10.10.2002

Bericht über den 41. Ferienkurs vom 7. bis 9 Oktober 2002 in Köln

FIW
Ferienkurs 2002

An dem Ferienkurs, der wiederum in den Räumen des Instituts stattfand, nahmen rund 60 Studenten, Referendare sowie jüngere Anwälte und Unternehmensjuristen teil.

Prof. Ingo Schmidt, FU Berlin

Professor Schmidt hielt den traditionellen Einführungsvortrag über Stand und Entwicklungstendenzen der Wettbewerbstheorie und Auswirkungen auf die Wettbewerbspolitik.

Der Ordoliberalismus mit seinem Leitbild der vollständigen Konkurrenz war nach dem 2. Weltkrieg zunächst die herrschende Theorie, die sehr stark die Schaffung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beeinflusst hat. Kartellverbote und Fusionskontrolle gehen darauf zurück. Es folgte dann die Kontroverse zwischen Prof. Kantzenbach und Prof. Hoppmann. Während Kantzenbach das weite Oligopol als Idealzustand propagierte, vertrat Hoppmann ein auf der Freiheit aufgebautes Leitbild ökonomischer Vorteilhaftigkeit, das auf Hajek zurückging. Aus den USA stammten dann die Lehren der Chicago School, verbunden mit den Namen Bork, Posner, Stigler und Demsetz: freies Spiel der Kräfte, langfristige Wirkungen des Marktmechanismus, Wichtigkeit des leichten Marktzutritts (contestable markets), großzügige Beurteilung von Fusionen, aber hartes Verbot horizontaler Preisabsprachen.

Eine aktive Wettbewerbspolitik ist nach Prof. Schmidt notwendig, weil allein das Spiel der Marktkräfte, so wichtig es ist, zur Korrektur von Fehlentwicklungen nicht immer ausreicht.


Dr. Hans-Martin Feldkamp, Bayer AG, Leverkusen

Dr. Feldkamp referierte über die Verfolgung von Kartellen in Deutschland, Europa und den USA. In den USA ist die Ahndung von Kartellverstößen in den letzten Jahren sehr viel effektiver geworden. Die Gesamtsumme der Bußgelder hat sich drastisch erhöht. Mehrere leitende Mitarbeiter von Unternehmen sind zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Viele Fälle betreffen ausländische Unternehmen. Zu diesen neuen Entwicklungen hat die Kronzeugenregelung beigetragen, die dem ersten kooperierenden Unternehmen Straffreiheit in Aussicht stellt. Auch die Europäische Union hat eine solche Regelung eingeführt. Neben der Verhängung von Kriminalstrafen oder Geldbußen ist ein Unternehmen, das gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat, auch schadensersatzpflichtig. Dies stellt vor allem in den USA ein bedeutendes zusätzliches Risiko dar.

Angesichts dieser Tendenzen empfiehlt es sich für jedes Unternehmen, Vorsorge zu treffen. Dies geschieht durch „compliance programmes“. Mitarbeiter in Marketing, Vertrieb und Einkauf müssen geschult werden. Aber auch andere Maßnahmen liegen nahe, etwa die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle im Unternehmen, der die Mitarbeiter vertrauliche Informationen über verdächtige Beobachtungen mitteilen können.


RA Dr. Harald Kahlenberg, CMS Hasche Sigle, Stuttgart und Brüssel

Dr. Kahlenberg stellte die europäische und die deutsche Fusionskontrolle ausführlich dar. Dabei ging er zunächst auf die Rechtsgrundlagen und auf die Abgrenzung der europäischen von der deutschen Fusionskontrolle ein. Dies geschieht durch Schwellenwerte. Verweisungen von der einen zur anderen Ebene sind möglich und werden vor allem im Verhältnis von Europa zu den nationalen Kartellbehörden in den letzten Jahren zunehmend praktiziert. Dr. Kahlenberg stellte dann die Anmeldeverfahren in Europa und Deutschland dar, die zweistufig ausgestaltet sind und aus einer ersten Prüfung (1 Monat) und einer 2. Phase mit einer vertieften Prüfung (Europa 4 Monate, Deutschland 3 Monate) bestehen. Es gibt im Einzelnen manche Unterschiede (Anmeldezwang in Europa, aber nicht in Deutschland: der Zusammenschluss darf aber erst vollzogen werden, wenn er vom Bundeskartellamt freigegeben worden ist). Dr. Kahlenberg ließ in seinen Vortrag zahlreiche praktische Erfahrungen einfließen und zeichnete ein lebendiges Bild vom Umgang der Anwälte mit den Kartellbehörden in Bonn und Brüssel.


