19.04.2004
Makan Delrahim (DoJ): Kartellrechtliche Analyse von Linzenzverträgen in den USA und der EU (Vortrag)
USA
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https://www.usdoj.gov/atr/public/speeches |
Mr. Makan Delrahim ist stellvertretender Leiter der Wettbewerbsabteilung im amerikanischen Justizministerium (Deputy Assistant Attorney General, Antitrust Division). Er hat am 1. April 2004 auf der Frühjahrstagung der Antitrust Law Section der American Bar Association in Washington in einem Vortrag die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der amerikanischen und europäischen Wettbewerbspolitik in Bezug auf die Lizenzierung gewerblicher Schutzrechte und Urheberrechte beschrieben ("US and EU Approaches to the Antitrust Analysis of Intellectual Property Licensing: Observations from the Enforcement Perspective"):
Gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte sind für die wirtschaftliche Entwicklung außerordentlich wichtig. Sie sind Anreize für Innovation (fuel to the fire of ingenuity, Thomas Jefferson). Darüber hinaus sichern sie Exporte hochwertiger Güter in andere Länder ab. Deshalb sind aus amerikanischer Sicht auch die Entwicklungen in anderen Teilen der Welt, besonders in Europa, zu beachten.
In den USA gelten die "Guidelines for the Licensing of Intellectual Property" von 1995. Die EU hat soeben die neue Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Verträge mit umfangreichen begleitenden Leitlinien erlassen. Beide Regelwerke stimmen darin überein, dass sie einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (economics effects-based model) folgen.
Delrahim sieht vier Gemeinsamkeiten:
- Beide schaffen einen "sicheren Hafen" für Lizenzverträge.
- Beide behandeln Preisbindungen, Mengenbeschränkungen und Marktaufteilungen unter Wettbewerbern oder im Horizontalverhältnis als schwarze Klauseln (EU) oder Per-se-Verbote (USA).
- Bei der wirtschaftlichen Beurteilung anderer Klauseln werden Vorteile und Nachteile für den Wettbewerb gegeneinander abgewogen.
- Die Parteien müssen selbst beurteilen, ob ihr Vertrag das Kartellrecht verletzt oder nicht.
Es gibt aber auch Unterschiede:
- Die EU trennt scharf zwischen Verträgen unter Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern, während man in den USA mehr auf die Natur der Vertragsbeziehungen und die horizontalen oder vertikalen Beziehungen unter den Parteien abstellt. Dies führt dazu, dass vertikale Beschränkungen in den USA großzügiger beurteilt werden.
- In den USA gilt als Prüffrage, ob ohne den Lizenzvertrag mehr oder weniger Wettbewerb herrschen würde ("but-for" approach). In der EU wird hingegen gefragt, ob es für eine wettbewerbsbeschränkende Klausel nicht eine weniger restriktive Alternative gegeben hätte.
- Bei Patentpools ist die Position der EU ausführlicher in den Leitlinien dargestellt, während man in den USA nur auf einige "business review letters " zurückgreifen kann.
- In den USA wird die Verweigerung einer Lizenz nicht als Kartellverstoß angesehen. Zum einen ist dem Patentinhaber das Recht, mit der Erfindung nach Belieben zu verfahren, garantiert, zum anderen wäre eine Abhilfe problematisch, weil dann die Wettbewerbsbehörde über die Angemessenheit der Lizenz entscheiden müsste. In der EU ist hingegen eine Zwangslizenz durchaus möglich, wenn auch nur unter "außergewöhnlichen Umständen" (Magill).