19.05.2005
EU: Wettbewerbskommissarin Kroes zur Beihilfenpolitik (Vortrag)
EU
|
https://www.eurpa.eu/comm/competition |
Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat sich in einem Vortrag am 27. April 2005 in Den Haag ausführlich zur Neuausrichtung der Beihilfenpolitik auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung geäußert ("Towards a pro-active competition policy in favour of innovation"):
- Beihilfen sind grundsätzlich nur einzusetzen, um Marktversagen zu korrigieren, wobei man sich auf Bereiche konzentrieren sollte, die für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas von Bedeutung sind. Zwei Beispiele werden angeführt: die Bereitstellung von Risikokapital für kleine und innovative Unternehmen sowie die Entwicklung von Produkten, die den Charakter von öffentlichen Gütern haben (leichte Nutzung und Nachahmung, deshalb wenig Anreiz für private Entwicklung).
- Das Budget der EU beläuft sich nur auf 6 Prozent der gesamten Forschungsausgaben in der Union. Deshalb sind auf diesem Sektor die Mitgliedstaaten besonders gefordert und Beihilfevorschriften sehr wichtig.
Frau Kroes behandelt dann sechs Einzelpunkte:
- Beihilfenregelungen müssen einfacher, klarer und benutzerfreundlicher werden; von Freistellungsverordnungen sollte mehr Gebrauch gemacht werden.
- Die Leitlinien für Forschung und Entwicklung müssen modernisiert werden, und zwar in Übereinstimmung mit dem Beihilfekodex der WTO. Es ist stärker zwischen marktnaher und reiner (Grundlagen-) Forschung zu unterscheiden. Letzteres verdient stärkere Förderung.
- Mehr Investitionen garantieren nicht automatisch mehr Forschungsergebnisse, sondern dafür ist die Gestaltung des Umfeldes ebenso nötig (Ausbildung, Finanzierung, Netzwerke, Verbreitung der Ergebnisse, Technologietransfer).
- Das Verhältnis von privaten und staatlichen Forschungseinrichtungen muss neu untersucht werden. Hochschulinstitute verhalten sich heute fast wie normale Marktteilnehmer. Es ist zu klären, wie die Beihilferegelungen auf solche Sachverhalte anzuwenden sind.
- Die Vorschriften über die Bereitstellung von Risikokapital müssen überdacht werden, um den Zugang zu dieser Finanzierungsmöglichkeit leichter zu machen.
- In den Mitgliedstaaten sind bereits verschiedenen Initiativen in diese Richtung in Gang gekommen. In den USA werden einige Sektoren besonders stark mit öffentlichen Mitteln gefördert: Luftfahrt und Raumfahrt, Kernenergie, Informationstechnologie und Biotechnologie, auch im Rahmen der Verteidigungsausgaben (es bleibt offen, ob Frau Kroes dies auch für Europa empfiehlt). Auf jeden Fall muss vermieden werden, dass mit Beihilfen alte Industrien am Leben gehalten werden, aber der Teufel steckt im Detail, weil Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen diskriminierungsfrei, transparent, objektiv und in Übereinstimmung mit den WTO-Regeln ausgeteilt werden müssen (was offenbar gewisse Grenzen setzt).