08.04.2009

Innsbrucker Symposion 2009 (Kurzbericht)

Das 42. Symposion des FIW hat vom 25. bis 27. Februar 2009 in Innsbruck unter dem Thema "Innovation und Wettbewerb" stattgefunden. Mit mehr als 160 internationalen Teilnehmern aus Wirtschaft, Anwaltschaft und Wissenschaft sowie zahlreichen Vertretern nationaler und internationaler Wettbewerbs- und Patentbehörden, war die Veranstaltung auch in diesem Jahr sehr gut besucht. 

Nach den begrüßenden Worten der FIW-Vorstandsvorsitzenden Margret Suckale, der Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach und Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa wurde der 2-tägige wissenschaftliche Teil der Veranstaltung am Morgen des 26. Februar eröffnet:

  • Der traditionelle Unternehmervortrag wurde in diesem Jahr von Dr. Rüdiger Grube, Chairman of Board der EADS, gehalten. In seinem Beitrag gab Dr. Grube einen umfassenden Überblick über die Entstehung der EADS, die Geschäftsstruktur und Positionierung des Unternehmens im weltweiten Wettbewerb, die gegenwärtigen Herausforderungen und langfristigen Ziele des Unternehmens. Dabei ging Herr Grube im Einzelnen auf die Unternehmenssparten Airbus, Defence & Security, Eurocopter und Military Transport Aircraft ein. In der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise sieht  Herr Grube das Unternehmen, das nach Boeing das zweitgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt ist, gut aufgestellt.
  • Takashi Suzuki, Commissioner des Japan Patent Office, sprach zum Thema "New International IP Collaboration and IP System for Innovation" . Dabei betonte der Commissioner die Notwendigkeit, nationale Patentsysteme im Hinblick auf neue Entwicklungen zu reformieren und anzupassen. Ein neues Gleichgewicht zwischen Nutzungsmöglichkeiten neuer Technologien und der Monopolisierung durch Rechte geistigen Eigentums müsse gefunden werden. Ferner sprach sich Suzuki für mehr Harmonisierung zwischen nationalen Rechtsordnungen und für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den nationalen Patentbehörden aus. Gegenseitige Anerkennungsverfahren führten für Unternehmen zu Kosten- und Zeitvorteilen und förderten damit Innovation.
  • Dr. Bernhard Heitzer, Präsident des Bundeskartellamts, sprach zum Thema "Innovation und Wettbewerb aus kartellrechtlicher Sicht" und betonte in seinem Beitrag die aus ökonomischer Sicht gemeinsame Zielsetzung des Kartell- und Patentrechts, die sich in der Förderung von Innovation und technischem Fortschritts ausdrückt. Heitzer ging im Einzelnen auf zahlreiche Spannungsfelder zwischen dem Patent- und Kartellrecht ein, darunter neuere Entwicklungen wie Patentdickichte und Kreuzlizenzierungen. In einer Gesamtbetrachtung sprach er sich für die Notwendigkeit eines "ökumenischen Ansatzes" zwischen Kartell- und Patentrecht  aus. Nur so ließen sich die Probleme an der Schnittstelle zwischen dem Recht des Geistigen Eigentums und dem Kartellrecht sachgerecht lösen.
  • Dr. Jens Gaster, Europäische Kommission, war kurzfristig für den angekündigten Generaldirektor Philip Lowe eingesprungen und sprach zum Stand der Arbeiten in der EU an einer Reform des europäischen Patentwesens. Gaster kritisierte, dass die gegenwärtige Fragmentierung des Patentsystems nach nationalen Märkten untragbar für einen gemeinsamen Binnenmarkt sei. In seinem Beitrag ging er vor allem auf die Bemühung der EG sowie der Europäischen Patentorganisation (EPO) zur Beseitigung der Mängel des bestehenden europäischen Patentsystems ein und wies darauf hin, dass eine nachhaltige Förderung des Innovationspotentials sowie eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gerade auch vor dem Hintergrund von Finanzkrisen und weltweiter Rezession dringend geboten sei.
