21.12.2009

ECN legt Bericht zur Konvergenz von Kronzeugenprogrammen vor

Das "European Competition Network" (ECN) hatte noch im Oktober einen Bericht unter der Überschrift "ECN Model Leniency Programme - Report On Assessment Of The State Of Convergence" über die verschiedenen Kronzeugenprogramme in den Mitgliedstaaten veröffentlicht. Das ECN ist ein Netzwerk bestehend aus der EU-Kommmission und den Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten. Im Jahr 2006 hatte das ECN eine Modellregelung zu Kronzeugenprogrammen (ECN Model Leniency Programme) entworfen, das als Grundlage für neue Kronzeugenprogramme der Mitgliedstaaten dienen sollte. Zur Zeit verfügen 25 Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über eigene Kronzeugenprogramme. Slowenien wird sein erstes Programm demnächst einführen, lediglich Malta hat bisher kein eigenes Kronzeugenprogramm entwickelt.

Eine Harmonisierung der verschiedenen Kronzeugenprogramme hat bislang nicht stattgefunden. Auch die von der EU-Kommission zunächst angeregte Einrichtung eines "One-Stop-Shops" (eine Anmeldung bei einer zentralen Stelle im System des ECN gilt als Anmeldung mit Wirkung für sämtliche Mitgliedstaaten, die ein Kronzeugenprogramm haben) ließ sich im ECN nicht durchsetzen; an deren Stelle ist die Modellregelung getreten. Die Modellregelung ist nicht verbindlich, sondern es ist den Mitgliedstaaten überlassen, ob und welche Regelungen sie übernehmen wollen. Angesichts unklarer und variabler Behördenzuständigkeiten hängt es allerdings oft vom Zufall ab, ob ein Kronzeugenantrag überhaupt und rechtzeitig bei der richtigen Behörde gestellt wird. In der Regel muss ein Kronzeugenantrag bei jeder Behörde, die für den Fall zuständig sein könnte, einzeln beantragt werden und zwar möglichst gleichzeitig. Dies hat sich in der Praxis als großes Hindernis im Wettlauf verschiedener Antragsteller um einen Geldbußenerlass oder eine Ermäßigung erwiesen.

Wesentliche Befunde des Berichts:

Die meisten Mitgliedstaaten haben ihre Kronzeugenprogramme der Modellregelung angepasst oder - bei neu entworfenen -  die Modellregelung als Grundlage genommen.

Der Bericht untersucht insbesondere den Anwendungsbereich der nationalen Kronzeugenprogramme und die Bedingungen, die vorliegen müssen um erfolgreich einen Antrag zu stellen. Der Bericht untersucht weiter, inwieweit das seinerzeit von der Modellregelung vorgeschlagene "Marker System"  von den Mitgliedstaaten übernommen worden ist und ob die Möglichkeit, einen Antrag mündlich einzureichen, besteht. Verglichen werden auch die Voraussetzungen und Regelungen über die Bußgeldermäßigung.

Für Fälle von Wettbewerbsverstößen, die die EU-Kommission als "best geeignete" Behörde untersuchen sollte, sieht die Modellregelung ein System einer so genannten "zusammenfassenden Anmeldung" (summary application system) vor. Danach soll es ausreichen, dass der Antragsteller den betroffenen Mitgliedstaaten anstelle einer vollständigen Anmeldung, die er bei der EU-Kommission vornimmt, nur eine Kurzbeschreibung der relevanten Fallinformationen zukommen lässt. Dem Bericht zufolge akzeptieren 23 Mitgliedstaaten ein solches System. 17 Mitgliedstaaten akzeptieren mündliche Anmeldungen im Rahmen dieses Systems, 19 Staaten akzeptieren generell mündliche Anmeldungen.

Laut Bericht haben einige Mitgliedstaaten den Anwendungsbereich ihrer Kronzeugenprogramme über den Bereich der Geheimkartelle hinaus ausgedehnt. Einige Staaten sehen strengere Regelungen beim Geldbußenerlass vor als die Modellregelung vorgibt. Die Staatenmehrheit hat die vorgegebenen Schwellenwerte für den Geldbußenerlass übernommen. Einige Programme machen die Kartellbeendigung - anders als die Modellregelung - zu einer zwingenden Voraussetzung. Die meisten Programme fordern einen schriftlichen Antrag, 20 Programme sehen ein "Marker System" vor.