30.11.2009

KOM: Veröffentlichung eines Richtlinienvorschlag zur Einführung von Sammelklagen im Kartellrecht wurde zurückgestellt

EU
Kommission
Private Rechtsverfolgung (Private Enforcement)
Sammelklagen

(Quelle: „Kroes scheitert mit Kollektivklage" in FAZ vom 26.10.2009; BDI-Notizen, Oktober 2009, S. 10 f)

Die noch amtierende EU-Kommission wird den für dieses Jahr angekündigten Richtlinienentwurf zur Einführung von kollektiven "Schadenersatzklagen wegen Verletzung des europäischen Wettbewerbsrechts" nicht mehr vorlegen. Es wird nun der nächsten Kommission belassen sein, über eine Veröffentlichung zu befinden. Mit dem Richtlinienentwurf wollte die Kommission Kartellgeschädigten die Möglichkeit geben, grenzüberschreitend kollektive Schadensersatzklagen zu erheben. Gegen den avisierten Vorschlag hatte sich starker Widerstand nicht nur seitens der Wirtschaft, sondern unter anderem auch durch mehrere Ressorts der vorherigen Bundesregierung und der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament, formiert.

Die Kritiker betonten, dass der EU-Kommission für die vorgeschlagenen weitreichenden Änderungen in den Prozessordnungen der Mitgliedstaaten die Kompetenz fehle. Weiter wurde eingewandt, dass viele Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die Rechte der Kartellgeschädigten in den letzten Jahren bereits massiv gestärkt hätten. Als besonders problematisch wurde die Einführung einer „Opt-Out-Verbandsklage" klassifiziert. Nach dieser Klageart wäre der klagende Verband nicht verpflichtet, die durch ihn vertretenen Kartellopfer zu identifizieren; die bloße „Definierbarkeit" der Gruppe hätte für die Zulässigkeit der Klage ausreichen sollen. Auch im Hinblick auf eine Offenlegung von Beweismitteln hatte die Kommission geplant, dass nach dem Ermessen des Gerichtes ganze „Kategorien von Beweismitteln" durch den Beklagten offenzulegen seien. Alles in allem, wurde gegen den Vorschlag, eingewandt, hätten die durch die Kommission vorgeschlagenen Klagemechanismen trotz gegenteiliger Beteuerungen zu viele Parallelen zum missbrauchsanfälligen U.S.- amerikanischen Class Action System aufgewiesen.

Auch das Europäische Parlament hatte sich in seiner Entschließung vom 26. März 2009 mit großer Mehrheit gegen derartige Sammelklagen nach U.S.-amerikanischem Muster ausgesprochen und konkret gefordert, dass die Kommission von „Opt-Out-Klagen" sowie von Beweisregelungen absehen sollte, die auf die Ausforschung von Unternehmensinterna gerichtet seien. Ein weiterer Kritikpunkt des Parlaments bestand darin, dass der Richtlinienvorschlag, nachdem die Rechtsgrundlage lange unklar war, nur auf Art. 83 EG-Vertrag gestützt werden sollte. Dies würde bedeuten, dass das Parlament nicht im Wege der Mitentscheidung über den Vorschlag hätte befinden können. Es bleibt nun abzuwarten, welchen Fortgang das Vorhaben, das mit der Ashurst-Studie und dem Weißbuch aus dem Jahre 2005 seinen Anfang nahm, im nächsten Jahr unter einen neuen Kommission nehmen wird.