02.11.2005

EU: Kommission veröffentlicht Studie über Zusagen in der Fusionskontrolle

EU
Europäische Kommission
Fusionskontrolle
Zusagen

https://www.europa.eu.int/comm/competition/mergers/others/remedies_study.pdf

Am 17. Oktober 2005 hat die Kommission ein Dokument veröffentlicht, das für die weitere Entwicklung der europäischen Fusionskontrolle von erheblicher Bedeutung sein könnte. Es handelt sich um die „Merger Remedies Study“ (172 Seiten und 62 Seiten Anhänge). Die Generaldirektion Wettbewerb hat darin untersucht, wie sich Zuschnitt und Umsetzung von Abhilfen (besonders von Veräußerungszusagen) in der Praxis bewährt haben. Daraus sollen Folgerungen für die Zukunft abgeleitet werden.

Eiligen Lesern ist zu raten, zunächst die ausführliche Zusammenfassung zu studieren (Seite 137 - 171) und sich erst dann den vielen Details der Studie zuzuwenden.

In beiden Phasen der Zusammenschlusskontrolle können die beteiligten Unternehmen wettbewerbliche Bedenken durch „Änderungen“ (Zusagen und andere Abhilfen) ausräumen und dadurch eine Freigabe des Zusammenschlusses durch die Kommission erreichen (Artikel 6 Absatz 2 und 8 Absatz 2 FKVO). Praktische Fragen sind in drei begleitenden Regelwerken behandelt: der Mitteilung von 2001 über zulässige Abhilfemaßnahmen, die Leitlinien von 2003 über „Best Practices“ in der Fusionskontrolle (FIW-Aktuelles vom 9.2.2004) und in den Musterformularen für Veräußerungszusagen und die Einsetzung von Treuhändern von 2002 (FIW-Aktuelles vom 19.8.2002).

Die Methode der Studie

Von 1990 bis 2004 hat die Kommission 2469 Entscheidungen erlassen, darunter 190 Freigaben nach Zusagen (118 in Phase I, 72 in Phase II). Für die Studie ist der Zeitraum von 1996 bis 2002 ausgewählt worden. In dieser Zeit sind 227 Entscheidungen ergangen, davon 91 mit Zusagen. Daraus sind 40 Entscheidungen ausgewählt worden, in denen 96 Abhilfen enthalten sind. Dabei ist auf eine breite Mischung der verschiedenen Typen von Abhilfen, auf die Erfassung der beiden Phasen des Verfahrens und auf möglichst unterschiedliche Wirtschaftszweige Wert gelegt worden. Man hat auch auf die Datenlage Rücksicht genommen. In der öffentlichen Version der Studie werden keine Namen von Unternehmen genannt, sondern alle Fälle sind anonymisiert worden.

Die Untersuchung ist im Einzelnen nicht mittels Marktstudien durchgeführt worden, sondern durch Interviews, die mit Fragebögen vorbereitet worden sind. Sehr oft sind keine Studien über die Auswirkungen von Zusagen verfügbar. Zudem können äußere Einflüsse auf einen Markt das Bild verändern. Meist ist es deshalb sehr problematisch, Aussagen über den hypothetischen Verlauf (ohne die Zusage) zu treffen. Aus diesem Grund wird auch eingeräumt: „Statistical results should be treated as mainly speculative“ (Ziffer 29).

Untersuchte Arten von Zusagen

Die untersuchten 96 Abhilfen teilen sich wie folgt auf:

Die wettbewerblichen Bedenken sind größtenteils horizontaler Natur (80 Prozent), mitunter horizontaler und vertikaler Natur (14 Prozent), seltener allein vertikaler Natur (6 Prozent).

Probleme bei Veräußerungszusagen

In der Studie stehen die Veräußerungszusagen im Mittelpunkt (Veräußerungen und Rückzug aus einem Gemeinschaftsunternehmen). Die 83 Abhilfen dieser Art warfen 194 ernsthafte Probleme auf, die eine Wirksamkeit der Abhilfe in Frage stellen konnten. 135 Probleme (70 Prozent) wurden innerhalb von 3 bis 5 Jahren gelöst, 59 hingegen nicht. Dabei traten hauptsächlich als Probleme auf:

Der durchschnittliche Zeitraum für die Entflechtung betrug 7,6 Monate ab Entscheidung, lag in 60 Prozent bei nur 6 Monaten, war aber beim Ausstieg aus einem Gemeinschaftsunternehmen meist länger. In 30 Prozent der Fälle gab es eine oder mehrere Verlängerungen der Frist.

Wirksamkeit der Abhilfen

Eine detaillierte Untersuchung wurde nicht vorgenommen, vor allem wegen der unzureichenden Datenlage in vielen Fällen und des damit verbundenen hohen Aufwandes. Man hat aber ermittelt, ob nach einiger Zeit der Erwerber noch im Geschäft war:

Bei 56 Abhilfen hat man die Entwicklung der Marktanteile des veräußerten Unternehmens verfolgen können: