22.12.2011
Monopolkommission veröffentlicht Sondergutachten zur Wettbewerbssituation auf dem Postmarkt
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https://www.monopolkommission.de/sg_62/s62_volltext.pdf |
Am 15. Dezember 2011 hat die Monopolkommission ihr Sondergutachten Nr. 62 zum Postsektor „Post 2011: Dem Wettbewerb Chancen eröffnen" veröffentlicht. Alle zwei Jahre untersucht die Monopolkommission die Märkte des Postwesens. Wie schon in den vergangenen Jahren kritisiert die Monopolkommission in ihrem siebten Sondergutachten in Folge erneut den stagnierenden Wettbewerb auf Postmärkten, insbesondere den Briefmärkten. Bereits in ihrem letzten Sondergutachten zum Postsektor vor zwei Jahren hatte die Monopolkommission die Wettbewerbsentwicklung auf den Briefmärkten als miserabel bezeichnet. Trotz deutlich erkennbarer Verbesserungen der Entgeltregulierung sei - so die Monopolkommission - die Wettbewerbssituation jedoch nahezu unverändert. Die Marktdominanz der DPAG im Briefbereich sei weiter erhalten geblieben. Dafür sei insbesondere eine Vielzahl institutioneller Wettbewerbshindernisse verantwortlich seien, wie zum Beispiel die unzureichenden Ermittlungsbefugnisse der Bundesnetzagentur, um missbräuchliches Verhalten der marktbeherrschenden Deutschen Post AG (DPAG) aufzudecken und abzustellen.
Sehr detailliert fallen denn auch die Handlungsempfehlungen zur Förderung des Wettbewerbs im Postsektor aus, die die Monopolkommission in ihrem Gutachten ausspricht:
Entgeltregulierung:
- Die Bundesnetzagentur sollte im Rahmen der Kostennachweise auch die Übermittlung einer Umsatzrendite für den Briefbereich fordern, bei der die berücksichtigungsfähigen Lasten nach dem Tragfähigkeitsprinzip ausgewiesen sind, um Anhaltspunkte für die Höhe des Ausgangsentgeltniveaus zu erhalten.
- Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung sollten der einzig relevante Maßstab für die Entgeltregulierung sein (daher Streichung des § 20 Abs. 2 Satz 2 PostG und § 3 Abs. 4 Satz 3 PEntgV).
Novellierung des Postgesetzes:
Das Postgesetz sollte novelliert werden, um die DPAG stärker zu kontrollieren und die Ermittlungsbefugnisse der Bundesnetzagentur zu stärken. Im Einzelnen:
- Keine Aufhebung der Endkundenpreisregulierung angesichts der immer noch marktbeherrschenden Stellung der DPAG sowie stagnierender Sendungsmengen.
- Die Ex-ante-Entgeltgenehmigungspflicht für Teilleistungsentgelte der DPAG sollte wieder eingeführt werden, da der Zugang zu Teilleistungen der marktbeherrschenden DPAG aufgrund der stagnierenden Sendungsmengen im Briefbereich und der gestiegenen Menge der über den Teilleistungszugang eingelieferten Sendungen eine Schlüsselfunktion für die zukünftige Entwicklung des Wettbewerbs innehabe.
- Einführung einer Vorlagepflicht von individuellen Großkundenverträgen der DPAG bei der Bundesnetzagentur.
- Schaffung einer expliziten Regelung zur Missbräuchlichkeit von Preis-Kosten-Scheren (Präzisierung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PostG)
- Einführung eines Antragsrechts Dritter zur Eröffnung von Verfahren der Entgeltkontrolle sowie des Marktmachtmissbrauchs durch die Bundesnetzagentur entsprechend
- Streichung der wettbewerbsbeschränkenden Vorschriften zu Arbeitsmarktbedingungen in § 6 Abs. 3 Nr. 3 PostG sowie des § 2 Abs. 2 Nr. 5 PostG.
- Beschränkung der Regulierung von Postzustellungsaufträgen auf eine Ex-ante-Genehmigung der Entgelte der DPAG, wobei die Veröffentlichungspflicht jedoch gestrichen werden sollte.
- Umsetzung der Postdiensterichtlinie 2008, um dem Staat Zugang zu den „Komponenten der postalischen Infrastruktur" zu gewährleisten.
Bund als Wettbewerbshüter und Anteilseigner:
- Trennung von allen Finanzinstrumenten, die dazu führen, dass der Bund ein spezielles finanzielles Interesse am Unternehmenserfolg der DPAG hat.
Akteneinsichtsrecht der Monopolkommission bei der Bundesnetzagentur:
- Einführung eines gesetzlichen Akteneinsichtsrechts für die Monopolkommission in die Akten der Bundesnetzagentur (wie in den Bereichen Strom, Gas und Telekommunikation).
Umsatzsteuerbefreiung für Universaldienstleistungen:
- Die Bundesregierung sollte sich auf europäischer Ebene für eine Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie einsetzen und eine Streichung von Art. 132 Abs. 1 lit. a) MwStSystRL durchsetzen, welcher die Umsatzsteuerbefreiung der von öffentlichen Posteinrichtungen erbrachten Dienstleistungen und dazugehörenden Lieferungen von Gegenständen behandelt und Universaldienstleistungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Die nationale Umsatzsteuerbefreiung für Universaldienstleistungen stellt nach Auffassung der Monopolkommission ein Wettbewerbshindernis dar.
- Rückfallposition: Zumindest Änderung des § 4 Nr. 11b UStG dahingehend, dass die Frage der Besteuerung von Postdienstleistungen wettbewerblich neutral gelöst wird. Die Steuerbefreiung sollte für alle Anbieter dieser Leistungen gelten.
- Die Kosten des von der DPAG freiwillig erbrachten Universaldienstes sollten weder den Wettbewerbern der Deutschen Post in Rechnung gestellt werden noch zu einer Preiserhöhung führen.
Mindestlohn im Briefsektor:
- Ablehnung der Einführung eines Mindestlohns im Postsektor: Der überhöhte Mindestlohn für Briefdienstleistungen verhindere die Entfaltung von funktionsfähigem Wettbewerb auf den Märkten für Briefdienstleistungen. Einem möglichen neuen Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags sollte daher nicht nachgekommen werden.