12.12.2006
Kommission verabschiedet neue Kronzeugenregelung
EU
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https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2006/c_298/c_29820061208de00170022.pdf |
Am 7.12. 2006 veröffentlichte die Europäische Kommission die neue Fassung ihrer Kronzeugenregelung (Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen) vor. Die Kommission ist im Wesentlichen bei ihren Vorschlägen des Regelungsentwurfs geblieben. Die Kronzeugenregelung sieht insbesondere folgende Änderungen im Vergleich zur noch geltenden Regelung vor:
- Nähere Präzisierung der Art von Informationen und Beweismittel, die von dem Unternehmen, das einen Antrag nach der Kornzeugenregelung stellen möchte, zu übermitteln sind. Neu ist die Abgabe einer Unternehmenserklärung für den Fall des Geldbußenerlasses (Ziff. 9a). Die Kommission weist in ihren Anmerkungen (Memo) vom 7.12. darauf hin, dass die für einen Geldbußenerlass notwendigen Informationen und Beweismittel keinesfalls erschöpfend aufgelistet sind. Vorzulegen sind alle relevanten Informationen und Beweismittel.
- Offenlegung der Unternehmensbeteiligung an dem mutmaßlichen Kartell (Ziff. 8, 23).
- Erstreckung der Pflicht des Unternehmens zur qualifizierten Zusammenarbeit mit der KOM auf Anträge auf Ermäßigung der Geldbuße (Ziff. 24 i.V.m. Ziff. 12a). Die Art der Zusammenarbeit ist im Vergleich zum Vorentwurf weiter konkretisiert worden und hat nun "ernsthaft, in vollem Umfang, kontinuierlich und zügig" zu erfolgen. Ernsthaft bedeutet dabei "genau, nicht irreführend und vollständig".
- Erweiterte Kooperationspflicht: Beweismittel dürfen ab dem Zeitpunkt des Erwägens einer Antragstellung nicht von dem Unternehmen vernichtet, verfälscht oder unterdrückt werden; es besteht eine Schweigepflicht über den Antrag (Ziff. 12c, Ziff. 24).
- Möglichkeit zur Fortsetzung des Kartells nach der Antragstellung, sofern dies für den Erfolg der Nachprüfungen erforderlich ist (Ziff. 12b, Ziff. 24).
- Konkretisierung des Begriffs des "erheblichen Mehrwertes", der für eine Ermäßigung der Geldbuße relevant ist. Die in dem Zusammenhang in Ziff. 25 genannten "zwingenden Beweise" sind nach Auffassung der Kommission solche, die unwiderleglich sind und für sich selbst stehen. Ob Beweismittel einen "erheblichen Merhwert" darstellen, möchte die Kommission spätestens zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte darlegen. Qualifiziert sich das Unternehmen nicht für einen Geldbußenererlass, können die beigebrachten Informationen und Beweise ggfls. im Rahmen der Bußgeldbemessung nach den Bußgeldleitlinien eine Rolle spielen.
- Möglichkeit zur Beantragung eines "Markers" nur für den Geldbußenerlass (nicht für eine Ermäßigung). Der Marker soll den Rang des Antragstellers für einen befristeten Zeitraum schützen, in welchem der Antragsteller seine internen Ermittlungen abschließen und die erforderlichen Informationen und Beweismittel zusammentragen kann (Ziff. 14f). Sowohl das "Ob" der Vergabe eines Markers als auch die Frist zur Vervollständigung des Antrags steht im Ermessen der Kommission und soll anhand einer Einzelfallbetrachtung getroffen werden. Generell soll die Frist jedoch nicht zu lang sein. Die Kombination eines Markers mit einem "hypothetischen Antrag" ist aus Sicht der Kommission nicht zweckdienlich, darunter könnten die Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit leiden.
- Keine Bescheidung von Anträgen, die sich auf verjährte Zuwiderhandlungen beziehen (Ziff. 36).
- Einführung eines speziellen Verfahrens zum Schutz von Unternehmenserklärungen im Rahmen der Antragstellung nach dem Kronzeugenprogramm eingeführt (Ziff. 31-35). Dieses soll vor Offenlegungspflichten (discovery) in Schadensersatzprozessen insbesondere in Drittländern schützen.