfüllung ihrer jeweiligen Monitoring-Aufgaben zur Verfügung.

Die Befugnisse der Markttransparenzstelle werden in § 47 c GWB-E näher normiert. Ihr stehen die Auskunftsrechte des Bundeskartellamts nach § 59 GWB gegenüber natürlichen und juristischen Personen zu. Dadurch kann die Markttransparenzstelle nicht nur an Unternehmensinhaber Auskunftsverlangen richten. Der Markttransparenzstelle werden zudem Festlegungskompetenzen hinsichtlich der konkreten Offenlegungs-, Transparenz-, und Dokumentationspflichten der in den  Energiemärkten tätigen Unternehmen eingeräumt. Die Markttransparenzstelle hat auch die Möglichkeit, die erforderliche kontinuierliche Datenlieferung durch Eingabe auf einer elektronischen Internetplattformen vorzuschreiben.

Gemäß § 47 d GWB-E sollen Großhändlern im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes, Energieversorgungsunternehmen, Betreibern von Energieanlagen und Kunden im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes mit Ausnahme des Letztverbrauchers sowie Handelsplattformen der Markttransparenzstelle verschiedene Daten aus den Märkten, auf denen diese tätig sind, soweit angefordert, laufend übermitteln. Nähere Ausführungen zu dieser Datenübermittlung kann das BMWi im Wege von Rechtsverordnungen treffen.

 

§ 47 e GWB-E konkretisiert die Bereiche, in denen Festlegungen erfolgen könnten und unterscheidet dabei nach Kategorien von Festlegungsadressaten. Im § 47 f GWB-E werden Berichtspflichten gegenüber dem BMWi eingeführt. § 47 g GWB-E regelt die Zusammenarbeit, insbesondere die Zulässigkeit des Informationsaustausches, mit anderen Behörden und Aufsichtsstellen. In § 81 GWB soll zudem auch eine Erweiterung der Bußgeldtatbestände für die Auskunftserteilung gegenüber der Markttransparenzstelle und den Bereich der Datenübermittlung geschaffen werden; in diesem Zusammenhang erhält die Markttransparenzstelle eine Zuständigkeit zur Verhängung von Bußgeldern.

Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes: Mit Artikel 2 des Markttransparenzstellen-Gesetzes sollen einige Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes geändert werden. In das Energiewirtschaftsgesetz sollen insbesondere Regelungen über die Sanktionierung der Ge- und Verbote der REMIT-Verordnung  (Verordnung EU Nr. 1227/2011 des Europäischen Parlament und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes). Die REMIT-Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten festzulegen, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Verordnung zu verhängen sind. Daneben haben die Mitgliedstaaten alle Maßnahmen zu treffen, die zur Durchsetzung der Ge- und Verbote der Verordnung notwendig sind. In diesem Zusammenhang haben sie auch sicher zu stellen, dass ihre nationale Regulierungsbehörde mit den Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet ist, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben unter der Verordnung erforderlich sind. In das Energiewirtschaftsgesetzt sollen insbesondere Regelungen über die Sanktionierung der Ge- und Verbote der REMIT-Verordnung eingefügt werden. Dazu gehören die Tatbestände des Insiderhandels und der Marktmanipulation sowie die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität.  Daneben sollen Verstöße gegen Pflichten aus der REMIT-Verordnung sanktioniert werden, insbesondere Verstöße gegen die verschiedenen Meldepflichten. Schließlich dient der Gesetzentwurf der gesetzlichen Einführung aller notwendigen behördlichen Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnisse für die Bundesnetzagentur als Energieregulierungsbehörde zur Anwendung in der REMIT-Verordnung festgelegten Verbote und Verpflichtungen.

Der Gesetzentwurf soll Anfang Mai vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Für den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Artikelgesetzes ist noch kein konkreter Zeitpunkt genannt.