18.09.2009

EuGH-Urteil in Sachen Akzo Nobel erweitert Voraussetzungen für eine Haftung der Muttergesellschaft für Tochtergesellschaft

Mit Urteil vom 19. September 2009 hat der EuGH das Rechtsmittel von Akzo Nobel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz (EuG) aus dem Jahr 2007 zurückgewiesen. Diesem voraus ging eine Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2004, worin diese feststellte, dass mehrere Unternehmen der Akzo Nobel Gruppe ein Cholinchloridkartell gebildet hatten. Der Konzernmutter Akzo Nobel und ihren Töchtern wurde seinerzeit gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 20,99 Millionen Euro auferlegt. Das EuG hatte die Entscheidung der EU-Kommission in vollem Umfang bestätigt.

Auch das Urteil (C - 97/08) des EuGH bestätigt nun, dass die EU-Kommission ein Bußgeld nicht nur gegen das Unternehmen verhängen kann, das direkt eine Zuwiderhandlung nach dem Kartellrecht begangen hat, sondern insbesondere auch gegen die Konzernmutter als Gesamtschuldnerin, sofern diese eine wirtschaftliche Einheit mit ihren Tochtergesellschaften bildet. Dies ist unabhängig davon, ob der Muttergesellschaft eine persönliche Beteiligung an der Zuwiderhandlung nachgewiesen werden kann. Eine wirtschaftliche Einheit im Sinne einer Zurechnung des Verhaltens der Tochtergesellschaft an die Mutter ist dann - so der EuGH - anzunehmen, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt.

Das Gericht geht sogar noch weiter und urteilte, dass wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, eine widerlegliche Vermutung besteht, dass die Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Wirtschaftspolitik der Tochtergesellschaft ausübe. Keine anderen Elemente müssten hinzutreten, um diese Vermutung zu begründen. Die Vermutung kann nur durch einen Nachweis widerlegt werden, dass das Tochterunternehmen auf dem Markt eigenständig auftritt. Der EuGH bestätigt in dem Zusammenhang die recht weite Auffassung des EuG, dass es Sache der Muttergesellschaft sei, dem Gericht alle Angaben in Bezug auf die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft zur Würdigung vorzulegen, die dem Nachweis dienen könnten, dass sie keine wirtschaftliche Einheit bildeten. In einer eigenen Pressemitteilung vom 10. September 2009 hat die EU-Kommission das Urteil begrüßt.