  • Pieter Kalbfleisch, Chairman of the Board der Netherlands Competition Authority, sprach in seinem Beitrag zum Verhältnis von Konsumentenwohlfahrt, Innovation und Wettbewerb. Dabei ging er insbesondere auf die Herausforderungen ein, die Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden bei der Missbrauchsaufsicht zu bewältigen haben. Am Beispiel eines jüngeren Falls aus dem niederländischen Telekommunikationssektor zeigte er, dass kurz- und langfristige Konsumenteninteressen oftmals nur schwer miteinander vereinbar sind und eine enge Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden dringend notwendig sei.
  • Professor Dr. Philipp Fabbio, Università Mediterranea di Reggio Calabria, gab in seinem Vortrag einen Überblick über die gesetzlichen Verbote gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Abhängigkeiten im europäischen Vergleich und prüfte, inwiefern derartige Vorschriften heute noch zeitgemäß und vertretbar sind. Im Einzelnen wog er Mittelstands- und Wettbewerbsschutz gegeneinander ab und untersuchte das Verhältnis nationaler Vorschriften zu Artikel 81 und 82 EG.  
  • Professor Dr. Josef Drexl, Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, untersuchte in seinem Grundsatzreferat die Rolle von Immaterialgüterrechten im Wettbewerb und stellte die Frage "Immaterialgüterrechte im Wettbewerb - Förderung von Innovation oder schlimmste Wettbewerbsbeschränkung der Gegenwart?". In seinem Beitrag sprach er einerseits über die Gründe für die Zurückhaltung bei Eingriffen in geistiges Eigentum und diskutierte in diesem Zusammenhang auch, inwieweit eine Anwendung des "more economic approach" auf Rechte des geistigen Eigentums möglich sein kann. Ferner ging er auf die Gründe wachsender Kritik am geistigen Eigentum ein und besprach u.a. die rechtlichen Probleme im Zusammenhang mit "patent trolls" und "patent thickets". Seinen Vortrag beendete er mit einer Besprechung des Supreme Court Urteils zum Fall eBay v. MercExchange.
  •  Dr. Moritz Lorenz, Freshfields Bruckhaus Deringer, sprach zur Beurteilung von Technologietransfervereinbarungen anhand des neuen chinesischen Kartellgesetzes. Dabei gab er einen Überblick über die im chinesischen Recht vergleichsweise weit gestreuten Vorschriften und stellte Bezüge zum europäischen Recht her. Lorenz sieht die Entwicklung des noch jungen chinesischen Wettbewerbsrechts insgesamt auf einem guten Weg.
  • J. Thomas Rosch, Commissioner der Federal Trade Commission, hielt in diesem Jahr die After-Dinner-Speech während des Gesellschaftsabends. In seiner Rede sprach er zur Untersuchung der Europäischen Kommission im Pharmasektor und ihrem hierzu Ende 2008 veröffentlichten Zwischenbericht, in dem diese festgestellt hatte, dass der Wettbewerb in der Pharmabranche nicht ordnungsgemäß funktioniere. In seiner Rede verglich Commissioner Rosch die Mittel und Instrumente der Kommission zur Förderung des Wettbewerbs im Pharmasektor mit denen der Federal Trade Commission.
  • Dr. Christopher Heath, Mitglied der Beschwerdekammer im Europäischen Patentamt, trug zum Thema "Lizenzverträge zischen Geistigem Eigentum und Kartellrecht - Beispiele aus Japan und Taiwan" vor. Heath stellte  den Philips-Fall aus Taiwan vor, dessen Gegenstand die Beurteilung einer angemessenen Stücklizenzgebühr war. Dieser Fall hat Kartell- und Patentbehörden weltweit beschäftigt und verdeutlicht sehr anschaulich, dass Lizenzverträgen heute oftmals eine internationale Dimension zukommt. Daneben ging Heath auf eine weitere Entscheidung aus Japan zu Höchstmengenbeschränkungen ein.   
  • Professor Dr. Meinhard Dreher, hielt einen Vortrag zum Thema "Die Kontrolle des Wettbewerbs in Innovationsmärkten - Marktabgrenzung und Marktbeherrschung in dynamischen Märkten". Dreher gab einen umfassenden Überblick über theoretische Ansätze zur Abgrenzung dynamischer Märkte und Bestimmung von Marktbeherrschung und untermauerte diese Ausführungen mit Fällen aus der Praxis. Kritisch würdigte er den Microsoft-Fall.
  • Javier Ramirez, Legal Director bei Hewlett-Packard Europe, sprach über   Urheberrechtsabgaben "copyright levies" im Binnenmarkt. Schwerpunkte seines Beitrags bildeten dabei praktische Probleme im Zusammenhang mit den Abgaben, wie u.a. die Bestimmung einer angemessenen Abgabenhöhe und die Verteilung der Abgaben, die Unterschiede in den nationalen Pauschalabgabensystemen sowie deren Auswirkungen. Im Ergebnis sprach Ramirez sich für die Etablierung eines so genannten "one-stop-shops" im gemeinsamen Binnenmarkt aus, der viele der angesprochenen Probleme obsolet machen könnte.
