20.10.2008

Kroes (EU-Kommission): Settlements in cartel cases (Rede)

Die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat am 19. September 2008 auf der jährlichen Wettbewerbskonferenz der International Bar Association in Fiesole einer gemeinsamen Veranstaltung in einer Rede das am 1. Juli 2008 in Kraft getretene neue Vergleichsverfahren kommentiert.

Das Vergleichsverfahren sei – so die Kommissarin - ins Leben gerufen worden, um die Kartellverfolgung noch effizienter durchführen zu können. Damit sei keine „weichere Politik“ eingeläutet oder eine wirkliche Verhandlungslösung beabsichtigt. Ein Vergleich sei vielmehr für solche Unternehmen geeignet, die um die Aussagekraft der von der Kommission gefundenen Fakten wüssten und – gegen ein Anerkenntnis der Haftbarkeit – ein schnelles Verfahren bevorzugen würden und in den Genuss einer 10 prozentigen Bußgeldreduktion gelangen wollten.

Die für das Vergleichsverfahren geänderte Verordnung und erlassene Mitteilung würde die Vergleichsvoraussetzungen hinreichend klar umreißen, so dass die Unternehmen wüssten, was von ihnen gefordert würde. Die Freiwilligkeit des gesamten Systems sei eine zusätzliche Sicherheitsgarantie, dass kein unausgewogener Vergleich zustande käme; keine der Parteien könne zu einem Vergleich gezwungen werden.

Bevor die Kommission ein Vergleichsverfahren anbietet, wird sie sich über folgende Punkte Klarheit verschaffen:
-    die Wahrscheinlichkeit ein gleiches Verständnis von der Faktenlage zu erzielen,
-    den Umfang der Einwände oder der Haftbarkeit
-    die Wahrscheinlichkeit, Verfahrenseffizienzen zu erzielen.

Wie in jedem Verfahren hätten die Unternehmen die Möglichkeit, die Kommission von ihren Argumenten zu überzeugen. Würden die Unternehmen und die Kommission einen Fall – nach relativ kurzer Zeit - gleich bewerten, könnten die Unternehmen so genannte Vergleichsausführungen machen, die das Anerkenntnis ihrer Haftbarkeit und die Feststellung der zu erwartenden maximalen Geldbuße samt des Ermäßigungsbetrags enthielten. Ein Vergleich kommt dann zustande, wenn die Beschwerdepunkte und die Entscheidung der Kommission die Vergleichsausführungen widerspiegelten. Kommt ein Vergleich nicht zustande, könnten die Vergleichsausführungen nicht als Beweis im weiteren Verfahren herangezogen werden.
Die Kommissarin äußerte ihre Hoffnung, dass die Vergleichsmöglichkeiten der Kommission einen effizienteren Umgang mit ihren Ressourcen erlaubten. Die Kommission würde in der Lage sein, kürzere Beschwerdepunkte und kürzere Entscheidungen zu veröffentlichen; dadurch hielte sich auch der Übersetzungsaufwand in Grenzen. Es geht vor allem um Zeitgewinn - idealerweise solle sich die benötigte Zeit um die Hälfte reduzieren.

Nach Ansicht der Kommissarin seien die Vergleichslösung und die Anwendung des Kronzeugenprogramms miteinander kompatibel. Der relativ geringe Bonus bei einem abgeschlossenen Vergleich erkläre sich daraus, dass die Anreize für die Kronzeugenprogramme nicht geschmälert werden dürften.