10.05.2011

Almunia (EU-Kommission)“ Staying ahead of the curve in EU competition policy” (Rede)

Der Vizepräsident der EU-Kommission und amtierende Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sprach am 19. April 2011 anlässlich der fünften politischen Abendgespräche beim Global Competition Law Centre des College of Europe zum Thema "Staying ahead of the curve in EU competition policy".

In seiner Rede ging Almunia zunächst auf die Zusagenpraxis der EU-Kommission ein. Die Zusagen („committments") der Unternehmen rechtfertigten sich seiner Meinung dadurch, dass die Kommission, ausgehend von einer Einzelfallbetrachtung, stets die Wettbewerbsprobleme für den ganzen Markt und die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick nimmt. Almunia hat im letzten Jahr einige Zusagen im Energiesektor akzeptiert (EON, ENI, Svenska Kraftnät, EDF), die alle zum Ziel gehabt hätten, die nationalen liberalisierten Märkte weiter zu öffnen. Neben Effizienzgesichtspunkten hätten diese Maßnahmen auch andere öffentliche Zielsetzungen befördert, wie die Versorgungssicherheit. Dies gelte auch für andere Sektoren. So sei eine positive Begleiterscheinung eines beschleunigten Markteintritts von Generika im Pharmasektor beispielsweise ein erschwinglicherer Zugang zum Gesundheitssystem.

Almunia ging dann auf das Verhältnis von Wettbewerbskontrolle und Regulierung ein, die eng verzahnt seien und einander ergänzten. Die Erfahrungen im Telekommunikationssektor hätten die Kommission gelehrt, dass es nicht ausreichend sei, Märkte zu liberalisieren. Vielmehr gingen Regulierung und Wettbewerb „Hand in Hand". Regulierung habe die Telekommunikationsmärkte in den 1990er Jahren geöffnet, und die Wettbewerbsfälle hätten geholfen, die Telekommunikationsmärkte gegenüber neuen Marktzutritten offen zu halten.

Almunia betonte, dass die Koexistenz von Wettbewerb und Regulierung in vielen Sektoren gegeben und notwendig sei, wie z.B. auch im Bereich der Finanzdienstleistungen und der Beihilfenkontrolle. Künftig müsse der Wettbewerbskontrolle noch mehr als bisher eine ergänzende Rolle im Verhältnis zur Regulierung zukommen, um die richtige Funktionsweise von Märkten sicherzustellen.   

Auch die Idee des Binnenmarktes habe - so Almunia - stets auf zwei Säulen gestanden, zum einen auf der Säule „Regulierung", die die Mitgliedstaaten dazu bewegt hätte, ihre Grenzen zu öffnen, und zum anderen auf der Säule „Beihilfenkontrolle", die sicherstelle, dass die Mitgliedstaaten nicht das Funktionieren des Binnenmarktes behinderten. Allerdings müssten die Aktivitäten der Kommission angesichts der Erweiterung der Europäischen Union, der Komplexität der Marktgeschehnisse und angesichts der zunehmenden Fülle von Beschwerden zielgerichteter („more targeted") werden, wenn die Beihilfenkontrolle ihrer Aufgabe auch weiterhin gerecht werden solle. Almunia plant daher, die Regelungen der Beihilfenkontrolle weiter zu vereinfachen und aufzuschlüsseln. Dadurch sollen Ressourcen für die wichtigen Fälle freigesetzt werden, die die Funktionsweise des Binnenmarkts am meisten beeinträchtigten. Almunia fasst dies dahingehend zusammen, dass weniger und klarere Regeln benötigt werden sowie eine stärkere und zielgerichteter Durchsetzung der Regeln („we need less and clearer rules and a stronger and more targeted enforcement"). Der Anfang sei bereits im Banksektor, im Flugverkehr und bei den Postdienstleistungen gemacht.