04.11.2011
Arbeitspapier der GD Wettbewerb zu den Auswirkungen der vorübergehenden Maßnahmen im Beihilfenrecht in der Finanz- und Wirtschaftskrise veröffentlicht
EU
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https://ec.europa.eu/competition/publications/reports/working_paper_en.pdf |
Die GD Wettbewerb hat am 5. Oktober 2011 ein Arbeitspapier (Staff Paper) mit dem Titel „The effects of temporary State aid rules adopted in the context of the financial and economic crisis" veröffentlicht, das die Auswirkungen der von der EU-Kommission verabschiedeten vorübergehenden Sonderregeln Beihilfenrecht in der Finanz- und Wirtschaftskrise näher untersucht und einige Schlussfolgerungen zieht.
Zunächst stellt das Papier detailliert sämtliche von der EU-Kommission ergriffenen Maßnahmen im Beihilfenrecht in den Jahren 2008 bis Ende 2010 dar. Auf die Schuldenkrise geht das Papier nicht näher ein.
Das Papier kommt zu dem Ergebnis, dass die Beihilfenkontrolle - jedenfalls als kurzfristig wirkendes Instrument - sichergestellt habe, dass die Unterstützungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten effektiv und nachhaltig sein konnten. Dies sei umso bedeutsamer, als die Größenordnung an Unterstützungsmaßnahmen das Potential gehabt habe, massive Wettbewerbsverzerrungen herbeizuführen. Die Mitgliedstaaten hätten in dem Zeitraum mehr als 10 Prozent des EU-BIP verwendet, um die Stabilität der Finanzmärkte wiederherzustellen und die Kreditvergabe an Unternehmen sicherzustellen. Die erhältlichen Marktdaten hätten jedoch gezeigt, dass die Staatshilfen keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation der Finanzmärkte gehabt hätten.
Wesentliches Fazit des Papiers:
- Die speziellen Maßnahmen und Änderungen im Beihilferecht hätten ihre Zielsetzungen erreicht, mussten jedoch noch für das Jahr 2011 aufrechterhalten werden. Die wirtschaftliche Situation in den Mitgliedstaaten hätte ein „Phasing-Out" der krisenbedingten Beihilfemaßnahmen Ende 2010 noch nicht zugelassen. Aus Sicht der Kommission hatte sich der Markt noch nicht soweit stabilisiert, dass ein sofortiges Auslaufen der Sonderregelungen gerechtfertigt gewesen wäre. Gleichzeitig sollte jedoch eine stufenweise Beendigung der befristeten Sonderregelungen sichergestellt werden. Der graduelle Ausstieg aus den Sonderregelung und Unterstützungsmaßnahmen sei durch die Marktsituation der Mitgliedstaaten gerechtfertigt und trage auch dem Umstand Rechnung, dass die Beihilfendisziplin nur vorübergehend gelockert worden sei und man wieder zum normalen Wettbewerbsrahmen zurückkehren müsse.
- Aus diesem Grund sei der „Vorübergehende Gemeinschaftsrahmen" noch einmal um ein Jahr bis Ende 2011 verlängert worden. Allerdings wurden die bisherigen Bestimmungen verschärft. Der verlängerte temporäre Rahmen sieht zwar nach wie vor Maßnahmen vor, mit denen vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen der Zugang zu Finanzierungsmitteln erleichtert werden soll. Bestimmte Beihilfekategorien, wie die bislang bestehende Möglichkeit pauschaler Zuwendungen von bis zu 500000 EUR pro Unternehmen zur Überwindung der Schwierigkeiten im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise, wurden aber nicht mehr umfasst, in anderen Bereichen, wie der Herstellung grüner Produkte oder der Gewährung subventionierter Kreditgarantien, wurden die möglichen Beihilfehöhendeutlich reduziert. Außerdem waren Unternehmen in Schwierigkeiten vom Anwendungsbereich des Rahmens ausgeschlossen.
- Die beihilferechtlichen Sonderregeln für die Rettung von Banken seien bereits schrittweise seit dem Frühjahr 2010 wieder zurückgeführt worden. Diese sollen ebenfalls Ende 2011 auslaufen, wenn die Marktbedingungen dies zulassen. In ihrer Mitteilung »Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der Finanzkrise ab dem 1. Januar 2011« legte die Kommission fest, dass ab 2011 jede Bank, die staatliche Unterstützung in Form von Kapital oder Entlastungsmaßnahmen für wertgeminderte Vermögenswerte erhält, einen Umstrukturierungsplan vorlegen musste. Zuvor galt dies nur für notleidende Banken, und insbesondere dann, wenn sie Unterstützungsmaßnahmen erhielten, die 2 % ihrer risikogewichteten Aktiva überstiegen.
- Daneben hat die Kommission die verfahrenstechnischen Vereinfachungen für kurzfristige Exportkreditversicherungen bis Ende 2011 verlängert.
- Die Beihilfenkontrolle habe sich zwar in der Krise als flexibles und effizientes Instrument erwiesen, allerdings brauche man auf längere Sicht eine effektive Finanzmarktregulierung, um ein Wiederentstehen solcher Krisen auszuschließen.
- Derzeit bereitet die Kommission neue Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen für Banken und für Unternehmen in Schwierigkeiten vor, in die auch die Erfahrungen aus der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise einfließen werden. Das Papier soll nicht zuletzt vor diesem Hintergrund eine Diskussionsgrundlage bieten.