10.06.2008

EU-KOM veröffentlicht Bericht zur Bewertung der KfZ-GVO

EU
Kommission
Gruppenfreistellungsverordnung
Kraftfahrzeugsektor

https://ec.europa.eu/comm/competition/sectors/motor_vehicles/documents/evaluation_report_de.pdf
m 28. Mai 2008 hat die EU-Kommission den Bericht zur Bewertung der Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 über Vertrieb, Instandsetzung und Wartung von Kraftfahrzeugen (KfZ-GVO), den sie bis zum 31. Mai 2008 erstellen musste, veröffentlicht. Darin untersucht sie die Auswirkungen der GVO auf das Handeln der Industrie und die Auswirkungen auf den Wettbewerb im Kfz-Einzelhandel und Kundendienst in der EU. Dem Bericht sind vier technische Anhänge beigefügt. Im ersten Anhang wird ein Überblick über die Ziele der GVO gegeben, im zweiten Anhang werden die Entwicklungen auf den Märkten für Vertrieb, Instandsetzung und Wartung von Kfz seit dem Erlass der GVO analysiert. Im dritten Anhang legt die EU-Kommission ihre Erfahrungen mit der Anwendung der GVO dar, und im vierten Anhang wird die Analyse des Berichts weiter vertieft.

Insgesamt kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass sich in den letzten Jahren die Wettbewerbsbedingungen sowohl beim Verkauf von Neuwagen als auch im Bereich der Kfz-Reparatur und -Wartung gebessert haben. Dies sei jedoch nicht unbedingt allein das Verdienst der GVO; vielmehr hätten auch externe Faktoren, wie die zunehmende Marktintegration auf EU-Ebene, den Wettbewerb im Automobilsektor verstärkt und für niedrigere Preise gesorgt. Bei der Reparatur und Wartung von Kraftfahrzeugen verfügten freie Werkstätten nun über einen besseren Zugang zu technischen Unterlagen, und die Ersatzteillieferanten hätten ihre Wettbewerbsposition gegenüber den herstellereigenen Vertriebssystemen behaupten können. Als die GVO im Jahr 2002 erlassen wurde, hatte die EU-Kommission eine Reihe branchenspezifischer Probleme identifiziert, die nach einer speziell zugeschnittenen GVO mit ausführlichen Regelungen verlangten; eine Einbeziehung des Kfz-Sektors in die allgemeine Vertikal-GVO kam damals nicht in Frage.

Zurzeit sieht die EU-Kommission keine Anhaltspunkte mehr für ein Marktversagen oder für tatsächliche oder potenzielle Verbrauchernachteile, die den Kfz-Sektor von anderen Branchen unterscheiden. Sie befürchtet vielmehr, dass einige Bestimmungen der GVO
die Vertragsparteien in einer Weise einschränkten, die über das für den Schutz des Wettbewerbs erforderliche Maß hinausgehen. Dies gelte z.B. für die Anwendung
unterschiedlicher Marktanteilsschwellen für selektive Vertriebssysteme und einige Bestimmungen zum Schutz der kommerziellen Interessen von Händlern. Andererseits hätten der Mehrmarkenvertrieb oder die Öffnung neuer Verkaufsstellen zu neuen Anforderungen an die Händler geführt, die den Vertrieb zu Lasten der Verbraucher wieder verteuert hätte.

Der Bericht ist als aktuelle Bestandsaufnahme zu werten; er kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die GVO, die am 31. Mai 2010 auslaufen wird, nicht verlängert werden sollte. Offen bleibt danach, ob es überhaupt noch eine sektorspezifischen Regelung geben wird; sollte es eine solche geben, würde diese sich voraussichtlich an den Inhalten der Vertikal-GVO (Verordnung 2790/1999), die ebenfalls zur Revision ansteht, orientieren. Zunächst hat die EU-Kommission um eine Kommentierung des Berichts bis zum 31. Juli 2008 gebeten.

Die Möglichkeit, die KfZ-GVO den allgemeinen Prinzipien des Wettbewerbs zu unterstellen, könnte eine Chance darstellen, sektorspezifische Regelungen weiter abzubauen. Die Überführung der GVO in das allgemeine Wettbewerbsrecht dürfte aber vor allem für die Händler nicht ganz unproblematisch sein, regelt die GVO doch im Wesentlichen das Kräfteverhältnis zwischen Lieferanten und Händlern. Sollen einzelne Bestimmungen der KfZ-GVO erhalten bleiben, wäre alternativ zu einer Fortsetzung der GVO auch vorstellbar, dass die Vertikal-GVO einen speziellen Teil nur für den Automobilbereich enthielte. Denkbar wäre auch eine Erläuterung in Leitlinien, wie die Vertikal-GVO im Automobilbereich auszulegen wäre. Darüber hinaus ist bereits Parallelgesetzgebung in diesem Bereich in Kraft (VO 712/2007 und Richtlinie 2007/46), die wesentliche Teile der KfZ-GVO (z.B. im Hinblick auf den Zugang zu technischen Informationen) ohnehin obsolet machen.