14.05.2008

BGH (Soda Club II) bestätigt Marktmachtmissbrauch bei Hersteller von Besprudelungsgeräten

Der Bundesgerichtshofs (BGH) hat per Beschluss vom 4. März 2008 (KVR 21/07 – Soda-Club II) den Missbrauchsvorwurf im Wesentlichen bestätigt, den das Bundeskartellamt (BKartA) gegen den Anbieter von Soda-Club-Besprudelungsgeräten erhoben hatte, die zur Unternehmensgruppe Soda-Club (Soda-Club) gehören.

Der Fall:

Soda-Club produziert und vertreibt Besprudelungsgeräte. Mit diesen Geräten kann Sprudelwasser selbst hergestellt werden, indem Leitungswasser mit Kohlensäure versetzt wird. Während das Besprudelungsgerät lange Zeit nutzbar ist, muss der Zylinder ausgetauscht werden, sobald er leer ist. Soda-Club erzielt den größten Teil ihres Umsatzes mit der Befüllung dieser Zylinder. Soda-Club unterhält ein bundesweites Vertriebshändlernetz mit Annahmestellen, bei denen der Kunde leere Kohlensäurezylinder gegen gefüllte umtauschen kann. Die Zylinder überlässt Soda-Club jedoch nur mietweise. Eine Befüllung durch Drittunternehmen verfolgt Soda-Club gegenüber dem betreffenden Endverbraucher, Händler und Abfüllunternehmen als Eigentumsverletzung.

Die Entscheidung:

Der BGH entschied jetzt, dass Soda-Club die Befüllung oder den Tausch der eigenen Gaszylinder auch durch Wettbewerber zulassen und auf diese Möglichkeit auf dem Etikett der eigenen Zylinder hinweisen muss.

Das Bundeskartellamt hatte in dem Verhalten von Soda-Club den Missbrauch einer beherrschenden Stellung auf dem Markt der Befüllung von Kohlensäurezylindern gesehen. Dementsprechend hatte es Soda-Club untersagt, Drittunternehmen an der Entgegennahme, Befüllung oder Weitergabe ihrer "Mietzylinder" zu hindern. Gegen die Zurückweisung der Beschwerde von Soda-Club durch das OLG Düsseldorf hatte sich Soda-Club mit der Rechtsbeschwerde gewandt.

Der BGH ist nun – wie das OLG - davon ausgegangen, dass Soda-Club über eine beherrschende Stellung auf dem Markt für die Befüllung von Kohlensäurezylindern zur Verwendung in Besprudelungsgeräten (unter Ausschluss trinkfertigen Mineralwassers) verfügt.

Weiter hat er in dem Verhalten von Soda-Club (wie auch zuvor das BKartA und das OLG) eine kartellrechtswidrige Behinderung der Wettbewerber gesehen. Das beanstandete System führe dazu, dass die konkurrierenden Abfüllbetriebe systematisch von einer Befüllung der Soda-Club-Mietzylinder ausgeschlossen würden (Behinderungsmissbrauch durch Verdrängung) und der Markt mit Kohlensäurezylindern von Soda-Club im Laufe der Zeit verstopft würde. Denn auf der einen Seite würden die Wettbewerber davon abgehalten, Soda-Club-Zylinder gegen eigene Zylinder zu tauschen; auf der anderen Seite tauschten aber die Vertriebshändler von Soda-Club auch die Kohlensäurezylinder der Konkurrenz gegen eigene Zylinder. Die Eigentumsgarantie (Zylinder nur zur Miete) stehe dem kartellrechtlichen Verbot des Vorgehens gegen Fremdbefüllungen – so der BGH - nicht entgegen.

Die Besonderheiten des Falles:
Der Fall ist zum einen unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Marktabgrenzung bei so genannten Systemprodukten, d.h. Produkten, die im Rahmen eines Systems miteinander verbunden sind und immer wieder zum Einsatz gelangen, interessant. Der BGH stellt klar, dass im vorliegenden Fall nicht auf den Systemmarkt als solchen (Gerät und Befüllung) sondern nur auf den Sekundärmarkt (Befüllung) abzustellen sei. Damit wird die Entscheidung des Kunden für ein bestimmtes Gerät akzeptiert. Der BGH verdeutlicht in dem Zusammenhang ebenfalls, dass der zur sachlichen Marktabgrenzung angewandte Preisheraufsetzungstest (SSNIP-Test) nur eine Modellerwägung sei, die lediglich eine Hilfestellung liefern und im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangen könne.

Zum anderen stellt der BGH klar, dass das Eigentumsrecht dem Kartellrecht unterliegt und die mit der Wiederbefüllung der Soda-Club-Zylinder durch Dritte verbundene Eigentumsbeeinträchtigung vom Eigentümer (Soda-Club) hinzunehmen sei. Dies ist ein weiterer Fall, diesmal nicht aus dem Immaterialgüterrecht, in dem die Ausübung des aus dem Eigentum fließenden Ausschließlichkeitsrechts als missbräuchlich gewertet worden ist. Der BGH erkennt zwar die Ausschlussfunktion des Eigentums grundsätzlich an, zieht jedoch dort die Grenze, wo die Verwendung des Rechts zur Verdrängung von Wettbewerbern genutzt wird.

Des Weiteren weist der BGH darauf hin, dass die Ausgestaltung der Abstellungsverfügung nach § 32 GWB durch das BKartA inhaltlich bestimmt genug war. Trotz der Möglichkeit der Ahndung des Missbrauchs als Ordnungswidrigkeit genüge es, dass sich der Regelungsgehalt der Verfügung – wie auch allgemein bei Verwaltungsakten – aus der Verfügung insgesamt ergebe, insbesondere aus der Begründung. Damit stützt der BGH die weite Interpretation der Vorschrift durch das BKartA.