18.08.2006

Salinger (FTC): Looking for the Keys under the Lamppost: Insights from Economics into Standards for Unilateral Conduct (Vortrag)

USA
Federal Trade Commission
Marktbeherrschung

www.ftc.gov/speeches/salinger/06731/lookingforthekeys/pdf

Mr. Salinger, Chefökonom der Federal Trade Commission, hat sich in einem Vortrag (6 Seiten) auf einer Konferenz der ABA Section for Antitrust Law, Economics and Section 2 Committees Brownbag am 24. Juli 2006 in Washington mit den Einblicken der Ökonomen in die Standards von missbräuchlichem Verhalten marktbeherrschender Unternehmen befasst. Er gelangt zu dem Schluss, dass die Analysen der ökonomischen Literatur zu theoretisch sind und mehr reale wettbewerbliche Bedingungen berücksichtigen sollten.

Bei der Bewertung des Verhaltens marktbeherrschender Unternehmen als missbräuchlich passieren Fehler, aber der Schaden muss soweit wie möglich begrenzt werden. Bei der Entscheidungstheorie spielen drei Faktoren bei der Analyse von Rechtsstandards eine Rolle:

  1. Was wissen wir über wettbewerbsschädigende Aspekte des Verhaltens und die Theorie, auf der das Wissen über die Wettbewerbsschädigung basiert? Was wissen wir über den Verbrauchernutzen, falls vorhanden, und darüber, wie oft das Verhalten wettbewerbsschädigend ist?
  2. Gibt es wettbewerbsfördernde Nutzungen des Verhaltens? Welcher Art ist der wettbewerbsfördernde Nutzen? Was wissen wir darüber, wie hoch die Gewinne durch das Verhalten sind, falls es wettbewerbsfördernd ist und wie oft ist es wettbewerbsfördernd oder neutral?
  3. Welcher Test identifiziert wettbewerbsschädigendes Verhalten? Welches Risiko besteht, dass der Test wettbewerbsförderndes Verhalten als wettbewerbsschädigend identifiziert oder wettbewerbsschädigendes Verhalten gar nicht erkennt?

Diese Faktoren können zwar nicht alle gemessen werden, da z. B bei Koppelungen oder Bündelungen unklar ist, wie oft es wettbewerbsschädigend wirkt. Daher sind immer noch Werturteile und subjektive Einschätzungen zu formulieren, wenn objektive Maßstäbe nicht zu erhalten sind.

Kampfpreise sind das am besten geeignete Standardmodell für die Beantwortung der gestellten Fragen, wenn auch mit einigen Schwachpunkten. Beim Einsatz von Kampfpreisen muss der Kläger nachweisen, dass diese unter einer bestimmten Kostengrenze liegen und die Bedingungen auf dem jeweiligen Markt Recoupment zulassen. Diese Annahme basiert darauf, dass Preissenkungen zur Wettbewerbsförderung üblich, die Kosten, um Preiswettbewerbe zu entspannen hoch und dass wettbewerbsschädigende Preissenkungen selten sind. Dies gilt insbesondere in Märkten, in denen jeder Versuch, Monopolpreise zu erlangen, zu einem schnellen Eintritt von außen führt.

In anderen Bereichen gibt es keine ähnlichen festen Vermutungen. In der Literatur besteht oft die Annahme, der Marktbeherrscher sehe sich einem bestimmten Wettbewerber gegenüber und es herrscht keine Rechtfertigung für das jeweilige Verhalten. Danach werden Annahmen herausgearbeitet, unter denen das Verhalten zu einem Nash-Gleichgewicht führt. Dies beantwortet nur die erste Frage. Insbesondere zur dritten Frage werden auf diese Art keine Antworten gewonnen.

Mr. Salinger hat die meisten Erfahrungen mit Koppelungen und sieht eine Diskrepanz zwischen der durch die ökonomische und juristische Literatur beschriebenen Theorie und der Praxis. Ein Großteil der Literatur zu dieser Verhaltensweise ist ungenügend. Sie nimmt an, dass Koppelungen zumeist durch Effizienzen gerechtfertigt sind und gibt als Beispiel den Kauf eines Paar Schuhe an. Dieses Beispiel ist unglücklich gewählt, da es den Eindruck erweckt, die meisten Käufer würden ohnehin alle Komponenten erwerben. Oft würden Käufer jedoch bei Koppelungen Komponenten erwerben, die sie nicht kaufen wollten.

Die Literatur zu Lieferverweigerungen ist besser nachvollziehbar. Bei Agenturproblemen entstehen beispielsweise durch Ausschließlichkeitsbindungen Effizienzen, wenn die Verträge zwischen Hersteller und Vertreiber unvollständig sind oder die Eigentumsrechte des Herstellers zu schützen sind. Das Ausmaß des Nutzens ist aber schwer einzuschätzen.

Die Analysen sind bis zum heutigen Zeitpunkt zu theoretisch. Unklar ist, wie viel wir über den wettbewerblichen Nutzen und dessen Umfang in Relation zu den möglichen Alternativen wissen. Bekannt ist, dass bei marktbeherrschenden Unternehmen der Preis über den vermeidbaren Kosten liegen muss. Dennoch wäre es verwunderlich, wenn nicht auch bei Koppelungen und Bündelungen trotz agenturbasierten Effizienzerklärungen nicht bessere Alternativen existieren, die nicht so ausschließend sind.

Bestimmte Verhaltensweisen sollen daher noch mehr unter wettbewerblichen Bedingungen betrachtet werden, um auszuschließen, dass wettbewerbsschädigender Ausschluss vorliegt. Zwar können Juristen nicht immer auf die Wirtschaftswissenschaftler warten, um alle Prinzipien anzuwenden, die notwendig sind, um ein optimales Ergebnis zu erhalten. Dennoch sind Debatten, die die relativen Verdienste des "No economic sense"-Tests, des "Profit sacrifice"-Tests und des "Consumer Welfare" -Tests vergleichen, nicht sehr erhellend, da der geeignete Standard nicht für alle Verhaltensweisen gleich ist.

Mr. Salinger vermutet, dass widerlegbare Vermutungen bezüglich einzelner Verhaltensweisen genutzt werden, die je nach Einzelfall erlaubt oder verboten sind. Das Verständnis der einzelnen Verhaltensweisen ist nicht ausreichend, um es per se ohne eine widerlegbare Vermutung als erlaubt oder verboten zu betrachten.

Um zu unterscheiden, welche Verhaltensweise als erlaubt vermutet wird und welche als verboten, erscheint die Unterscheidung nach Verhaltensweisen sinnvoll, die übermäßig aggressiv sind und solchen, die die Kosten der Mitbewerber steigern. Verdächtig sind etwa Verhaltensweisen, bei denen Lieferanten ihre Kunden bezahlen oder sonstige Anreize bieten, damit sie nicht bei Wettbewerbern kaufen. Ähnlich sollten Ausschließlichkeitsbindungen verdächtig erscheinen, sobald Erwerber etwas dafür zahlen. Wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen etwas für die Exklusivität zahlt, hat es den Effekt, dass es den Käufer dafür zahlt, dass er nicht bei Wettbewerbern kauft. Auch Loyalitätsrabatte sind suspekt, falls sie zur Folge haben, dass eine bestimmte Handelsmenge zu einem Preis unter den vermeidbaren Kosten verkauft wird.