15.04.2004
Kommisssion beschließt neue Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen
EU
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https://www.europa.eu.int/comm/competition |
Die Europäische Kommission hat am 7. April 2004 die neue "Verordnung über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen" (TT-GFVO) beschlossen. Sie tritt am 1. Mai 2004 in Kraft und ersetzt die alte Gruppenfreistellungsverordnung 240 / 96 vom 31. Januar 1996. Sie gilt bis zum 30. April 2014 (Artikel 11 VO). Altverträge sind bis zum 31. März 2006 an die neuen Vorschriften anzupassen (Artikel 10 VO).
Die TT-GFVO im Überblick:
- Sie gilt für Verträge über die Lizenzierung von Patenten, Gebrauchsmustern, Geschmacksmustern, Halbleiter-Topographien, Schutzzertifikaten für Arzneimittel, Sortenschutzrechten, Software sowie für geheimes, wesentliches und identifizierbares Know-how (Artikel 1.1).
- Freigestellt sind nur Verträge zwischen zwei Unternehmen, nicht hingegen Patentpools (Artikel 2).
- Verträge zwischen Wettbewerbern und zwischen Nicht-Wettbewerbern werden unterschiedlich behandelt. Für die ersteren gilt eine Marktanteilsschwelle von 20 Prozent, für letztere von 30 Prozent (gemeinsamer Marktanteil der Vertragsparteien, Artikel 3).
- Diese Marktanteile dürfen weder auf den betroffenen Produktmärkten noch auf den betroffenen Technologiemärkten überschritten werden (Artikel 3, Artikel 8). Wie diese Märkte zu bestimmen sind, wird in den Leitlinien zur TT-GFVO näher erläutert (Leitlinien 70 ff).
- Der gesamte Vertrag wird nicht freigestellt, wenn er bestimmte Kernbeschränkungen enthält (Artikel 4). Bei Verträgen unter Wettbewerbern sind dies Preisbindungen, Mengenbeschränkungen (jedoch nicht in Bezug auf die Vertragsprodukte), Zuweisungen von Kunden und Märkten (mit einer Reihe praktisch wichtiger Ausnahmen) sowie Einschränkungen des Lizenznehmers bei der Verwertung seiner eigenen Technologie. Bei Verträgen unter Nicht-Wettbewerbern sind ebenfalls Preisbindungen nicht freigestellt (Ausnahme: Höchstpreisklauseln und Preisempfehlungen sind erlaubt), Kunden– und Gebietsbeschränkungen (mit zahlreichen Ausnahmen zugunsten eines Exklusivgebiets des Lizenzgebers und exklusiver Gebiete anderer Lizenznehmer sowie zur Sicherung eines selektiven Vertriebssystems).
- Als "nicht freigestellte Beschränkungen" gelten einzelne Klauseln (über die Folgen dieser Nicht-Freistellung einer Bestimmung für den gesamten Vertrag entscheidet das nationale Recht). Dazu zählen (gleichermaßen für Verträge unter Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerbern) die ausschließliche Lizenzierung von Verbesserungserfindungen des Lizenznehmers an den Lizenzgeber (einschließlich einer Übertragung) und die Nichtangriffsklausel (Ausnahme: Kündigung des Vertrages in einem solchen Fall).
Bleiben Verträge innerhalb dieser Anforderungen der VO, befinden sie sich in einem "sicheren Hafen". Kommissar Monti hat mehrfach, auch noch einmal bei der Vorstellung des neuen Textes, eindeutig versichert, dass keine Vermutung besteht, Verträge außerhalb dieses Rahmens seien von vornherein wettbewerbswidrig (etwa bei Überschreitung der Marktanteilsschwellen). Vielmehr müssen die Unternehmen dann im Einzelfall prüfen, ob die Voraussetzungen des Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrages erfüllt sind. Dies ist eine eigene Prüfung der Parteien, da Verträge nicht mehr bei der Kommission angemeldet werden können (System der Legalausnahme).
Um den Unternehmen diese Einschätzung zu erleichtern, hat die Kommission der VO "Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 auf Technologietransfer-Vereinbarungen" beigegeben. Auf 77 Seiten wird nicht nur die VO erläutert, sondern es werden allgemeine Hinweise zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung aller Technologietransfer-Verträge gegeben. Hier finden sich auch Ausführungen über die Prüfung von Patentpools durch die Kommission.