RA Daniela Seeliger, Linklaters, Köln

Frau Seeliger behandelte das Thema Internet und Kartellrecht. Internetplattformen können in mehrfacher Hinsicht wettbewerbsrechtliche Probleme aufwerfen. Zum einem betrifft dies die horizontale Zusammenarbeit von Unternehmen, die solche Plattformen selbst betreiben oder sich ihrer bedienen. Hier geht es vor allem um die Verhinderung des Austauschs von Marktinformationen, aus denen jeder das Verhalten der anderen ersehen oder erschließen kann (Gefahr abgestimmten Verhaltens). Ein anderes Problem ist die Öffnung der Plattformen für andere Interessenten (keine Ausschlusswirkung). Schließlich ist auch das Fusionsrecht betroffen, wenn sich Plattformen zusammenschließen. In allen Fällen spielt die Bestimmung des relevanten Marktes (Markt der Produkte, Markt der Plattformen) eine wichtige Rolle, doch haben die Kartellbehörden dies meist offen lassen können. Leitentscheidung in Deutschland ist der Fall Covisint.

In einem zweiten Teil erörterte Frau Seeliger den Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen über das Internet im Zusammenhang mit selektiven oder exklusiven Vertriebssystemen. Es geht um die Frage, in welchem Umfang es der Hersteller eines Produktes in der Hand hat, bei den verschiedenen Vertriebsarten (Handelsvertreter, Eigenhändler, Vertriebssysteme) den Vertrieb über das Internet sich selbst vorzubehalten oder ganz auszuschließen.


RA Dr. Martin Sura, Lovells, Düsseldorf

Dr. Sura stellte das neue Vergaberecht im GWB dar. Die wirtschaftliche Bedeutung ergibt sich aus der Feststellung der Kommission, wonach das Volumen der öffentlichen Aufträge in Europa 720 Mrd. Euro beträgt. Die Marktöffnung ist hingegen nur sehr unvollkommen. Deutschland liegt mit einem ausländischen Anteil von nur 5 % an den inländischen Aufträgen an letzter Stelle.

Bis 1994 war das Vergaberecht verwaltungsintern, allerdings nach EU-Vorgaben geregelt. Es fehlte aber an ausreichendem Rechtsschutz. Dies galt auch für die anschließende haushaltsrechtliche Lösung. Erst mit der 6. GWB-Novelle ist dieses Rechtsgebiet vollständig EU-konform ausgestaltet worden (Aufnahme als 4. Abschnitt in das GWB). Seither wird eine Fülle von Rechtsfragen diskutiert.

Im materiellen Recht gibt es die Auslegungsprobleme beim Begriff des öffentlichen Auftraggebers (dies kann auch ein privates Unternehmen sein, das Daseinsvorsorge betreibt) und beim Begriff des öffentlichen Auftrages (dies kann auch Privatisierungsvorgänge einschließen). Das Verfahren wird von den Grundsätzen der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und des wirtschaftlichsten (nicht unbedingt des billigsten) Angebotes beherrscht.

Neu eingeführt ist der Rechtsanspruch auf die Einhaltung der Bestimmungen des Vergabeverfahrens. Daran knüpft der Rechtsschutz an. Vergabekammern und Vergabesenate sind dafür ausschließlich zuständig. Das Verfahren muss schnell ablaufen, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden, denn ein Rechtsmittel löst zunächst eine Vergabesperre aus. In Eilverfahren ist eine Entscheidung binnen 5 Wochen erhältlich. Enge Fristen kennzeichnen deshalb das Hauptverfahren vor den Vergabekammern, deren Entscheidung die Vergabesenate bei den Oberlandesgerichten überprüfen. Der Bundesgerichtshof kann von den Senaten über eine Divergenzvorlage angerufen werden. Dies ist aber selten. Der Streitwert ist verhältnismäßig hoch (5 % der Auftragssumme). Bei rechtswidrigen Vergaben kann der benachteiligte Bieter Schadensersatz verlangen. Das negative Interesse ist leicht nachzuweisen (Kosten des Verfahrens), das positive Interesse hingegen sehr viel schwerer (Kausalität zwischen Vergabeverstoß und entgangenem Zuschlag ist kaum darstellbar).


RA Ute Zinsmeister, Ashurst Morris Crisp, Brüssel

Frau Zinsmeister sprach über dezentrale Anwendung des EG-Kartellrechts , die durch ein Weißbuch der Kommission vorbereitet worden ist und mit einer Verordnung umgesetzt werden soll, deren Verabschiedung noch in diesem Jahr erwartet wird.

Es geht um die Zusammenarbeit der Kommission mit den nationalen Kartellbehörden (dazu gibt es bereits eine Mitteilung der Kommission von 1997), aber als neues Thema auch um die Kooperation der nationalen Behörden untereinander, die es heute erst in Ansätzen gibt. Wie dies im Einzelnen geregelt wird, ist offen, da abschließende Texte noch nicht existieren.

Die Kommission will Fälle an sich ziehen können, die von den nationalen Behörden betrieben werden. Unter welchen Voraussetzungen dies geschehen soll, wird noch verhandelt. Die nationalen Behörden bestehen hier auf Information und Konsultation, die Kommission möchte möglichst frei handeln können.

Schwierig wird es, wenn ein Kartellverstoß von mehreren nationalen Behörden aufgegriffen worden ist. Die Kommission ist dann nicht verpflichtet, ihn an sich zu ziehen. Die parallele Ermittlungstätigkeit mehrerer Behörden belastet aber die Unternehmen und bringt die Gefahr abweichender Entscheidungen mit sich. Auch ist ungeklärt, ob die Entscheidung einer nationalen Behörde Wirkungen in anderen Ländern entfalten kann.

Die Regelung in der geplanten Verordnung geht davon aus, dass die am besten plazierte Behörde den Fall übernehmen soll. Offen ist, welche dies sein soll. Davon hängt aber ab, nach welchen Verfahrensregeln die Verfahren ablaufen, wobei besonders die Kronzeugenregelung und das Anwaltsprivileg in den einzelnen Ländern durchaus unterschiedlich ausgestaltet sind. Auch ist zu beachten, dass in manchen Ländern (Großbritannien, Irland, Dänemark, Frankreich) Kartellverstöße strafrechtlich geahndet werden können. Im Übrigen haben nationale Rechtsmittel meist aufschiebende Wirkung, während dies bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der Kommission (Geldbußen) nicht der Fall ist.


Prof. Christian Schmidt-Leithoff, TU Dresden

Prof. Schmidt-Leithoff erläuterte die europäische Beihilfenkontrolle gegen die Gewährung nationaler Beihilfen (Artikel 87, 88 EU-V). Nach dem Subventionsbericht 2001 der Bundesregierung erreichen die Subventionen in Deutschland einen Betrag von 58 Mrd. Euro. Die Schätzungen privater Institute liegen noch weit höher. Dies stellt ein ordnungspolitisches Problem ersten Ranges dar: Wettbewerb oder Staatskapitalismus? Die Gewährung von Beihilfen ist immer staatliche Industriepolitik, meist mit negativen Konsequenzen, was sich an einigen Insolvenzen ablesen lässt.

Die Grundregel über Beihilfen enthält Artikel 87 Abs. 1 EU-V. Zentraler Begriff ist die Begünstigung, die mit Hilfe des „private investor test“ entschieden wird. Durch Schwellenwerte werden Bagatellfälle eliminiert.

Artikel 87 Abs. 2 EU-V zählt Beihilfen auf, die von der Kommission genehmigt werden müssen (Verbraucherbeihilfen, Katastrophenbeihilfen, Beihilfen wegen der Teilung Deutschlands). Abs. 3 nennt Beihilfen, die von der Kommission genehmigt werden können (Beispiele: Regionalbeihilfen, sektorale Beihilfen als wichtigste Fälle).

Die Kontrolle ist in Artikel 88 EU-V geregelt. Bestehende Beihilfen (Altfälle) unterliegen ihr nicht, wohl aber neue Beihilfen. Sie müssen grundsätzlich der Kommission notifiziert werden. Nach einer Vorprüfung findet das Hauptverfahren statt. Das Verfahren bewirkt eine Auszahlungssperre. Unerlaubte Beihilfen müssen zurückgezahlt werden. Der Vertrauensschutz kann dafür nach der Rechtsprechung bisher nicht in Anspruch genommen werden.


Prof. Jürgen Ensthaler, Universität Kaiserslautern

Prof. Ensthaler gab einen Überblick über die soeben in Kraft getretene neue Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz-Vertrieb.

Die Hersteller müssen künftig wählen, ob sie ein selektives oder ein exklusives Händlersystem etablieren wollen. Beim selektiven System kann der Hersteller die Zahl der Händler beschränken und ihnen auch Standorte zuweisen, aber der Händler darf sich frei in der gesamten EU betätigen und auch Filialen gründen. Beim selektiven System erhält der Händler ein Vertriebsgebiet, das ihm vorbehalten bleibt. Er darf aber den „grauen Markt“ (einschließlich Supermärkte) beliefern. Auf diese Weise versucht die Kommission, die Vertriebsgebiete aufzubrechen und Parallelhandel zu ermöglichen.

Jedem Händler ist der Vertrieb auch anderer Marken gestattet. Man erwartet, dass künftig neben Premium-Marken auch billigere Marken von denselben Händlern angeboten werden. Es gibt keine Verkaufsziele und Zuteilungen oder Bonusregelungen mehr. Jeder Händler kann alle verfügbaren Fahrzeugtypen bei seinem Hersteller bestellen. Die Händler können künftig ihre Fahrzeuge in alle Teile der EU liefern.

Kundendienst und Vertrieb dürfen künftig getrennt sein. Ein Händler muss nicht selbst eine Reparaturwerkstatt unterhalten, sondern kann mit einer freien Werkstatt einen Vertrag abschließen. Diese Werkstatt muss der Hersteller autorisieren, aber bei der Erfüllung der Kriterien hat der Werkstattinhaber darauf einen Anspruch. Es gibt mithin keine quantitative Beschränkung der Werkstätten mehr.

Jeder Händler kann mit Leasinggesellschaften Lieferverträge schließen. Sie werden mithin als Endkunden betrachtet. Dies schafft Konkurrenz zu den Leasingfirmen der Hersteller.


Dr. Horst Greiffenberg, Monopolkommission, Bonn

Dr. Greiffenberg gab zunächst einen kurzen Überblick über die Arbeit der Monopolkommission. Sie wurde 1974 eingerichtet, um die mit der 2. GWB-Novelle eingeführte Fusionskontrolle wissenschaftlich zu begleiten. Inzwischen sind andere Aufgaben hinzugekommen. Die Monopolkommission hat 5 Mitglieder, die jeweils für vier Jahre bestellt werden. Organisatorisch ist sie jetzt an das Bundeskartellamt angeschlossen.

Mit der Handwerksordnung hat sich die Monopolkommission im 12. Hauptgutachten kritisch auseinandergesetzt. Die HWO schreibt für die Ausübung von 94 Berufen die Eintragung in die Handwerksrolle vor. Dafür ist der Große Befähigungsnachweis (Meisterprüfung) Voraussetzung. Wer selbst keinen solchen Nachweis hat, muss für seinen Betrieb einen qualifizierten Meister einstellen.

Diese Regelung wird mit dem Argument des Verbraucherschutzes verteidigt. Dem Kunden wird durch die Meisterprüfung Qualität garantiert. Anderenfalls würde er sich nur am Preis orientieren, was zu einem niedrigeren Qualitätsniveau führen müsste. Diese Grundannahme ist nicht richtig. Die Kunden haben sehr wohl Erfahrungen, welche Handwerker zuverlässig arbeiten. Meist wird auch gar nicht der Meister selbst, sondern ein Angestellter tätig. Bei schneller technischer Entwicklung sagt die Meisterprüfung über den Wissensstand wenig aus. Spätere Prüfungen wären hier viel sinnvoller. Ferner haben Kulanz, guter Service usw., die den Erfolg eines Betriebes garantieren, nichts mit der Meisterprüfung zu tun. Bei Gefahren-Handwerken würde statt der Meisterprüfung eine kontrollierte Fortbildung ausreichen.

