22.09.2003

Energiewirtschaft: BMWA veröffentlicht Monitoring-Bericht

Deutschland
BMWA
Energiewirtschaft
Regulierung
Monitoring-Bericht

www.bmwa.bund.de/redaktion/inhalte/downloads/monitoring-bericht

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat eine Forderung des Energiewirtschaftsrechts erfüllt und dem Bundestag seinen "Bericht über die energiewirtschaftlichen und wettbewerblichen Wirkungen der Verbändevereinbarungen (Monitoring-Bericht)" vorgelegt. Der Bericht fasst die Erfahrungen mit den Verbändevereinbarungen in den Bereichen Strom und Erdgas zusammen und enthält Vorschläge zur Verbesserung der Netzzugangsregeln und der wettbewerblichen Überwachung in Gestalt einer Regulierungsbehörde.

Ausgangspunkt sind die europarechtlichen Vorgaben. Die EU-Richtlinien für Strom von 1996 und für Gas von 1998 haben die Märkte geöffnet. Deutschland hat sich dabei bekanntlich für den "verhandelten Netzzugang" und damit für Verbändevereinbarungen entschieden. Die beiden Richtlinien sind 2003 durch die EU-Beschleunigungsrichtlinien ersetzt worden, die bis Juli 2004 umgesetzt sein müssen. Eine weitere Richtlinie regelt den grenzüberschreitenden Stromhandel. Die Beschleunigungsrichtlinien schreiben die volle Öffnung der Märkte für alle Kunden (außer Haushalte) vor und verpflichten die Mitgliedstaaten zur Einrichtung nationaler Regulierungsbehörden. Diese Behörden sollen die Methoden für die Berechnung der Netzzugangsentgelte und die Bedingungen für den Netzzugang festlegen und eine ex-post-Aufsicht ausüben. Ferner schreiben die Richtlinien die Entflechtung (Abtrennung) des Netzbetriebes von den übrigen Rechtsbereichen der Energieversorgungsunternehmen vor.

Verbändevereinbarungen

Strommarkt

Gasmarkt

Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen

Für die Umsetzung der EU-Beschleunigungsrichtlinien gelten folgende Maßstäbe: Versorgungssicherheit, leichterer Netzzugang, privatwirtschaftliche Organisation der Energieversorgung trotz Einrichtung einer Regulierungsbehörde, kein bürokratisches Übermaß, Sachverstand der Marktteilnehmer im Regulierungsprozess zu berücksichtigen, neue Regeln müssen Kompromiss zwischen den Interessen aller Marktteilnehmer darstellen und ausreichende Flexibilität ermöglichen.

Dies führt im Einzelnen zu folgenden Empfehlungen:

Netzzugang Strom

  1. Bestandteile der bisherigen Verbändevereinbarung, die dem Ziel eines effizienten Wettbewerbs dienen, sollen auch wesentliche Bestandteile des künftigen Regulierungssystems werden.
  2. Der Grundsatz der rationellen Betriebsführung der VV Strom II plus muss konkretisiert und gegebenenfalls weiter entwickelt werden.
  3. Zur Gewährung der für eine sichere Versorgung notwendigen Netzqualität sind Maßstäbe zu entwickeln und bei der Netzentgeltregulierung zu berücksichtigen.
  4. Transparenz und Liquidität der Regelenergiemärkte sollen erhöht werden.
  5. Wichtige Bestandteile der bisherigen Verbändevereinbarung müssen vor einer Übernahme in den Ordnungsrahmen weiter entwickelt werden.

Netzzugang Erdgas

  1. Das Kontraktpfadmodell der VV Gas II sollte nicht in den künftigen Ordnungsrahmen übernommen werden, weil es zu hohen Transaktionskosten, zur Marktzersplitterung und nicht zu wirksamem Wettbewerb geführt hat.
  2. Wirksamer Wettbewerb würde insbesondere durch netzübergreifende gaswirtschaftliche Regelzonen ermöglicht.
  3. Die Bildung von Regelzonen setzt die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Kooperation voraus.
  4. Die Netznutzungsentgelte sollten aus ortsabhängigen Ein- und Ausspeisekomponenten bestehen.
  5. Bei knappen Kapazitäten sollte die Kapazitätsvergabe nach diskriminierungsfreien Kriterien und transparent erfolgen.
  6. Notwendigkeit und Umfang einer Regulierung des Speicherzugangs sollte sich an der Intensität des Speicherwettbewerbs orientieren.

Novellierung des Ordnungsrahmens

  1. a) Die Gestaltungsspielräume der EU-Beschleunigungsrichtlinie sollten für eine effiziente und möglichst unbürokratische Regulierung genutzt werden.
    b) Im Interesse der Rechtssicherheit für alle Marktbeteiligten und zur Gewährleistung der notwendigen Flexibilität bei der Methodenregulierung sollten Vorgaben aus Gesetz und Rechtsverordnungen sowie die Genehmigung oder Festlegung von Methoden durch die Behörde einander ergänzen.
  2. Die Umsetzung der EU-Beschleunigungsrichtlinien erfordern eine Erweiterung der bestehenden ex-post-Missbrauchsaufsicht.
  3. Die Regulierungsbehörde sollen mit Prüfungs- und Sanktionsbefugnissen die Durchsetzung der EU-Verordnung zum grenzüberschreitenden Stromhandel und der Vorschriften zur rechtlichen und organisatorischen Entflechtung sowie der Rechnungslegungsvorschriften sicherstellen.

Verfahrensfragen

  1. Widerstreitende Entscheidungen unterschiedlicher Behörden im nationalen Rechtsrahmen sollten soweit wie möglich vermieden werden.
  2. Vor dem Hintergrund der sofortigen Vollziehbarkeit von Entscheidungen der Behörde und zur Vermeidung von Rechtswegspaltungen erscheint es sinnvoll, den Rechtsweg für zivilrechtliche Klagen und für Beschwerden der Betroffenen gegen Entscheidungen der Behörde zu vereinheitlichen und für Beschwerdeverfahren den Rechtsweg zu beschleunigen.

Regulierungsbehörde

  1. Die Stelle oder die Stellen, die mit der Aufgabe als Regulierungsbehörde betraut werden, müssen von der Energiewirtschaft vollkommen unabhängig sowie personell und sachlich hinreichend ausgestattet sein.
  2. Zur Gewährleistung einheitlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und wegen der Einbindung in den EU-Rahmen müssen die wesentlichen Aufgaben auf Bundesebene durchgeführt werden.
  3. Der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) sollen die Regulierungsaufgaben für den Strom- und Gasbereich übertragen werden.