02.05.2009

Kroes (EU-Kommission): The interface between regulation and competition law (Rede)

Anlässlich der internationalen Konferenz des Bundeskartellamts zum Thema "Marktbeherrschende Unternehmen - Auf schmalem Grat zwischen Regulierung und Kartellrecht" hielt Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am 28. April 2009 einen Vortrag zum Verhältnis von Regulierung und dem Wettbewerbsprinzip („The interface between regulation and competition law).

Frau Kroes plädierte in ihrer Rede für eine arbeitsteilige Anwendung von Regulierung und Wettbewerbsrecht, wobei beide Strategien, wenn erforderlich, sich auch überschneiden dürften. Kroes betonte vor allem die Parallelität der Anliegen, die nicht im Wettbewerb miteinander stünden. Regulierung und Wettbewerbspolitik seien schon ihrem Wesen nach sehr ähnlich. Am Beispiel der aktuellen Finanzkrise sei abzulesen, dass Regulierung und Wettbewerb sich geradezu gegenseitig bedingten. Die fehlende Regulierung im Finanzsektor habe die Krise mit ausgelöst. Langfristig könne das Wettbewerbsprinzip jedoch nicht durch einen staatlich regulierten Finanzsektor („zombie" banks) dauerhaft ersetzt werden.

Das Verhältnis zwischen Regulierung und Wettbewerb werde hauptsächlich durch die Gegebenheiten im jeweiligen Sektor bestimmt. Der Telekom- und der Energiesektor hätten gezeigt, dass das Wettbewerbsrecht allein bei Vorliegen von Marktversagen in der Regel nicht ausreichend sei, tragfähige Wettbewerbsstrukturen herzustellen. Gerade bei infrastrukturellen Problemen sei eine Regulierung das probatere Mittel, um mehr Wettbewerb zu generieren mit der Folge niedrigerer Preise und anderer Vorteile für den Verbraucher. Idealerweise sollte die Regulierung mit durch das allgemeine Wettbewerbsrecht bedingten Eingriffen verbunden werden.

Allerdings weise der Energiesektor im Gegensatz zum Telekomsektor noch kaum funktionierenden Wettbewerb auf. Dies sei teilweise auch auf fehlerhafte Regulierungssysteme oder Durchsetzungsdefizite zurückzuführen. An einer wirklichen und effektiven Entflechtung („Unbundling") führe kein Weg vorbei, will man Missbräuche auf der Ebene der Energienetze dauerhaft ausschließen.

Die konstante Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbsbehörden und Regulierungsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene sei - so Kroes - für den Erfolg einer stabilen Wettbewerbsstruktur besonders wichtig. Die Rolle der Kommission liege darin, eine konsistente Anwendung des Wettbewerbsrechts zu fördern und gemeinsame Regulierungsstrategien auf der Grundlage von Prinzipien des Wettbewerbsrechts sicherzustellen.

Frau Kroes stellte drei Merkmale heraus (der im Telekombereich entwickelte Drei-Kriterien-Test), die kumulativ vorliegen müssten, um eine Regulierung zu rechtfertigen: Erstens müsse der Markt von hohen und nicht durchlässigen Eintrittsschranken gekennzeichnet sein, zweitens dürfe der Markt keine Tendenz zu selbstregelndem Wettbewerb aufweisen, und drittens müsse sich das Wettbewerbsrecht als ungeeignet erweisen, um Marktversagen zu beheben.

Dabei betonte sie, dass die effektivste Regulierung diejenige sei, die Wettbewerbsprinzipien berücksichtige. Das Ziel von Regulierung sei stets selbsttragender Wettbewerb, was mit einem „Phasing-Out" der Regulierung einhergehe, und die Kontrolle durch das allgemeine Wettbewerbsrecht.