11.06.2011

Bundeskartellamt legt Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Kraftstoffe vor

Am 26. Mai 2011 hat das Bundeskartellamt (BKartA) die Ergebnisse seiner vor drei Jahren eingeleiteten Sektoruntersuchung Kraftstoffe vorgelegt. Im Juni 2009 hatte das BKartA bereits einen Zwischenbericht vorgelegt, in welchem die Marktstrukturen im Kraftstoffsektor analysiert, insbesondere verschiedene Marktstufen und Märkte identifiziert und erste Ergebnisse zu deren Funktionsweise dargelegt wurden. In dem nun vorliegenden Abschlussbericht wurden die gewonnenen Erkenntnisse weiterentwickelt und für die vertiefte Analyse der Machtverhältnisse und Kraftstoffpreise genutzt. Die Mineralölwirtschaft ist während der gesamten Untersuchung eingebunden worden.

Bis zum 26. August 2011 nimmt das BKartA Stellungnahmen zu seinem Abschlussbericht entgegen.

Gang der Untersuchung:

Die Sektoruntersuchung des BKartA bezog sich auf sämtliche Marktstufen der Mineralölwirtschaft, d.h. die Produktionsebene (Raffinierung von Kraftstoffen), die Distributionsstufe (Großhandel mit Kraftstoffen) und die Tankstellenmärkte (Einzelhandel mit Kraftstoffen), worauf der Schwerpuntk auf den Tankstellenmärkten lag. Auf den Tankstellenmärkten wurden zwischen den zwei Geschäftsfeldern „Absatz von Kraftstoffen über Straßentankstellen" und „Absatz von Kraftstoffen über Bundesautobahntankstellen" differenziert. Für seine Untersuchung hat das BKartA die Daten aller Preisänderungen vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2010 an insgesamt über 400 repräsentativ ausgesuchten Tankstellen von 19 Mineralölunternehmen in den Großräumen Hamburg, Leipzig, Köln und München - unterschieden nach Otto- und Dieselkraftstoff - erfasst und ausgewertet.

Ergebnisse der Sektoruntersuchung:

Das BkartA geht von der Existenz eines marktbeherrschenden Oligopols der fünf großen Mineralölunternehmen, BP (Aral), ConocoPhilipps (Jet), ExxonMobil (Esso), Shell und Total auf den Tankstellen-Märkten in Deutschland aus. Auf dieses Oligopol entfallen rund 65% des Kraftstoffabsatzes. Hinzu kommt, dass die Kraftstoffmärkte sehr transparent seien und die Unternehmen über ein System der Preisbeobachtung und -meldung verfügen, das zeitnahe Reaktionen auf Veränderungen erst möglich macht. Dadurch wird eine einheitliche Preissetzung an den Tankstellen erreicht. Verstärkt werde dieser Effekt durch wechselseitige Abhängigkeiten in Kraftstoff-Tauschverträgen und die Möglichkeit der Sanktionierung abweichenden Verhaltens. Mit Hilfe der systematischen Beobachtung und der zentral gesteuerten Preissetzung hätten sich im Oligopol präzise Preissetzungsmuster etabliert.

Fazit und Ausblick:

Das BKartA wird künftig nach eigenen Aussagen im Rahmen der Fusionskontrolle eine weitere Konzentration der Tankstellenmärkte verhindern und darauf achten, dass die Oligopolisten ihre Marktmacht nicht missbräuchlich ausnutzen. Darüber hinaus wird die Behörde einige Verfahren einleiten, um konkret nachweisbare Rechtsverstöße aufzugreifen. Im Hinblick auf die oligopolistischen Preismechanismen sollte der Gesetzgeber prüfen, ob Verbesserungen im Sinne der Verbraucher durch regulative Eingriffe erzielt werden können.

Aktuell ist hier bereits in der politischen Diskussion, ein System der Preisüberwachung nach australischem Vorbild einzurichten, wonach die Mineralölkonzerne ihre Kraftstoffpreiserhöhungen melden und mindestens 24 Stunden unverändert lassen müssen.  Alternativ sei ein System erwägenswert (österreichische Tankstellenregeln), wonach Preiserhöhungen nur einmal am Tag möglich, Preissenkungen jedoch unbegrenzt möglich sein sollen. Das Luxemburger Modell (Erhöhungen im Rahmen eines politisch festgelegten Preiskorridors) soll hingegen eher nicht nachgeahmt werden.