24.07.2003
D.P. Majoras (DoJ): A Review of Recent Antitrust Division Actions
USA
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www.usdoj.gov |
Mrs. Deborah Platt Majoras, Deputy Assistant Attorney General in der Antitrust-Abteilung des amerikanischen Justizministeriums (Department of Justice) hat am 12. Juni 2003 auf einer Konferenz der American Bar Association in Washington einen Bericht mit dem Titel „A Review of Recent Antitrust Division Actions“ verteilt. Die “Nummer Zwei” der amerikanischen Kartellbehörde fasst darin ausführlich auf 20 Seiten die Tätigkeiten in den verschiedenen Bereichen zusammen. Der Artikel ist für alle lesenswert, die sich mit den aktuellen Entwicklungen des Wettbewerbsrechts der USA befassen.
Einige Punkte sind von allgemeinem Interesse:
- Die strafrechtliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts wird forciert. Im Jahr 2002 verhängten die Gerichte Gefängnisstrafen von insgesamt 10.000 Tagen (durchschnittliche Verurteilung: 18 Monate). Im laufenden Jahr sind bisher 23 Angeklagte zu insgesamt 6.791 Tagen Gefängnis verurteilt worden. Gegenwärtig beschäftigen sich 40 Grand Juries mit internationalen Fällen und 60 mit einheimischen Fällen. Die wichtigsten Verurteilungen werden im Einzelnen dargestellt.
- Die Kronzeugenregelung führt derzeitlich monatlich zu drei Anzeigen. Bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts hilft aber auch die internationale Zusammenarbeit (besonders bei gemeinsamen Aktionen) und der verstärkte Einsatz von Durchsuchungsbefehlen. Wer bei Gelegenheit einer Selbstanzeige ein zweites Kartell aufdeckt, erhält bekanntlich Straffreiheit (amnesty plus). Weniger bekannt dürfte sein, dass ein Verzicht auf eine solche Aufdeckung strafverschärfend wirkt, wenn das zweite Kartell am Ende doch ans Licht kommt.
- In der Fusionskontrolle sank die Zahl der Anmeldungen von etwa 10.000 im Jahr 2000 auf die Hälfte im Jahr 2001 und halbierte sich 2002 nochmals. Dies liegt nicht nur an der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch an der Herabsetzung der Schwellenwerte des Hart-Scott-Rodino-Acts (Anmeldepflicht ab Gesamtwert von 50 Mio. Dollar statt vorher 15 Mio. Dollar).
- Das Justizministerium ist gegen verschiedene Zusammenschlüsse vorgegangen. Die Vorgänge werden im Einzelnen geschildert. Interessant ist der Fall Northrop Grumman/TRW, bei dem es um die vertikale Integration im Bereich der Herstellung von Beobachtungssatelliten ging: da einziger Kunde das Verteidigungsministerium ist, einigte man sich mit den Unternehmen auf eine Verhaltskontrolle mittels eines vom Verteidigungsministerium zu stellenden Compliance Officers, der bei Verstößen gegen festgelegte Verhaltensmaßnahmen Bußgelder bis zur Höhe von 10 Mio. Dollar verhängen kann.
- Fusionen, die nicht angemeldet werden müssen, kann das DoJ dennoch aufgreifen, was auch geschieht. Zum einen können die Parteien das Projekt vorab mit dem Ministerium erörtern, zum anderen bekommt man Berichte von Kunden und Wettbewerbern oder aus der Wirtschaftspresse. Einige Fälle werden näher dargestellt.
- Besonderes Augenmerk legt das Ministerium auf Verstöße gegen das Vollzugsverbot während der Prüfung eines Zusammenschlusses (gun-jumping). In einem Fall (Gemstar) wurde dabei der Bußgeldrahmen von 11.000 Dollar pro Tag des Verstoßes voll ausgeschöpft.
- Zum Vorgehen gegen Kartellverstöße außerhalb des Strafrechts werden ebenfalls mehrere Fälle erwähnt, darunter die Fälle Microsoft und American Airlines (Preisunterbietung von Konkurrenten auf bestimmten Strecken in Behinderungsabsicht).
- Alle Business Review Letters seit 1968 sind jetzt in Zusammenfassungen (seit 1993 im Volltext) auf der Website des DoJ abrufbar. Sechs kürzlich herausgegebene Letters werden dargestellt.
- Der letzte Teil des Berichts betrifft die Zusammenarbeit mit anderen amerikanischen Behörden (Federal Communications Commission, Department of Transportation) bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts und die internationalen Aktivitäten (International Competition Network).
- Erwähnt wird auch der Fall Empagran/Hoffmann-La Roche, der in Deutschland viel Aufsehen erregt hat. Es geht um die Nachwirkungen des Vitamin-Kartells, das sich besonders in den USA ausgewirkt hat. Reicht dies allein aber aus, um Sammelklagen in den USA zu erheben, wenn Vitamine außerhalb der USA von Nicht-Amerikanern von einem nicht-amerikanischen Unternehmen bezogen worden sind? DoJ und FTC haben hier mit einem amicus brief beim zuständigen Bezirksgericht interveniert und die Auffassung vertreten, dass der Federal Trade Antitrust Improvements Act Privatklagen ausschließt, die nicht auf die Auswirkungen des wettbewerbswidrigen Verhaltens in den USA gestützt werden.