04.09.2002
EU-Kartellverfahrensrecht (VO 17): Verhandlungen im Ministerrat
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Quelle: BDI Brüssel
In der Ratsgruppe wird mit Hochdruck versucht, bis zum Industrierat am 26.11. die Voraussetzungen für eine Verabschiedung der Verordnung zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 EGV niedergelegten Wettbewerbsregeln zu schaffen. Noch bestehen 99 Vorbehalte der Mitgliedstaaten, die in den kommenden Monaten abgearbeitet werden müssen.Im September soll das Dossier erstmalig auf die politische Ebene des AStV gehoben werden. Bis dahin wird ein Arbeitspapier vorliegen, in dem Kompromisslösungen aufgezeigt werden. Strittig sind vor allem noch die Ermittlungsbefugnisse der Kommission und die Beweislastumkehr. Einzelpunkte:
- Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts (Art. 3) wird von der großen Mehrheit der MS akzeptiert, nur D und F lehnen ihn ab. Ob es zu dem Kommissionstext (ausschließliche Geltung des EU-Kartellrechts, wenn „Vereinbarungen...geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen...") weitere Kompromissangebote geben wird, ist noch offen. Im Rat wird erwartet, dass beide Länder am Ende wohl auf ihre Einwände verzichten müssen.
- Als Gegenleistung hofft D auf eine Streichung von Art. 28, mit dem sich die Kommission gemäß Art. 81 Abs. 3 EGV zum Erlass von Gruppenfreistellungsverordnungen nach Art. 81 Abs. 1 EGV ohne Beteiligung des Rates ermächtigen lassen will. Erste Einlassungen der MS lassen erkennen, dass die Opposition gegen eine Stärkung der Kommissionskompetenz erheblich ist.
- Das geplante Register für wettbewerbsbeschränkende Verträge („Böge-Liste", Art. 4) wird außer von der KOM und D von niemanden unterstützt und hat keine Chance.
- Bei der Bußgeldbemessung gegenüber Unternehmensvereinigungen (Art. 22) tragen bei Nichteinbringen der Geldbuße von der Unternehmensvereinigung und den Unternehmen, die im Beschlussgremium der Unternehmensvereinigung vertreten sind, die übrigen Mitgliedsunternehmen, die dann in der Ausfallhaftung sind, die Beweislast für ein Nichtmitwirken am Verstoß, ein Nichtwissen von dem Verstoß bzw. aktives Widersprechen.
- Gegen die völlige Abschaffung des Anmelde- und Genehmigungszwangs wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen erhebt sich in der Ratsgruppe kein Widerspruch. Das EP hatte im Interesse eines dringenden Bedürfnisses der Wirtschaft letzten Jahr noch vorgeschlagen, bei erheblichen finanziellen Risiken oder bei neuen Fragen des EU-Wettbewerbsrecht förmliche Feststellungsentscheidungen durch die Kommission vorzusehen. Im Rat herrscht klar die Auffassung vor, dass es keine Ausnahmen vom Regimewechsel geben sollte.