26.07.2011

EU-Kommission: Bericht über die Wettbewerbspolitik 2010 veröffentlicht

EU-Kommission: Bericht über die Wettbewerbspolitik 2010 veröffentlicht

Am 12. Juli 2011 hat die Europäische Kommission ihren Bericht über die Wettbewerbspolitik 2010 vorgelegt. Darin wird für das vergangene Jahr ein Überblick über die wesentlichen Entwicklungen in der Wettbewerbspolitik sowie über wichtige Durchsetzungsmaßnahmen gegeben. Ein Schwerpunkt liegt in der Übersicht der wettbewerbspolitischen Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise.

Der Bericht enthält weiterhin einen ausführlichen Überblick zu den sektoralen Wettbewerbsentwicklungen in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Energie und Umwelt, Elektronische Kommunikation, Informations- und Kommunikationstechnologie, Medien, Pharmazeutische Industrie, Gesundheitsdienste, Verkehr,  Postdienste, Automobilindustrie und Sicherheit der Lebensmittelversorgungskette.

Der Bericht wird von einem ausführlichen Arbeitsdokument der EU-Kommissionsdienststellen begleitet.

Die diesjährige Ausgabe beginnt anlässlich der 40. Ausgabe des jährlichen Berichts über die Wettbewerbspolitik mit einem Überblick über die wichtigsten Entwicklungen in der Wettbewerbspolitik und der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in den letzten vierzig Jahren.

2010 erließ die EU-Kommission sieben Kartellbeschlüsse, mit denen 70 Unternehmen Geldbußen von insgesamt über 3 Mrd. EUR auferlegt wurden. In neun Fällen gab die Kommission Anträgen auf Geldbußenermäßigung wegen Zahlungsunfähigkeit statt.

Im letzten Jahr erließ die Kommission die ersten zwei Vergleichsbeschlüsse: in der Sache DRAMs konnte ein vollständiger Vergleich erzielt werden; der Fall Futterphosphat entwickelte sich zu einem Hybridfall, bei dem nicht alle Beteiligten für den Vergleich optierten.

Die bisherigen Vorschläge der Kommission zur Einführung eines kollektiven Rechtsschutzes lösten eine breite öffentliche Debatte aus, die über das Kartellrecht hinausgeht. Die Kommission beschloss, eine öffentliche Konsultation vorzubereiten, mit der gemeinsame Grundsätze für künftige Legislativvorschläge zum kollektiven Rechtsschutz ermittelt werden sollen.

Im Bereich vertikaler Vereinbarungen nahm die EU-Kommission eine überarbeitete Gruppenfreistellungsverordnung und Leitlinien an. Auch hinsichtlich horizontaler Vereinbarungen erließ die Kommission ein neues Regelwerk, das zwei Gruppenfreistellungsverordnungen und Leitlinien umfasst. Außerdem wurden von der EU-Kommission sektorspezifische Gruppenfreistellungsverordnungen für die Versicherungswirtschaft sowie für Vereinbarungen zwischen Kfz-Herstellern und deren zugelassenen Händlern, Werkstätten und Ersatzteilanbietern angenommen.

Die Kommission setzte ihren mit der Untersuchung des Energiesektors 2007 eingeschlagenen Kurs fort und erklärte in vier Kartellverfahren die von Energieunternehmen zur Abstellung einer möglichen Zuwiderhandlung unterbreiteten Verpflichtungszusagen per Beschluss für rechtsverbindlich. Ferner leitete die Kommission mehrere Verfahren im IKT-Bereich ein.

Bei der Kommission gingen im letzten Jahr insgesamt 274 Fusionsanmeldungen ein. Dabei wurden 16 mit Bedingungen verknüpfte Positivbeschlüsse und kein einziger Negativbeschluss erlassen. Die überwiegende Zahl der angemeldeten Zusammenschlüsse wurde ohne Bedingungen im normalen Verfahren genehmigt. 55 % der Anmeldungen konnte im vereinfachten Verfahren stattgegeben werden.

Die Kommission erließ 2010 drei Beschlüsse nach Phase II-Prüfung. Die Beschlüsse betrafen die Wettbewerbssachen Oracle/Sun Microsystems, Monsanto/Syngenta und Unilever/Sara Lee Body.

Über die Höhe der genehmigten Beihilfen gibt der alle zwei Jahre veröffentlichte Anzeiger für staatliche Beihilfen Aufschluss. 2009 wurde mit insgesamt 0,62 % des BIP bzw. 73,2 Mrd. EUR etwas mehr als im Vorjahr (0,58 % des BIP) für staatliche Beihilfen (ohne Krisenmaßnahmen) aufgewendet. Durchschnittlich 84 % der für die Industrie und den Dienstleistungssektor gewährten Beihilfen waren auf horizontale Ziele von gemeinsamem Interesse ausgerichtet. Die Mitgliedstaaten machten regen Gebrauch von der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung und gewährten 414 neue Beihilfen auf der Grundlage der AGVO.

2010 war außerdem das erste volle Kalenderjahr, in dem das beihilferechtliche Vereinfachungspaket Anwendung fand. Dieses besteht aus einem Verhaltenskodex und einer Mitteilung über ein vereinfachtes Verfahren und soll dazu beitragen, die Beihilfeverfahren der Kommission effizienter, transparenter und berechenbarer zu gestalten.

Wie auch im vergangenen Jahr enthält der Jahresbericht einen ausführlichen Überblick zu den durch die Finanz- und Wirtschaftskrise bedingten Sondermaßnahmen, insbesondere im Beihilferecht, und geht auch auf die Hilfsprogramme zur Ankurbelung der griechischen und irischen Wirtschaft ein. Das Gesamtvolumen der für die Realwirtschaft gewährten krisenbedingten Beihilfen belief sich 2009 auf 82,5 Mrd. EUR (0,7 % des EU-BIP). Der vorübergehende Rahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der Wirtschaftskrise wurde bis Ende 2011 verlängert.

Ein besonderer Fokus lag auf der Unterstützung des Bankensektors. Im Zeitraum Oktober 2008 bis Oktober 2010 genehmigte die Kommission mehr als 40 Beihilferegelungen und prüfte darüber hinaus Einzelbeihilfen für über 40 Finanzinstitute. Da die Krise im Finanzsektor noch nicht überwunden ist, verlängerte die Kommission am 1. Dezember 2010 die Regeln für krisenbedingte Maßnahmen für den Finanzsektor bis Ende 2011.

Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen EU-Kommission und dem Europäischen Wettbewerbsnetz (ECN) wurde die EU-Kommission im Berichtszeitraum über etwa 158 neue Untersuchungen unterrichtet, die im Jahr 2010 von den einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden eingeleitet wurden. Viele Fälle betrafen die Bereiche Verkehr, Energie, Produktion, Medien und Telekommunikation. Die EU-Kommission gab zwei Stellungnahmen zu Fragen von Richtern aus den Mitgliedstaaten bezüglich der Anwendung der EU-Wettbewerbsregeln ab und übermittelte in drei Fällen aus eigener Initiative schriftliche Stellungnahmen.