09.03.2006

USA: Antitrust Modernization Committee diskutiert internationales Wettbewerbsrecht

USA
Antitrust Modernization Committee
Wettbewerbspolitik

https://www.amc.gov/commission_hearings/international_antitrust.htm

Das Antitrust Modernization Committee hat am 15. Februar 2006 fünf Experten zu “International Antitrust Issues” befragt. Ihre Statements sind auf der Website des AMC abrufbar.

Greift eine Wettbewerbsbehörde einen Fall auf, der Bezüge zu einem anderen Land hat und der die Interessen dieses Landes berührt, so ist das völkerrechtliche Prinzip der guten Nachbarschaft oder Rücksichtnahme (comity) zu beachten: Als traditionelle oder negative comity besagt es, dass man bei der Durchsetzung eigenen Rechts auf die Belange des anderen Landes Rücksicht nehmen sollte. Als positive comity verpflichtet es einen Staat, Sachverhalte auf Verlangen eines anderen Landes aufzugreifen, die sich zwar im eigenen Land ereignen, sich aber im ersuchenden Land auswirken.

James R. Atwood (Covington & Burling)

Die Rechtsunterschiede zwischen den USA und Europa sind kostspielig. Es gibt Studien, die dies für die USA auf 1 bis 3 Prozent des Bruttosozialprodukts beziffern. Differenzen gibt es auch im Wettbewerbsrecht (GE / Honeywell, Microsoft).

Die höheren Kosten für die Unternehmen ergeben sich aus der Rechtsunsicherheit bei der Einschätzung internationaler Strategien, aus der Unberechenbarkeit der Abhilfen in den einzelnen Jurisdiktionen, aus dem Forum Shopping und aus höheren Transaktionskosten (Anwalthonorare, staatliche Gebühren). Kosten für die öffentliche Hand werden verursacht durch Zurückhaltung der Unternehmen bei der Inanspruchnahme von Kronzeugenregelungen, durch Doppelarbeit der Wettbewerbsbehörden und durch politische Spannungen als Folge einzelner Entscheidungen, schließlich aus dem Verzicht der Unternehmen auf wettbewerbsförderndes, aber nicht eindeutig zu beurteilendes Verhalten.

Die bilateralen Abkommen der USA mit anderen Ländern sind im Großen und Ganzen erfolgreich gewesen. Bedauerlich ist, dass 12 Jahre nach der Ermächtigung durch den International Antitrust Enforcement Assistance Act (IAEA – the „vowel act“) nur ein einziges Abkommen (mit Australien) den Austausch auch vertraulicher Informationen vorsieht. Schwächen zeigen sich auch, wenn die nationalen Interessen in einem Land sehr auseinander laufen (Boeing / Mc Donnell Douglas, GE / Honeywell). Auch im Bereich einseitigen Verhaltens sind unterschiedliche Beurteilungen eines Falles nicht verhindert worden (Microsoft). Nachteilig ist auch, dass USA und EU noch keine Methode entwickelt haben, um solche Konflikte von vornherein zu entschärfen.

Wichtig wäre es, von anderen Rechtsgebieten zu lernen: Insolvenzrecht, Luftverkehr (open skies agreements), Arzneimittelsicherheit und Konformitätsbescheinigungen bieten hier Anschauungsmaterial für bessere Lösungen. Für das Wettbewerbsrecht wäre zu fordern:

Sollte der Foreign Trade Antitrust Improvements Act (FTAIA) im Lichte des Empagran-Falles geändert werden? Dies wäre nicht der richtige Weg. Der Fall zeigt, dass die Gerichte eine vernünftige Lösung finden können. Es hat sich aber auch erwiesen, wie groß das Potential für Justizkonflikte auf diesem Gebiet noch ist.

Michael D. Blechman (Kaye Scholer)

Mr. Blechman äußerte sich für die Internationale Handelskammer (ICC) und das Business and Industry Advisory Committee der OECD (BIAC):

Die Verschiedenheit der Wettbewerbsrechte bringt erhebliche Nachteile mit sich: Unsicherheit für Unternehmen und höhere Transaktionskosten, ineffizientes Verhalten der Unternehmen, Zurückhaltung bei der Zusammenarbeit mit Behörden, Justizkonflikte und Behinderung der internationalen Verfolgung von Kartellverstößen (dadurch höhere Kosten für den Steuerzahler) sowie politische Unstimmigkeiten.

ICC und BIAC schlagen deshalb vor, die Mechanismen der comity auszubauen:

Professor Eleanor M. Fox (New York University School of Law)

Professor Fox war Mitglied des “International Competition Policy Advisory Committee (ICPAC), das im Jahr 2000 auch Vorschläge für bessere internationale Zusammenarbeit entwickelt hatte. Sie erinnert an einige dieser Vorschläge und ergänzt sie durch neue:

Randolph W. Tritell (FTC) und Gerald F. Masoudi (DoJ)

Die Vertreter der beiden amerikanischen Wettbewerbsbehörden äußerten sich inhaltlich übereinstimmend zu möglichen Änderungen von FTAIA und IAEAA: