19.08.2002
Europäische Kommission: Standard-Formulare für Veräußerungszusagen in der Fusionskontrolle
EU
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https://europa.eu.int/comm/competition/mergers/legislation/divestiture_commitments/
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Zusammenschlüsse können mitunter nur genehmigt werden, wenn eine Partei oder beide Parteien zusagen, Unternehmensteile zu veräußern und auf diese Weise die Bedenken gegen die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ausräumen. Da der Zeitplan der europäischen Fusionskontrolle gesetzlich vorgegeben und sehr eng ist, könnte es den Beteiligten eine Hilfe sein, wenn sie in der kritischen Phase der Prüfung eines Zusammenschlusses möglichst wenig Zeit mit Formalitäten verbringen müssen und sich statt dessen auf die Sache selbst konzentrieren können. Dies ist der Hintergrund für die Initiative der Kommission.
Die vorgeschlagenen Standardformulierungen für Veräußerungszusagen enthalten im wesentlichen Bestimmungen zu folgenden Punkten:
- Definitionen
- Aufschiebende Wirkung des Zusammenschlusses bis zum Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Käufer über den Veräußerungsgegenstand (im allgemeinen lebensfähiges bestehendes Geschäft, das selbständig tätig sein kann) und Zustimmung der Kommission
- Detaillierte Beschreibung des Inhalts des Veräußerungsgegenstands und etwaiger weiterer Zugaben
- Wettbewerbserhaltende Verpflichtungen der Parteien in Bezug auf den Veräußerungsgegenstand; Trennung des Geschäftsgegenstands vom übrigen Unternehmen; vorübergehende Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs durch die Parteien, die eine Veräußerungsverpflichtung eingehen (nachfolgend: die Parteien)
- Verbot der Abwerbung von Schlüsselpersonal beim Veräußerungsgegenstand für ca. 2 Jahre; Wettbewerbsverbot für Parteien während Start-Up-Phase
- Benennung eines Veräußerungstreuhänders, wenn Parteien innerhalb festgesetzter Frist (ca. 6 Monate) keinen Käufer finden, der innerhalb von 3-6 Monaten Käufer finden muss (ohne Vorgabe eines Mindestpreises)
- Berichtspflicht der Parteien gegenüber Kommission über potentielle Käufer und Fortgang der Verhandlungen
- Expertise und Unabhängigkeit des Käufers
- Käufer kann Betriebspersonal übernehmen und von Namensliste auswählen
- Einsetzung von Treuhändern (Überwachungs- und Veräußerungsmandate) nach vorheriger Zustimmung der Kommission; Pflichten der Treuhänder (Kommission hat direktes Weisungsrecht); Zusammenarbeit zwischen Parteien und Treuhänder (Haftungsfreistellung des Treuhänders; Treuhänder kann auch auf Kosten der Parteien Berater engagieren) und Treuhänder und Kommission
- Abberufung des Treuhänders durch Kommission oder nur mit Zustimmung der Kommission
- Überprüfungsrecht der Kommission (Kommission kann Veräußerungsphase verlängern und auch - ausnahmsweise - Bedingungen und Verpflichtungen der Veräußerungszusage ändern).
Die Standardklauseln sollen "best practice" wiedergeben. Sie sind nicht bindend, doch werden die Unternehmen gut beraten sein, sich an den Rahmen, der einmal etabliert ist, zu halten. Deshalb sollten sich Unternehmen und Anwälte der Mühe unterziehen, die Entwürfe der Kommission innerhalb der gesetzten Frist zu kommentieren.