19.11.2012

Almunia (EU-Kommission) kündigt Änderungen in der EU-Fusionskontrolle an „Merger review: Past evolution and future prospects“ (Rede)

Der Vizepräsident und Wettbewerbskommissar der Europäischen Kommission, Joaquín Almunia, kündigte am 2. November 2012 auf einer Wettbewerbskonferenz in Cernobbio (Italien) in seiner Rede  „Merger review: Past evolution and future prospects" Änderungen in der EU-Fusionskontrolle an.

Almunia gab bekannt, dass seit Inkrafttreten der EU-Fusionskontrolle im Jahr 1990 die EU-Kommission 4.600 Zusammenschlüsse freigegeben und nur 22 untersagt habe. Im letzten Jahr habe die EU-Kommission 309 Anmeldungen erhalten, 299 in Phase I freigegeben und nur einen Zusammenschluss untersagt.

Der Fokus der Prüfung von Zusammenschlussvorhaben liege mittlerweile weniger auf den strukturellen Aspekten des Zusammenschlusses, wie Konzentrationsgraden oder Marktanteilen, als auf der Frage, inwieweit der Zusammenschluss die wettbewerbliche Dynamik eines Falles beeinflussen könne. Hohe Marktanteile seien nicht immer problematisch, dafür könnten manchmal sogar geringe Marktanteile den Wettbewerb behindern, wenn es die Marktbedingungen zuließen. Wichtig sei die Prüfung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf Preise und andere Parameter, wie Qualität, Auswahl und Innovation.

Zu den künftigen Reformvorstellungen des Vizepräsidenten:

Almunia kündigte an, bei den Zielvorstellungen ähnlich wie im Rahmen der Beihilfenreform, das Verfahren zur Anmeldung von Zusammenschlussvorhaben künftig einfacher gestalten zu wollen und generell schneller und einfacher mit den Fällen umgehen zu wollen, die keine Wettbewerbsbedenken hervorrufen. Es gehe um Veränderungen im bestehenden System, die - nach entsprechendem Konsultationsverfahren - bereits im Jahr 2012 in Kraft treten könnten. 

Almunia kündigte weiter an, dass er auf längere Sicht über eine weitreichendere Änderungen in der Fusionskontrolle befinden werde. Derzeit würden kommissionsintern verschiedene Optionen geprüft. Die Transaktionen, die zu einem Erwerb nicht kontrollierender Minderheitsbeteiligungen führen, würden derzeit in der EU nicht geprüft, obwohl sie manchmal erhebliche Wettbewerbsprobleme verursachten.

(Anm.: In Deutschland werden diese Fälle von der nationalen Fusionskontrolle erfasst) 

Almunia monierte, dass in anderen Rechtsordnungen, wie in den USA oder in einigen Mitgliedstaaten der EU, solche Minderheitsbeteiligungen von den Kartellbehörden kontrolliert werden könnten, während in der EU bislang nur der Kontrollerwerb geprüft werden könne; auch die Verbote der Artikel 101 und 102 AEUV würden nicht alle kritischen Fallgestaltungen abdecken. Daraus folge ein Durchsetzungsdefizit der Behörde. Weitere Reformbemühungen müssten jedoch stets ein Gleichgewicht zwischen einer effektiven Durchsetzung des Wettbewerbsrechts und möglichst niedrigen bürokratischen Lasten für die Unternehmen im Blick haben.

Almunia führt weiter aus, dass es für die Möglichkeit der Prüfung des Erwerbs nicht kontrollierender Minderheitsbeteiligungen durch die EU-Kommission zwei Optionen gebe:

Erste Option: Man könnte ein selektives System wählen, bei dem EU-Kommission die Fälle identifiziert, die Wettbewerbsprobleme verursachen könnten.

Zweite Option: Man könnte auf Basis eines obligatorischen (Anmelde-)System agieren, wie derzeit beim Kontrollerwerb.

 Die Möglichkeiten würden im Rahmen einer Konsultation weiter ausgelotet werden. Almunia gab an, dass er selbst die erste Option favorisiere, um kein bürokratisches Anmeldesystem zu schaffen, dass sämtliche wesentlichen Minderheitsbeteiligungen erfasse (Anm.: unanbhängig davon, ob sie Wettbewerbsprobleme aufwerfen oder nicht).