Das zweite Argument ist der Schutz gegen ruinöse Konkurrenz. Richtig ist, dass Wettbewerb für einige Marktteilnehmer das Ausscheiden aus dem Markt bedeuten kann. Dies ist aber systemgerecht. Es fördert und belohnt die beste Leistung.

Schließlich wird die Ausbildungsleistung des Handwerks angeführt. Es werden über den eigenen Bedarf hinaus junge Leute ausgebildet. Dies ist wünschenswert und erfordert einen gewissen Schutz vor Konkurrenz, weil damit Kostennachteile verbunden sind. Die Monopolkommission ist deshalb der Auffassung, dass für die Ausbildung der Große Befähigungsnachweis Voraussetzung sein sollte, nicht aber für die Berufsleistungen.

Europarechtlich stellt die HWO eine Inländerdiskriminierung dar, denn Ausländer können unter erleichterten Voraussetzungen ihre Handwerksleistungen bei uns anbieten. Es besteht aber wenig Hoffnung, dass diese Benachteiligung deutscher Mitbewerber auf absehbare Zeit beseitigt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar eine liberalere Regelung für möglich gehalten, das gegenwärtige System aber für verfassungskonform gehalten. Der Europäische Gerichtshof kann deutsches Recht nur für auf Ausländer nicht anwendbar erklären, nicht aber völlig beseitigen.


Holger Dieckmann, Europäische Kommission, Brüssel

Herr Dieckmann sprach über Organisation und Tätigkeit der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission. Es handelt sich um eine echte Wettbewerbsbehörde mit Eingriffsbefugnissen. Sie hat rund 600 Mitarbeiter, davon sind allein 130 in der Beihilfenkontrolle tätig. Die einzelnen Abteilungen sind an den Wirtschaftssektoren orientiert. Neuerdings sind zwei Abteilungen mit etwa 40 Mitarbeitern für die Verfolgung von Kartellverstößen eingerichtet worden.

Die Kommission hat eine Wende in der Wettbewerbspolitik eingeleitet, die dazu führen soll, dass sie sich auf das Wesentliche konzentrieren kann und von Verwaltungstätigkeiten, die für den Wettbewerbsschutz unbedeutet sind, entlastet wird. Dies erscheint möglich, weil es nun in allen EU-Ländern funktionierende Wettbewerbsbehörden gibt, die zu einem Netzwerk verbunden werden können. Im Mittelpunkt der Reformen steht die Verbesserung der ökonomischen Analyse, etwa bei der Feststellung von Marktmacht. Dieses Denken prägt vor allem die neuen Gruppenfreistellungsverordnungen, aber auch die Änderung der Fusionskontrollverordnung wird davon beeinflusst.

Beim Kampf gegen Kartelle hat sich die Kronzeugenregelung als sehr wirksam erwiesen (dies wurde im Ferienkurs ausführlich diskutiert). Sie führt zur Aufdeckung von immer mehr Kartellen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Beobachtung der liberalisierten Märkte (Telekom, Post, Energie), denn die früheren Monopolisten sollen nicht durch ihr Gewicht den erwünschten Wettbewerb verhindern können. Besondere Probleme stellen sich beim Zugang zu Netzwerken.

In der Fusionskontrolle zielen die Reformen auf Ausweitungen bei der Zuständigkeit der Kommission, auf das Kriterium der Marktbeherrschung als ausschlaggebenden Kontrollmaßstab, auf die Verweisungen von Fällen von der Kommission an die nationalen Behörden und umgekehrt sowie auf Verbesserungen des Verfahrens, etwa im Zusammenhang mit Zusagen der fusionierenden Unternehmen.

Die internationale Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren besonders gut entwickelt. Die EU hat Abkommen mit den USA und Kanada. Unter diesen Kartellbehörden ist der Kontakt sehr rege. Dies liegt auch im Interesse der Wirtschaft, denn bei Fusionen ist anzustreben, dass es nicht zu divergierenden Entscheidungen kommt. Dies kann nur durch enge Kooperation erreicht werden. Im weiteren Umfeld bemühen sich die Welthandelsorganisation WTO und das International Competition Network um weltweit einheitliche Grundsätze des Wettbewerbsrechts (best practice).