  • Philip Collins, Chairman of the Office of Fair Trading, sprach zum Thema "Competition Law and Policy, Innovation and the Economic Crisis".  Vor dem Hintergrund der momentanen Krise warnte er davor, die Wettbewerbsvorschriften zu vernachlässigen. Märkte funktionierten am Besten, wenn ein lebhafter Wettbewerb herrsche. Gerade jetzt sei es wichtig, dass Unternehmen innovativ tätig würden. Als eine höchst schwierige Herausforderung bewertete Collins die Findung von sachgerechten Maßstäben für die Vergabe von staatlichen Beihilfen in der gegenwärtigen Krise. Es sei zweifelhaft, ob Regierungen tatsächlich in der Lage seien, diejenigen Unternehmen zu erkennen, die durch zukunftsorientierte Innovationen künftig die Märkte wieder stimulieren könnten. 
  • Professor Dr. Uwe Canter vermittelte eine ökonomische Perspektive zum Patentschutz. In seinem Beitrag sprach er vor allem über die Anreize, sich in Innovationsprojekten zu engagieren, und zur Dynamik der allgemeinen innovationsgetriebenen technologischen Entwicklungen. Cantner kam dabei zu dem Schluss, dass das momentane Patentsystem ein vergleichsweise einfach konzipiertes Instrumentarium darstelle und sprach sich für ein differenzierteres Regelwerk aus, bei dem die Stärke des Patentschutzes nach Wirtschaftssektoren variieren soll. Ein einheitlicher Patentschutz trage nicht den Bedürfnisses einzelner Wirtschaftssektoren Rechnung und wirke sich bisweilen innovationshemmend aus.
  • Dr. Jürgen Schade, Präsident des Deutschen Patent- und Markenamtes i.R., sprach zum Thema "Geistiges Eigentum und die Zukunft unserer Gesellschaft". Vor dem Hintergrund, dass Wissenschaft und Technik in immer mehr Lebensbereiche dringen und immer mehr Menschen in diesem Bereich tätig sind, wies Schade auf die zunehmend überragend wichtige Bedeutung des Geistigen Eigentums als Bindeglied zwischen Forschung und Entwicklung eines Produktes und dessen anschließender wirtschaftlicher Verwertung hin. Zugleich ging Schade auch auf die Grenzen des Patentschutzes ein und sprach sich dafür aus, dass der Schutz des Geistigen Eigentums dort restriktiver gehandhabt werden müsse, wo stark in den Bereich des Allgemeinguts eingegriffen würde. Als Beispiel nannte er in diesem Zusammenhang die Grundlagenforschung.
  • Dr. Wolfgang Kirchhoff, Richter am Bundesgerichtshof, verglich in seinem Beitrag kartellrechtliche Zwangslizenzen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, des Gericht erster Instanz und des Bundesgerichtshofs. Im Hinblick auf Zwangslizenzen im europäischen Recht untersuchte er neben den Grundsatzurteilen Volvo, Magill, IMS Health  auch das jüngere Microsoft-Urteil. Ob auch dieses Urteil von grundsätzlicher Relevanz oder aber aufgrund der Besonderheiten des Softwaremarktes als Einzelfallentscheidung zu bewerten sei, ließ Richter Kirchhoff unbeantwortet. Dies müsse die Zeit erst noch zeigen. Richter Kirchhoff kam nach einem ebenfalls umfassenden Überblick der deutschen Rechtsprechung zu Zwangslizenzen zu dem abschließenden Ergebnis, dass trotz gemeinsamer Zielrichtung erhebliche Unterschiede zwischen der deutschen und europäischen Entscheidungspraxis bestehen. 
  • Professor Dr. Jan Bernd Nordemann widmete sich Marken- und Patentpools und ihrer rechtlichen Behandlung nach deutschem und europäischem Recht. Dabei ging er auf potenziell wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen von Marken- und Patentpools ein und grenzte kartellrechtsfreie Sachverhalte von solchen ab, bei denen das "Poolen" kartellrechtswidrig ist und sich innovationshemmend auswirkt. Im Einzelnen behandelte er in seinem Beitrag zahlreiche Einzelfragestellung wie u.a. das Co-Branding.

Das 43. Symposion findet vom 17. bis 19. Februar 2010 wieder in Innsbruck statt.