29.09.2005
Pläne des Bundeskartellamtes nach Inkrafttreten der GWB-Novelle
Deutschland
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Eigener Bericht
Herr Andreas Mundt, neuer Leiter der Grundsatzabteilung des Bundeskartellamts (Nachfolger von Herrn Dr. Klocker), hat am 27. September 2005 vor dem Ausschuss für Wettbewerbsordnung des BDI in Berlin über einige aktuelle Vorhaben des Bundeskartellamtes und über einige europäische Entwicklungen berichtet:
GWB-Novelle
- Die Bekanntmachung zu den KMU wird überarbeitet, besonders im Hinblick auf §§ 3 Absatz 2, 32 c GWB (Entscheidung, dass kein Anlass zu Tätigwerden besteht), wobei Ausführungen zum „erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Interesse“ und zur Zwischenstaatlichkeit gemacht werden.
- Die de-minimis-Bekanntmachung wird in Anlehnung an das europäische Recht überarbeitet.
- Beratung der Unternehmen in kritischen Fällen: das Amt wird künftig auf ausführlicheren Angaben als in der Vergangenheit bestehen. Entscheidungen nach § 32 c GWB sollen nur erlassen werden, wenn sie „Leitentscheidungen“ darstellen.
Fusionskontrolle
- Im Bundeskartellamt wird die Bagatellmarktklausel diskutiert, nachdem durch die Staubsaugerbeutel-Entscheidung des BGH und vor allem durch § 19 Absatz 2 Satz 2 GWB feststeht, dass der relevante Markt größer als Deutschland sein kann. Ob dies zwangsläufig auch für einen Bagatellmarkt gelten muss, ist in den Erörterungen im Amt noch offen.
- Die bisherige flexible Praxis des Bundeskartellamts bei Verstößen gegen das Vollzugsverbot kann nicht fortgesetzt werden, nachdem § 41 Absatz 3 GWB in solchen Fällen zur Entflechtung zwingt. Wie dies praktisch zu handhaben ist, wird im Bundeskartellamt diskutiert.
Bußgelder, Bonusregelung
- Das Bundeskartellamt plant Leitlinien zur Bußgeldbemessung.
- Die Bonusregelung soll überarbeitet werden. Im ECN entwirft eine Arbeitsgruppe „best practices“ für Strafmilderungen. Darauf will das Bundeskartellamt aber nicht warten, denn die alte Regelung ist dringend überholungsbedürftig.
- Für internationale Fälle von leniency denkt das Bundeskartellamt an eine Marker-Regelung (Anmeldung unter Mitteilung einiger Einzelheiten, die später ausführlicher dargestellt werden, soll den Zeitrang wahren). Außerdem soll das Unternehmen eine „pro-forma-Anmeldung“ beim Bundeskartellamt einreichen können (neben der Anzeige bei der Kommission), wenn nicht klar ist, wo der Fall am Ende bearbeitet wird (damit hat man in jeder Tür einen Fuß).
Private Rechtsverfolgung
- Im ICN hat das Bundeskartellamt die Führung einer Projektgruppe.
- Die Kommission will zum private enforcement ein Grünbuch vorlegen, das wirklich ergebnisoffen sein soll. Die erste Diskussion mit den Mitgliedstaaten offenbarte viel Skepsis (Einbettung in das allgemeine Schadensersatzrecht wäre unabdingbar, Eingriffe in das Prozessrecht müssten gut bedacht werden). Für die Kommission spielt die passing-on-defence eine große Rolle.
Überprüfung der Anwendung von Artikel 82 EU
- Es gibt ein erstes Papier der Kommission, das bald auch den Interessenten zugänglich sein wird. Ob es ein internes Papier bleibt oder ob daraus Leitlinien entstehen, ist noch nicht entschieden.
- Das Bundeskartellamt hält das Papier für recht gelungen. Das per-se-Prinzip soll nicht aufgegeben werden, aber die Markteffekte werden stärker beachtet (für ihre Feststellung sollte eine gewisse Wahrscheinlichkeit ausreichen, doch könnten die Unternehmen sich rechtfertigen). Die Missbrauchsaufsicht greift massiv in den Markt ein. Dies zwingt zu ökonomischer Fundierung, doch dürfen die Anforderungen nicht zu hoch gesteckt werden. Bei Rabatten empfiehlt sich ein differenzierterer Ansatz als in der Vergangenheit.