04.11.2002
Monti: Vortrag über die EU-Wettbewerbspolitik
Auf der jährlichen Konferenz der Fordham-Universität in New York hielt Wettbewerbskommissar Mario Monti am 31. Oktober 2002 einen Vortrag, in dem er vor einem hauptsächlich amerikanischen Publikum die gegenwärtige Lage der europäischen Wettbewerbspolitik umfassend darstellte. Einige Aussagen sind festzuhalten:
- Das International Competition Network (ICN), ein Netzwerk von nunmehr 72 Kartellbehörden, hat ein neues Thema in Angriff genommen: „Capacity Building“ (Anmerkung: dies ist ein neues Wort für Entwicklungshilfe, die jüngeren Wettbewerbsbehörden geleistet werden soll). Die Arbeitsgruppe leiten die EU und Südafrika gemeinsam.
- Die bilaterale Zusammenarbeit mit den Wettbewerbsbehörden wird durch Leitlinien über „best practice“ formalisiert (vgl. dazu den gesonderten Bericht auf dieser Webside).
- Der Ministerrat soll am 26. November 2002 die neue Verordnung über das Kartellverfahren („VO 17“) verabschieden.
- Bei der Verfolgung von Kartellen erweist sich die Kronzeugenregelung als überaus wirksam. 2001 hat die Kommission 10 Fälle entschieden und gegen mehr als 50 Unternehmen mehr als 2 Mrd. Euro an Geldbußen verhängt. In diesem Jahr sind es 4 Entscheidungen, darunter als jüngster Fall die Geldbuße von 149 Mio. Euro gegen Nintendo wegen Marktaufteilung.
- Hindernisse für die Verfolgung sind nach wie vor die Einschränkungen bei der Weitergabe geschützter und vertraulicher Informationen. Hier soll im Verhältnis zu den USA über ein neues Abkommen nachgedacht werden, das mehr Austausch erlauben würde.
- In der Fusionskontrolle haben die Entscheidungen des Gerichts erster Instanz der Kommission eine harte Woche (tough week) beschert. Die Verbotsentscheidungen der Kommission in den Fällen Schneider/Legrand und Tetra-Laval/Sidel sind aufgehoben worden. Die Kommission hat dabei die Beweise für ihre ökonomischen Annahmen nicht erbracht. Dies zwingt zu Verbesserungen des Verfahrens, besonders zu einer Stärkung der ökonomischen Analyse.
- Dafür soll der Posten eines Chief Competition Economist geschaffen werden. Er wird dem Generaldirektor zugeordnet, ist unabhängig, wird auf Zeit eingestellt, erhält eigene Mitarbeiter und hilft im Tagesgeschäft mit. Er bringt aber auch unabhängigen Sachverstand in die Generaldirektion ein und soll ein eigenes Urteil zu den Entscheidungsvorschlägen abgeben. Die Einzelheiten müssen noch geregelt werden.
- Bei seinen Aussagen zu Beihilfen ging Monti wieder auf die Beeinflussungsversuche von Politikern ein, denen man widerstehen müsse (diese Passagen sind im verteilten Redemanuskript nicht enthalten). Dies ist seit einigen Wochen ein wiederkehrendes Thema in seinen Vorträgen.