18.08.2006

Britischer Industrieverband für europäisches Wettbewerbsgericht

Großbritannien
CBI
European Competition Court

https://www.cbi.org.uk

Der Industrieverband Confederation of British Industry (CBI) hat eine Diskussion zur Einrichtung eines europäischen Wettbewerbsgerichts angestoßen. Er möchte damit eine Beschleunigung der juristischen Überprüfungen durch das Gericht erster Instanz erreichen und so die Rechtssicherheit für die beteiligten Unternehmen erhöhen. Das House of Lords hat zu diesem Thema einen Fragebogen veröffentlicht, der an ausgewählte interessierte Parteien zur Auswertung versandt wird. Derzeit müssten Unternehmen, z. B. bei der Untersagung von Zusammenschlüssen, etwa ein Jahr lang bis zu einer Überprüfung einer für sie nachteiligen Entscheidung warten. Durch die Verzögerung drohten grundlegende Funktionsfehler, die Fusionen und Übernahmen beeinträchtigten und somit Europas Wettbewerbsfähigkeit schaden würden. So werde der Zusammenschluss oftmals gar nicht mehr vollzogen.

CBI schlägt nunmehr vor, ein europäisches Wettbewerbsgericht einzurichten, das unterhalb des Gerichts erster Instanz angesiedelt sein soll. Die Vorteile wären nach Meinung von CBI unter anderem, dass die Verfahren maßgeschneidert für die Bedürfnisse der schnellen Überprüfung bei Zusammenschlüssen wären und die Richter sich ausschließlich mit Wettbewerbsrecht beschäftigten. Ein Urteil wäre somit in sechs Monaten möglich. Das Gericht erster Instanz als Berufungsgericht könnte sich dann vorrangig Vorabentscheidungsfragen nationaler Gerichte widmen, deren Anzahl durch die Verordnung 1/2003 steigen werde. Zudem sollte das neu zu schaffende Gericht die Parteien von den derzeit geltenden Vorschriften zur Übersetzung aller Gerichtsdokumente ins Französische befreien können.

Berufungsgericht wäre das Gericht erster Instanz und in Ausnahmefällen könnte der Europäische Gerichthof zuständig sein. Der Prüfungsmaßstab bliebe derselbe, wie ihn jetzt das Gericht erster Instanz anwendet, indem eine juristische Überprüfung der getroffenen Entscheidungen stattfindet, es aber keine eigenen Entscheidungen trifft. Zur Überprüfung, ob die von der Kommission erhobenen Beweise richtig, verlässlich und schlüssig sind und alle Informationen beinhalten, die zur Entscheidung notwendig sind, sollte das Gericht nach Meinung von CBI im Sinne einer qualitativ hochwertigen Rechtsprechung befugt sein.

Das Gericht könnte sich, aus drei Kammern bestehend, aus neun hauptamtlichen Richtern zusammensetzen und sachlich für alle Gebiete des Wettbewerbsrechts bis auf das Beihilferecht, bei dem die Mitgliedstaaten für einen Verbleib beim Gericht erster Instanz plädieren könnten, zuständig sein. Eine solche Zuständigkeitsverteilung käme auch dem Bestreben der Kommission nach einer Stärkung der privaten Rechtsdurchsetzung entgegen.

CBI hält die Beschleunigung der Gerichtsverfahren durch einen European Competition Court vorzugswürdig vor einem "Fast-Track"-Verfahren bei den bestehenden Gerichten, da hier das Übersetzungserfordernis nicht wegfiele, das die Parteien oftmals soviel Zeit und Geld kosten würde, und daher keine nennenswerte Zeitersparnis möglich sei. Durch die Einrichtung eines europäischen Wettbewerbsgerichts würde zudem in den letzten Bereich des europäischen Wettbewerbsrechts die Modernisierung vorangetrieben.