02.07.2012

Anhörung zur 8. GWB-Novelle im BT-Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

(Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels war der 1. Link noch nicht aktiviert)

Der federführende Bundestagsausschuss für Wirtschaft

und Technologie hat am 27. Juni 2012 hat zum Regierungsentwurf des Achten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (8. GWB-Novelle)

eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Der Ausschuss hat Sachverständige lediglich zu einigen ausgewählten Themenkomplexen angehört (vgl. FIW-Bericht vom 19.6.12). Es handelte sich um die Themenblöcke

 

1. Pressefusion/Pressegrosso

2. Preis- Kostenschere/Wettbewerb im Mineralölmarkt

3. Einzelhandel/Verbraucherschutz.

 

Auffallend war, dass die so genannten „klassischen GWB-Themen“, wie z.B. Fusionskontrolle, Befugnisse der Kartellbehörden, Missbrauchsaufsicht (bis auf das Verbot von Untereinstandspreisverkäufen und die Regelung zur Preis-Kosten-Schere)  in der Anhörung überhaupt nicht zur Sprache kamen. Die Sachverständigen hatten zuvor schriftliche Stellungnahmen eingereicht (siehe oben angegebener Internet-Pfad). Von dieser Möglichkeit hatten auch einige Verbände, die nicht als Experten geladen waren, Gebrauch gemacht. Der Vorsitzende des Ausschusses, MdB Hinsken, gab darüber hinaus bekannt, dass mitberatende Ausschüsse u.a. der Rechtsausschuss und der Ausschuss für Ernährung,

Landwirtschaft und Verbraucherschutz seien.

 

Zu den einzelnen Themenkomplexen:

 

1.       (Pressefusion/Pressegrosso)

 

Dieser Komplex nahm in der Anhörung am meisten Zeit ein. Bundeskartellamts-Präsident Mundt setzte sich kritisch mit den Regelungen zum Pressefusionsrecht im Gesetzesentwurf

auseinander. Durch die Anhebung der Anmeldeschwellen würden rund 20 Prozent der bisher anmeldepflichtigen Pressezusammenschlüsse aus der Fusionskontrolle herausfallen. Allerdings seien die vorgeschlagenen Änderungen der Aufgreifschwellen (Änderung des Rechenfaktors von 20 auf 8) aus Sicht des Kartellamts gerade noch vertretbar. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband deutscher Lokalzeitungen befürworteten die Anhebung der Anmeldeschwellen.

 

Der Bundesverband Presse-Grosso verlangte eine gesetzliche Absicherung des heutigen Grosso-Systems. Die Sachverständigen waren sich uneins darüber, ob das Grossosystem möglicherweise gemäß Art. 106 Abs. 2 AEUV oder nach Art. 101 Abs. 3 AEUV, gegebenenfalls auch erst nach Modifikationen, gerechtfertigt sein könne. Der Vertreter des Bauer-Verlags wandte sich in seiner Einlassung nicht prinzipiell gegen das Pressegrosso, sondern nur gegen das Pressegrosso in der derzeit praktizierten Form, d.h. er sprach sich gegen einheitliche Preise bei voneinander abweichenden Leistungen der Pressegrossisten

aus.

 

2.       Preis- Kostenschere/Wettbewerb im Mineralölmarkt

 

In diesem Komplex kam zunächst das Verbot von Untereinstandspreisen und möglicher

Untereinstandskosten zur Sprache. Herr Mundt hielt nichts vom Verbot von Untereinstandskosten, da diese Kosten kaum zu ermitteln seien (schwierig und komplex). Prof. Markert, Direktor beim Bundeskartellamt a.D., ließ diesen Einwand nicht gelten, da das Bundeskartellamt auch bereits jetzt im Rahmen von § 29 GWB Kosten ermitteln müsse.

Seiner Meinung nach müsse das Verbot auf Kosten ausgeweitet werden, um auch auf den „Herstellerverkauf“ Anwendung zu finden. Die unbefristete Weitergeltung des Verbots der sogenannten Preis- Kosten-Schere wurde sowohl vom Bundeskartellamt als auch von der

mittelständischen Energiewirtschaft befürwortet, während sich die Monopolkommission,

vertreten durch Prof. Zimmer, gegen eine völlige Entfristung der Regelung ausgesprochen hat. Er plädierte lediglich für eine Verlängerung um fünf Jahre. In seiner schriftlichen Stellungnahme war der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) für eine differenzierte

Ausgestaltung eingetreten. Die Entfristung des Verbotes werde akzeptiert, in der Praxis gebe es jedoch eine Reihe von Auslegungsfragen und Grenzfällen.

 

Im Hinblick auf mögliche alternative Regulierungsmodelle wie das österreichische

oder westaustralische Modell zur Preisregulierung im Tankstellenmarkt sagte Herr Mundt, dass das österreichische Modell aufgrund seiner preistreibenden Wirkung nicht zu befürworten sei. Beim westaustralischen Modell sei fraglich, wie man die Freien Tankstellen

in die Regulierung miteinbeziehen könne. Befragt zur Sinnhaftigkeit einer Markttransparenzstelle in diesem Bereich, antwortete Prof. Zimmer, dass diese nur dann sinnvoll sei, wenn die Verbraucher Zugriff auf die erhobenen Daten hätten. Auf die Frage nach der Notwendigkeit der Einführung einer missbrauchsunabhängigen Entflechtung

agierte Prof. Zimmer zurückhaltend. Die Monopolkommission habe ein solches Instrument „vorsichtig“ propagiert und es an hohe Voraussetzungen geknüpft.

 

3.       Einzelhandel/Verbraucherschutz

 

Im letzten Komplex wurden das Bundeskartellamt und die Monopolkommission gar nicht angehört. Während der Markenverband sich für eine unbefristete Ausdehnung des Verbots des Verkaufs unter Einstandspreis auf alle Produktgruppen  aussprach, verlangte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) eine Streichung des Verbots des Verkaufs unter Einstandspreis. Mindestens müsse die Verschärfung aus dem Jahr 2007 planmäßig auslaufen.

 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hielt die vorgeschlagenen Regelungen zur Einführung einer Klagebefugnis für Verbraucherverbände zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen und zur Vorteilsabschöpfung für unzureichend. Prof. Fezer, der im Auftrag des nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministeriums ein Gutachten zur Abschöpfung von Unrechtsgewinnen und Verwendung von Kartellbußen verfasst hatte (vgl. FIW-Bericht vom 23.3.12) behauptete, dass ein Sondervermögen des Bundes zur

Finanzierung der Verbraucherarbeit und dessen Zweckbindung zulässig sei; dies werde „vielfach“ seitens der Ministerien praktiziert. Das Gesamtdeckungsprinzip der Haushaltsordnung sei auf Sondervermögen gerade nicht anwendbar.