19.05.2011

BT-Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung kritisiert EU-Beihilfenkontrolle im Bereich Nanoelektronik

Gemäß einer Pressemitteilung des Bundestags vom 6. Mai 2011 ist ein Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung bekannt geworden, demzufolge die europäische Beihilfenkontrolle als zentrales Hemmnis für eine großzügigere staatliche Unterstützung der Industrie im Bereich Nanoelektronik angesehen werde.

Hintergrund:

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung hatte beim Deutschen Bundestag beauftragt,

die Rolle und die Auswirkungen der EU-Beihilfenkontrolle auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft im Bereich der Nanoelektronik zu analysieren. Gewünscht wurde eine vergleichende Bestandsaufnahme aktueller politischer Maßnahmen in Deutschland, den EU-Staaten, den USA sowie ausgewählten asiatischen Ländern. Diese sollten Basis sein für die Prüfung der Frage, wie die EU-Beihilfenkontrolle die Marktchancen und Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten beeinflusst und welche Maßnahmen gegebenenfalls ergriffen werden sollten, um hier Verbesserungen herbeizuführen.

Arbeitsbericht:

Der vorgelegte 121-seitige Bericht „Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft im internationalen Umfeld im Hinblick auf die EU-Beihilfenpolitik am Beispiel der Nanoelektronik" (BT-Drucksache 17/4982 vom 3. März 2011), dokumentiert die Ergebnisse der Analysen. Wie aus dem Bericht hervorgeht, stehen europäische Unternehmen in der Nanoelektronik unter erheblichem Wettbewerbsdruck und verlieren zunehmend an Boden. So habe der Anteil Europas an der weltweiten Produktion zwischen den Jahren 2000 und 2009 von 15 auf gut zehn Prozent abgenommen. Neben anderen bestimmenden Faktoren, wie z.B. der Nachfrage, der Wissenbasis und der Standortbedingungen,  ist die öffentliche Förderung der Unternehmen in der Nanoelektronik ein wichtiger Umstand, der über die Wettbewerbschancen deutscher und europäischer Unternehmen wesentlich mitentscheidet. Eine zu intensive staatliche Förderung könne zwar auch zu Wettbewerbsverzerrungen und  Subventionswettläufen führen. Angesichts der intensiven Unterstützungspraxis in einigen Ländern (z. B. USA, China, Taiwan) müsse jedoch überlegt werden, neben anderen Maßnahmen auch eine Änderung des EU-Beihilfenrechts in Augenschein zu nehmen, um faire Wettbewerbschancen für deutsche und europäische Unternehmen zu ermöglichen.

Kritisiert werden in dem Bericht die "eher stagnierenden" staatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) in der Nanoelektronik, Abstimmungsprobleme bei den europäischen Forschungsförderungsprogrammen und die Tatsache, dass Projekte mit reiner internationaler Verwertungsabsicht kaum gefördert würden. Der Bericht schlägt zur Verbesserung der Wettbewerbssituation einige Handlungsoptionen vor.

Handlungsoptionen:

Als allgemeine Handlungsoptionen für Verbesserungen in Deutschland nennt der Bericht die Erhöhung der FuE-Ausgaben, die Förderung der Aus- und Weiterbildung, die Verbesserung von Abstimmungs- und Koordinierungsprozessen auf europäischer Ebene, Bemühungen um eine globale Beihilferegelung, die Förderung des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Industrie sowie die Unterstützung der Kooperation industrieller Akteure. Zudem wird auf eine steuerliche FuE-Förderung, eine stärkere Ausrichtung der FuE-Förderung auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen sowie die Sicherung einzelner Produktionsstätten in Europa verwiesen. Zur gezielten Unterstützung der inländischen Nanoelektronik werden unter anderem die Entwicklung einer einheitlichen Strategie, eine stärkere Schwerpunktsetzung bei der FuE-Förderung sowie eine stärkere Innovationsförderung und Prüfung einer Änderung des EU-Beihilferechts genannt. In dem Zusammenhang seien - so der Bericht- verschiedene Änderungen mit jeweiligen Vor- und Nachteilen denkbar. 

Denkbar wäre hier zum einen die Einführung eines sektoralen Beihilferahmens, der spezifische Regelungen für die Nanoelektronik enthält. Dieser Beihilferahmen würde konsequenterweise eine höhere nationale Förderung von Investitionen und der Forschungsinfrastruktur ermöglichen. Alternativ denkbar wären Ergänzungsklauseln

im multisektoralen Regionalbeihilferahmen. Diese könnten explizit Ausnahmen für die Nanoelektronik ermöglichen oder implizit Kriterien beinhalten, die

den Charakteristika der Nanoelektronik entsprächen. Möglich wäre auch eine generelle Erhöhung der Beihilfeintensitäten für Großinvestitionen. Dies würde die Nanoelektronik

nicht gezielt gegenüber anderen Technologien oder Sektoren bevorzugen. Allerdings wäre dies gegenüber dem Ziel, insgesamt weniger sektorale Beihilfe zu gewähren, kontraproduktiv. Schließlich könnte man an eine Entsprechungsklausel im Produktionsbereich analog zum Beihilferahmen für FuE und Innovation denken. Eine

solche Klausel würde es ermöglichen, die Beihilfeintensitäten bei Drittländerwettbewerb zu erhöhen. Allerdings sei die bestehende Regelung im Beihilferahmen für FuE und Innovation derzeit nicht zufriedenstellend. Eine Änderung des EU-Beihilfenrechts sollte mit anderen strategischen Maßnahmen einhergehen, wie zum Beispiel der geplanten Förderung von Schlüsseltechnologien.