04.03.2021

U.S.-amerikanisches Kartellrecht: Tendenzen unter der Biden-Administration

USA
Biden-Administration
DOJ
FTC
Attorney General

Presse- und Zeitschriftenartikel, think tanks (pars pro toto):

https://www.reuters.com/article/usa-biden-antitrust/biden-eyes-ex-obama-staff-to-tackle-big-tech-and-other-antitrust-issues-idUSL4N2JR07D

https://www.reuters.com/article/us-usa-biden-antitrust-exclusive-idUSKBN29O2PT

https://www.concurrences.com/en/review/issues/no-1-2021/on-topic/the-new-us-antitrust-administration-en

https://equitablegrowth.org/research-paper/restoring-competition-in-the-united-states/ 

Die Entwicklungen im U.S.-amerikanischen Kartellrecht unter der Biden-Administration werden in großem Maße davon abhängen, wer neuer Justizminister wird und wer als Assistant Attorney General der Kartellrechtsabteilung im amerikanischen Justizministerium vorstehen wird. Als Justizminister hat Biden bereits Merrick Garland vorgeschlagen, seine Ernennung muss jedoch noch vom Senat bestätigt werden (vgl. z. B. https://www.cnbc.com/2021/03/01/merrick-garland-attorney-general-nomination-advances-in-the-senate.html). Für den Assistant Attorney General ist noch keine Entscheidung erfolgt, jedoch wird spekuliert, dass es sich um eine Persönlichkeit handeln könnte, die bereits unter Obama in der Antitrustabteilung des DOJ oder in der Federal Trade Commission (FTC) tätig war. 

Es ist bereits jetzt absehbar, dass sich die Kartellbehörden weiterhin auf eine verstärkte Überprüfung von großen Tech-Unternehmen, aber auch Pharmaunternehmen und Life-Science Unternehmen setzen werden. Dabei werden die FTC und das DOJ insbesondere im Big-Tech-Sektor Fusionen besonders in den Fokus rücken. Anwälte und Wissenschaftler rechnen damit, dass die neue Verwaltung versuchen werde, die Übernahme aufstrebender Konkurrenten durch große Unternehmen zu blockieren. Die Biden-Administration werde die bereits unter Trump begonnenen Ermittlungen gegen die Big-Tech-Unternehmen Google, Facebook, Amazon und Apple fortführen und vermutlich intensivieren. Das FTC hatte bereits im Dezember 2020 Facebook wegen seiner Monopolstellung verklagt und das DOJ Google im Oktober 2020. Beide Klagen wurden sowohl von den Demokraten als auch von den Republikanern unterstützt. 

Presseerklärungen (FTC/DOJ):

https://www.ftc.gov/news-events/press-releases/2020/12/ftc-sues-facebook-illegal-monopolization

https://www.justice.gov/opa/pr/justice-department-sues-monopolist-google-violating-antitrust-laws 

Das Equitable Growth Center in Washington moniert allerdings in einem Bericht, dass Gerichte zu hohe Anforderungen an die Beweislast des Kartellklägers stellen würden und daher keine effektive Durchsetzung des Kartellrechts möglich sei (vgl. https://equitablegrowth.org/research-paper/restoring-competition-in-the-united-states/)

Es sei daher fraglich, ob die verstärkten Anstrengungen von FTC und DOJ vor Gericht auch Erfolg haben werden. 

Vereinzelten Initiativen von Politikern (Demokraten und Republikanern) war im Kongress während der Trump-Administration kein Erfolg beschieden. 

Ein Gesetzgebungsvorschlag der demokratischen Senatorin Amy Klobuchar sollte einige identifizierte Defizite bei der Kartellrechtsdurchsetzung beheben. Nachdem der von ihr dem Senat vorgelegte Anticompetitive Exclusionary Conduct Prevention Act nicht zur Abstimmung gekommen war, legte sie am 4. Februar 2021 mit dem Competition and Antitrust Law Enforcement Reform Act dem Senat einen neuen Gesetzgebungsvorschlag vor. Danach sollen den Kartellbehörden mehr Ressourcen zur Durchsetzung des Kartellrechts zur Verfügung gestellt werden, sowie die bereits beschriebenen Probleme in der Durchsetzung des Kartellrechts behoben werden. So sollen unter anderem marktmächtige Unternehmen die Beweislast dafür tragen, dass der ihnen vorgeworfene Behinderungsmissbrauch keine beachtliche Gefahr für den Wettbewerb darstellt. Bei Fusionsverfahren sollen dem Vorschlag nach Unternehmen die Beweislast dafür tragen, dass die Fusion den Wettbewerb nicht gefährdet. Zudem soll die FTC eine neue Abteilung für Marktuntersuchungen und Fusionsüberwachungen bekommen. Die Durchsetzung des Kartellrechts soll durch weitere Änderungen, zum Beispiel im Bereich des anonymen Hinweisgeberverfahrens, flankiert werden. (vgl. https://www.klobuchar.senate.gov/public/index.cfm/news-releases?ID=A4EF296B-9072-4244-90AF-54FE43BB0876; https://www.govtrack.us/congress/bills/117/s228) 

Gesetzesvorschläge seitens der Republikaner mit dem Ziel, FTC und DOJ besser aufeinander abzustimmen (SMARTER Act) oder beide Behörden zu vereinigen (One Agency Act) sind im letzten Kongress ebenfalls nicht zur Abstimmung gekommen (vgl. https://www.govtrack.us/congress/bills/115/s2847, https://www.govtrack.us/congress/bills/116/s4918) 

Eine grundlegende Reform des Kartellrechts ist nach jetzigem Stand eher unwahrscheinlich, weil es den Demokraten aufgrund der nur knappen Mehrheit im Senat an Möglichkeiten zum Durchregieren fehlen dürfte. Auch haben Republikaner und gemäßigte Demokraten sich bereits maßvoll zu Änderungsvorschlägen des Kartellrechts geäußert (vgl. https://www.concurrences.com/en/review/issues/no-1-2021/on-topic/the-new-us-antitrust-administration-en, S. 13, 35, 60.) 

Biden erwägt Presseaussagen zufolge jedoch ein Amt im Weißen Haus speziell für Wettbewerbspolitik und Kartellsachen zu schaffen. Mit welchen Kompetenzen dieses Amt ausgestattet werden soll, ist indes noch unklar.