22.06.2006
Neelie Kroes: Drei Vorträge zur Wettbewerbspolitik
EU
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https://www.europa.eu.int/comm/competition |
Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat sich dieser Tage in drei Vorträgen zu verschiedenen Aspekten ihrer Wettbewerbspolitik geäußert.
Am 12. Juni 2006 hat sie in London vor der Competition Law Association die Burrel Lecture gehalten (Challenges to the Integration of the European Market: Protectionism and Effective Competition Policy, 6 Seiten):
In einer globalisierten Wirtschaft müssen sich die Unternehmen restrukturieren. Zusammenschlüsse sind dazu ein geeignetes Mittel. Dieser Vorgang ist zu unterstützen. Dies gilt besonders in Sektoren, die erst vor kurzem liberalisiert worden sind. In einer kleinen Zahl von Fällen haben nationale Regierungen solchen Fusionen Steine in den Weg gelegt. Dies ist aber kein allgemeiner Trend. Man darf diese Entwicklung nicht überschätzen. Die Kommission wird von ihren Instrumenten Gebrauch machen. Durch die Sektoruntersuchung der Energiemärkte ist deutlich geworden, dass es auf der Großhandelebene immer noch ein hohes Maß an Konzentration gibt, das die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher nicht ausreichen, dass der grenzüberschreitende Wettbewerb nicht funktioniert, dass es an Transparenz fehlt und dass sich die Preise nicht im Wettbewerb bilden. Die Kommission gewillt, hier alle Mittel der Fusionskontrolle auszuschöpfen. Sie wird aber auch Artikel 81 und 82 EUV durchsetzen. Konkrete Schritte werden mit dem Energiekommissar verabredet, sobald der endgültige Untersuchungsbericht zu Artikel 82 EUV erschienen ist.
Am 14. Juni 2006 hat Frau Kroes bei der öffentlichen Anhörung zu Artikel 82 EUV einige abschließend Bemerkungen gemacht (Closing Remarks on Public Discussion on Article 82, 3 Seiten):
- Es geht um eine bessere ökonomische Analyse, vor allem aber um eine bessere Definition des einseitigen Verhaltens, gegen das mit Artikel 82 vorgegangen werden soll.
- Besonderer Dank an drei amerikanische Professoren, die anwesend waren und Beiträge geleistet hatten: Elhauge (Harvard), Rubin (American Antitrust Institute), Eleanor Fox (New York University).
- Wie wird man allgemeine Regeln mit Einzelfallgerechtigkeit vereinbaren? Brauchen wir safe harbours und per-se-Verbote? Wie weit soll die ökonomische Analyse getrieben werden? Wer trägt die Beweislast? Verlassen wir uns auf Vermutungen oder muss immer die tatsächliche oder potentielle Wirkung eines Verhaltens festgestellt werden? Wie sollen Effizienzen honoriert werden?
- Zum weiteren Verfahren teilte Frau Kroes nichts mit.
Beim EU Competition Day am 19. Juni 2006 in Wien äußerte sich Frau Kroes ebenfalls zu verschiedenen aktuellen Projekten (Competition Law and its Surroundings – Links and New Trends, 3 Seiten):
- Protektionismus bei Fusionen: s. Burrel Lecture vom 12.6.2006.
- Bei der Verbesserung der Möglichkeiten für private Schadensersatzklagen wegen Kartellverstößen gibt es viele kontroverse Teilthemen: Zugang des Klägers zu Beweismitteln, Mehrfachschadensersatz, Kosten von Prozessen, Auswirkungen auf Amnestieprogramme, Beweislastumkehr auf den Beklagten bei follow-on-Klagen.
- Die USA sollen nicht kopiert werden. Eine europäische Regelung muss einen Mehrwert erbringen. Es muss ein Beitrag zur Wettbewerbskultur geleistet werden.
- Zu Artikel 82 EU wiederholte Frau Kroes im Wesentlichen ihre Bemerkungen aus der öffentlichen Diskussion am 14. Juni 2006 (s. oben).