06.10.2008

Kurzbericht zum 47. FIW-Ferienkurs

Der 47. FIW-Ferienkurs fand dieses Jahr in den Räumlichkeiten der Deutschen Bahn in Frankfurt statt. Mit über 50 Teilnehmern war die dreitätige Veranstaltung vom 22. bis 24. September erneut gut besucht. Nach einer kurzen Begrüßung durch Herrn Niels Lau (Geschäftsführer des FIW) eröffnete Herr Professor Dr. Ingo Schmitt, Freie Universität Berlin, die Veranstaltung mit einem Beitrag zu den Entwicklungstendenzen der Wettbewerbstheorie und deren Auswirkungen auf die Wettbewerbspolitik. Dabei spannte er den Bogen von den klassischen Leitbildern der Wettbewerbspolitik wie dem Ordoliberalismus der Freiburger Schule und dem Konzept der Chicago School of Antitrust bis hin zu aktuellen Entwicklungstendenzen des more economic approach.

Der nächste Vortrag, gehalten von Rechtsanwalt Johann Brück von der Kartellrechtskanzlei Hermanns & Brück, widmete sich dem Thema „Kartelle und ihre Verfolgung in der deutschen, europäischen und amerikanischen Kartellrechtspraxis". Neben theoretischen Vergleichen der drei Rechtssysteme vermittelte Rechtsanwalt Brück vor allem einen Einblick in die alltägliche Praxis eines Kartellrechtsanwalts und veranschaulichte seinen Vortrag mit zahlreichen Fällen aus der Kartellrechtspraxis.

Den Nachmittagsteil des ersten Veranstaltungstages eröffnete Rechtsanwalt Dr. Michael Dietrich, Taylor Wessing Düsseldorf, mit einem Vortrag zur Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen. Neben der Analyse verschiedener Fallgruppen, die zu einem Missbrauch i.S.d. Artikel 82 EG oder §§ 19, 20 GWB führen können, beleuchtete Rechtsanwalt Michael Dietrich vor allem denkbare Rechtfertigungsmöglichkeiten, die sich aus der Anwendung des more economic approach ergeben können.

Den letzten Vortrag des ersten Veranstaltungstages hielt Rechtsanwältin Gaby Eickstädt, Latham & Watkins München, zum Thema europäische und deutsche Fusionskontrolle. Nach einer eingehenden Darstellung der Prüfungsmaßstäbe und Prüfungsverfahren für Unternehmenszusammenschlüsse auf europäischer und deutscher Ebene besprach Rechtsanwältin Gaby Eickstädt zahlreiche Beispiele aus der Fallpraxis.

Rechtsanwalt Dr. Peter Niggemann, Freshfields Bruckhaus Deringer Düsseldorf, eröffnete den zweiten Veranstaltungstag mit einem Vortrag über die Chancen und Risiken kartellrechtlicher Schadensersatzklagen im Lichte der aktuellen Entwicklungen. Im Besonderen ging er auf das am 30.06.2008 veröffentliche Weißbuch der Kommission ein und untersuchte das Spannungsverhältnis von schadensersatzrechtlichen Klagen zu Kronzeugenprogrammen sowie die verfahrensrechtliche Bedeutung der Passing-on-Defence.

Im Anschluss referierte Dr. Katrin Roesen, Bundeskartellamt, über mehrfache Sanktionen im internationalen und europäischen Kartellrecht. Dabei diskutierte sie, inwieweit eine bereits erfolgte Sanktionierung in einem Staat Auswirkungen auf die Kartellverfolgung in einem anderen Staat haben kann. Im Einzelnen ging Frau Roesen auf eine mögliche Sperrwirkung für eine weitere Verfolgung sowie denkbare Schranken und Anrechnungsmöglichkeiten bei der Bußgeldbemessung ein.

Professor Dr. Karl Meessen, Rechtsanwalt in Düsseldorf, hielt einen Vortrag zum Thema „Fusionskontrolle in Auslandssachverhalten“. Einleitenden stellte er zunächst beispielhaft dar, welche rechtlichen Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des national anwendbaren Rechts auf Zusammenschlussvorhaben in Auslandssachverhalten zum Tragen kommen können. Im Lichte der völkerrechtlichen Grundsätze der Territorialität von Hoheitsakten, des Wirkungsprinzips und des Einmischungsverbots beleuchtete er im Weiteren, unter welchen Umständen Untersagungen, Teiluntersagungen, Freigaben und Freigaben unter Auflagen in Betracht kommen.

Das Nachmittagsprogramm des zweiten Veranstaltungstages eröffnete Professor Dr. Christian Schmidt-Leithoff, Stuttgart, mit einem Beitrag zu staatlichen Beihilfen und EU-Wettbewerbsrecht. Ausgehend von dem Ziel des EG-Vertrages, eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb zu gewährleisten, stellte Professor Schmidt-Leithoff das europäische System der Beihilfenkontrolle in seinen Grundzügen vor und untersuchte anhand zahlreicher Einzelbeispiele welche staatlichen Beihilfen dazu geeignet sind, den Wettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten zu verfälschen.

Den letzten Vortrag des zweiten Veranstaltungstages hielt Rechtsanwalt Dr. Markus M. Wirtz von der Kanzlei Glade, Michel, Wirtz zu Kronzeugenprogrammen in der Praxis. Neben einer ausführlichen Illustration der Risiken und Chancen, die mit der Stellung eines Kronzeugenantrags für ein Unternehmen verbunden sind, bot der Vortrag vor allem Einblicke in die mit Kronzeugenanträgen verbundene anwaltliche Arbeitspraxis.

In bewährter Tradition hielt zum Abschluss des dreitägigen FIW-Ferienkurses Holger Dieckmann, Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission, einen Vortrag über die Organisation und Entscheidungspraxis der Kommission im EG-Wettbewerbsrecht. Neben einer Darstellung der Organisationsstruktur der Generaldirektion Wettbewerb ging Herr Dieckmann vor allem auf die Instrumente für eine erfolgreiche Kartellbekämpfung ein. Von besonderem Interesse war die Vorstellung des jüngst von der Kommission eingeführten Mechanismus des Direct Settlement, zu dem die Kursteilnehmer zahlreiche Fragen stellten.

Das Rahmenprogramm umfasste auch in diesem Jahr wieder ein geselliges Beisammensein zum Ausklang des ersten Veranstaltungstages. Bei Apfelwein und Frankfurter Spezialitäten hatten die Kursteilnehmer Gelegenheit sich in gemütlicher Atmosphäre auszutauschen.