13.06.2005
"Aktionsplan staatliche Beihilfen" der EU-Kommission
EU
|
https://www.europa.eu.int/comm/competition |
Dies ist einer der wichtigsten Texte, die die Generaldirektion veröffentlicht hat. Er steht in einer Reihe mit dem Weißbuch über die Reform des Kartellverfahrensrechts vom September 2000 und dem Grünbuch zur Änderung der Fusionskontrollverordnung vom Dezember 2002. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes markiert mit dem "Aktionsplan Staatliche Beihilfen (weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005 bis 2009)" den Schwerpunkt ihrer Amtszeit.
Der Aktionsplan (20 Seiten) ist ein Konsultationsdokument, zu dem jedermann der Generaldirektion bis zum 15. September 2005 eine Stellungnahme einreichen kann. Danach soll die interessierte Öffentlichkeit auch in die Ausarbeitung der einzelnen Vorschläge einbezogen werden.
In Kapitel I (Moderne Beihilfenpolitik) wird die Reform der Beihilfenpolitik in den Dienst der Förderung von Wachstum und Beschäftigung gestellt. Der Anlass für eine gründliche Revision ergibt sich aber nicht nur aus der Lissabon-Strategie, sondern auch aus der Erweiterung der EU und nicht zuletzt aus der zunehmenden Unübersichtlichkeit und Vielzahl der Texte.
Das Reformpaket beruht auf vier Grundlagen:
- Weniger Beihilfen sollen besser ausgerichtet werden,
- die wirtschaftliche Betrachtungsweise wird verfeinert,
- die Verfahren werden effizienter, die Rechtsanwendung wird verbessert, die Berechenbarkeit erhöht und die Transparenz vergrößert,
- Kommission und Mitgliedstaaten teilen sich die Verantwortung für die Verbesserungen.
Das Kapitel II (Konzentration auf das Wesentliche) kündigt konkrete Projekte an, die in Form von Prüfungen oder Erwägungen zur Diskussion gestellt werden. Manches scheint nach den Formulierungen hingegen schon beschlossene Sache zu sein. Im Einzelnen wird aufgezählt:
- Mitteilung zu staatlichen Beihilfen und Innovation noch 2005: was ist notwendig, um die Innovation besser zu fördern?
- Anpassung des Gemeinschaftsrahmens für Forschung und Entwicklung, eventuell die Erweiterung zu einem Rahmen für F + E und Innovation,
- Überarbeitung der Mitteilung über das Risikokapital,
- Einbeziehung der 2006 auslaufenden Freistellungsverordnungen für Ausbildungs- und Beschäftigungsbeihilfen in eine allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung unter Vereinfachung der Regeln,
- Entscheidung der Kommission (Art. 86 Abs. 3 EU) und Leitlinien zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, Anpassung der Transparenzrichtlinie an die Entwicklung der Rechtsprechung,
- Erlass einer allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung: Freistellung bestimmter Beihilfen von der Anmeldung, Leitprinzip ist dabei die Konzentration auf die wettbewerblich schädlichsten Beihilfen; die bestehenden GFVOen (Ausbildung, KMU, Beschäftigung) sollen zusammengefasst werden, F + E-Beihilfen sollen einbezogen werden, während für andere Beihilfeformen Leitlinien besser geeignet sind,
- Prüfung, ob auch Regional-, Umweltschutz- und Rettungsbeihilfen für eine GFVO geeignet sind,
- Erwägung der Freistellung höherer Beihilfebeträge, Erhöhung der Obergrenze für de-minimis-Beihilfen,
- Überprüfung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, Einbeziehung des Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben,
- neue Überlegungen zu den Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen, Möglichkeit der Gruppenfreistellung,
- Prüfung von Leitlinien zur Bereitstellung moderner Infrastruktureinrichtungen im Bereich von Verkehr, Energie, Information und Kommunikation.
Im Kapitel III (Moderne Beihilfenverfahren und Praktiken) stellt die Kommission Änderungen in Aussicht, die das heutige Verfahren vereinfachen und beschleunigen sollen:
- Interne Überprüfung des Verfahrens in der Kommission,
- Herausgabe von Leitlinien für bewährte Praktiken,
- Prüfung, ob in den Mitgliedstaaten unabhängige Behörden für die Überprüfung staatlicher Beihilfen eingerichtet werden sollten,
- bessere Durchführung von Kommissionsentscheidungen: zügige Vollstreckung von Rückforderungsentscheidungen, Vernetzung der Beihilfebehörden oder Kontrollstellen, Kontrolle der Einhaltung von Freistellungsverordnungen,
- mehr Einsatz für die Vertretung wettbewerblicher Belange (advocacy),
- Änderung der Verfahrensverordnung (Konsultationspapier 2007): bessere Nutzung des Internets, automatische Rückforderung nicht angemeldeter Beihilfen, Vertragsverletzungsverfahren, Geldbußen und Zwangsgelder, zusätzliche Untersuchungsbefugnisse für die Kommission, Befugnis zum Erlass von Freistellungsverordnungen auf anderen Gebieten (Beispiel: Kulturerbe),
- Überprüfung einiger Rechtstexte: Mitteilung über die kurzfristige Exportkreditversicherung, der Zinsberechnung bei Rückforderung von Beihilfen und der Leitlinien für Umstrukturierungs- und Rettungsbeihilfen, Mitteilung über die Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Mitteilung über Kinofilme und andere audiovisuelle Werke,
- Konsultationspapier über das den verschiedenen Beihilfearten innewohnende Beihilfeelement (in welcher Form sollten staatliche Beihilfen gewährt werden?),
- Überprüfung der Mitteilung über staatliche Beihilfen in Form von Bürgschaften und im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, ferner Prüfung der weiteren Notwendigkeit der Rahmenbestimmung für Beihilfen an den Schiffbau, Überprüfung der Sonderregelungen für staatliche Agrarbeihilfen.
Am Schluss enthält der Aktionsplan einen Überblick über die zeitliche Verteilung der angekündigten Maßnahmen für den Zeitraum 2005 bis 2009.